172,3 (German Edition)
eigentlich Recht hatte in diesem schmutzigen Spiel. Die Welle des Hasses auf die allgemeine Ungerechtigkeit in der Welt führte er zurück zu Dennis. Sein Hass bündelte sich. Was für ein Drecksack! Es wäre nicht schade um ihn. Also, Viktor … willst du, dass Dennis stirbt? Ist das dein Wunsch? Die innere Frage blieb unangenehm. Gerne hätte er sie nicht beantwortet, aber etwas trieb ihn dazu. Der Wille, entschlossener in seinem Leben zu werden. Der Wunsch, nicht mehr fett und träge zu sein.
»Stirb!«, sagte er und unter Wasser schallte es ihm unangenehm ins Ohr. Er sah Dennis vor sich.
»Stirb«, wiederholte er nun leiser und grub nach Alexander in seinem Gedächtnis. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.
*
Er wusste nicht, ob es der Ruck oder der Schrecken war, der ihn straucheln und kopfüber ins Wasser fallen ließ. Panik überflutete Alex, wie auch das eiskalte Brackwasser, welches über ihm zusammenwogte. Intuitiv orientierte er sich nach oben und drängte an die Wasseroberfläche. Er gestattete sich nicht, dem Impuls vor Angst zu schreien, nachzugeben, sondern hielt den Mund geschlossen; selbst nach dem ersten Schock der Kälte, die ihn eisern umklammert hielt. Er presste Luft durch die Nase, verdrängte seine Überraschung ob der Tiefe des Wassers und ruderte mit kräftigen Zügen nach oben. Zwei, drei … seine Kleidung sog sich voll und hinderte seinen Auftrieb. Vier … die Luft wurde knapp, sein Widerstand gegen die anwachsende Panik schwand. Fünf, sechs … er durchstieß die Wasseroberfläche und sog gierig Luft in seine gequälten Lungen.
»Alex!«, schrie Dennis.
»Hilf mir!«
»Ja.«
Dennis versuchte noch näher am Wasser Halt zu finden und reichte ihm seine Hand. Alex griff nach ihr. Plötzlich zog ihn etwas nach unten.
»Dennis!«, schrie er, konzentrierte seine ganze Energie in eine Bewegung, streckte seinen Körper, machte sich lang, breitete die Arme aus und bekam Dennis’ Beine zu packen. Bei dem Versuch zurückzuweichen, verlor Dennis das Gleichgewicht, rutschte aus und musste sich auf dem sumpfigen Boden abstützen. In einer Hand behielt er seinen Stock, mit der anderen hielt er sich an einem größeren Grasbüschel fest, denn er drohte ins Wasser gezogen zu werden. Seine Füße und sein linkes Bein fühlten sich kalt und nass an.
»Alex, lass los! Du ziehst mich mit rein!«
»Mich zieht was nach unten! Da ist was … oh Scheiße … Scheiße … mach was!«
»Lass los, Alex!«, schrie Dennis, der immer weiter ins Wasser gezogen wurde.
Mittlerweile lag er in der Waagerechten, seine Beine waren im Brackwasser verschwunden. Er begann, sich loszutreten.
»Alex!«, zischte er.
»Hilf mir!«, schrie sein Kumpel überrascht und panisch. Dennis befreite sein rechtes Bein aus der Umklammerung und trat zu. Widerstand.
»Dennis, bitte … hilf mir!«
Noch einmal. Die Umklammerung löste sich. Dennis versuchte sich an Land zu ziehen. Es war keine gute Idee gewesen, Alex die Hand zu reichen. Er brachte sich dadurch selbst in Gefahr. Er musste ihm beim nächsten Mal den Stock reichen, den konnte er zur Not immer noch loslassen.
Er drehte sich um, aber von Alex war nichts mehr zu sehen.
*
Zwei Tritte trafen ihn im Gesicht. Etwas zog erst leicht an seinem Bein, dann ruckartig mit enormer Kraft. Sein Griff löste sich von Dennis Beinen und er glitt in die schwarze Tiefe des Gewässers hinab. Sofort strampelte er mit den Beinen und ruderte mit den Armen; kräftige Züge, impulsive Tritte, keinesfalls panisch, denn Alex wusste, er konnte jetzt nur überleben, wenn er besonnen handelte. Egal, was da an ihm zerrte, er musste es los werden, musste schnell wieder auftauchen, denn die Kälte zerfraß ihn innerlich.
Er verharrte, was ihn große Überwindung kostete. Wo wurde an ihm gezogen? Linkes Bein, an seinem Oberschenkel. Es fühlte sich an, als hätte ihn ein kleines Kind umklammert, obgleich die Kraft, die er in dem Griff spürte, eine viel größere, als die eines Kindes war. Er sammelte sich und wagte eine Aktion. Mit seiner linken Hand schlug er nach seinem Widersacher, versuchte sich aus dessen Griff zu lösen. Mit seinem rechten Bein trat er und mit seinem rechten Arm ruderte er, verdrängte Wasser, um nach oben zu gelangen. Nach oben, wo ihn frische, kalte Luft erwartete. Sein Schlag traf etwas und sofort öffnete er seine Faust und ergriff etwas Kaltes – Fleisch, Muskeln, darunter Knochen. Er hatte seinen Widersacher gepackt, sich aber nicht von ihm gelöst. Alex wusste nicht, ob er seinem Ziel
Weitere Kostenlose Bücher