1735 - Haus der Verfluchten
Messer?«, sprach ich ihn an. »Sie haben doch Ihre Frau mit dem Messer getötet?«
»Ich habe keine andere Waffe besessen.«
»Wollen Sie es uns nicht zeigen?«
Er überlegte, schaute sich dabei um und richtete den Blick schließlich zu Boden.
»Da liegt es.« Es war ein Punkt vor der Couch. Auch in seiner Nähe. Ich befahl ihm, zurückzutreten, damit ich etwas freiere Bahn hatte. Dann wollte ich das Messer holen, wobei Bill Conolly mir Rückendeckung gab.
Das Messer fand ich tatsächlich an dem gezeigten Ort. Die Klinge war nicht ganz blank. Es klebten noch Blutreste daran. Ich nahm ein Taschentuch, wickelte es um die Stichwaffe und hob sie dann auf. Es war schon eine seltsame Szene. Dicht neben mir stand der Mörder, ohne etwas zu tun.
Ich kam wieder hoch und übergab Bill das Messer samt Tuch. Erst dann schaute ich mir die Tote aus der Nähe an und musste erkennen, dass Benny sich nicht geirrt hatte. Die Kehle der Leiche war tatsächlich von Stichen zerfetzt worden.
Schlimm...
In den glasigen Augen glaubte ich noch, einen Rest von Entsetzen zu erkennen, und zum wiederholten Mal stellte ich mir die Frage, was diesen Mann zu einer derartigen Tat veranlasst haben könnte. Eine Antwort wusste ich nicht, doch ich hatte etwas gehört, das sich bei mir im Kopf eingebrannt hatte.
Gary Ross hatte davon gesprochen, dass er verflucht war. Handelte es sich um eine Ausrede oder kam es der Wahrheit nahe? Er reagierte nicht normal. Ein anderer Killer hätte den Tatort so schnell wie möglich verlassen. Gary Ross war geblieben und er hatte auf mich den Eindruck gemacht wie jemand, der auf etwas wartete, das irgendwann auf ihn zukommen würde.
Aber es war nicht gekommen. Zumindest bisher nicht, und so musste er weiterhin warten, und ich hoffte stark, dass er sich näher darüber äußern würde.
Wir standen nicht weit voneinander entfernt, aber er sagte nichts. Es sah so aus, als wäre ich für ihn gar nicht vorhanden. Er schaute praktisch durch mich hindurch.
Das war schon alles recht ungewöhnlich. Überhaupt bereitete mir der Fall Magenschmerzen.
»Sollten wir nicht deinen Kollegen Bescheid sagen, John?«
»Ja, aber etwas später, ich möchte ihn gern hier raus haben und in den Wagen setzen.«
»Okay, lass es uns versuchen.«
In dieser Antwort hatte Zweifel gelegen, und auch ich fragte mich, ob es einfach sein würde, Ross dazu zu überreden, das Haus zu verlassen. Ich wollte ihn in Sicherheit wiegen, und gefesselt im Rover war er sicher.
»Sie werden uns jetzt begleiten, Mister Ross. In meinem Wagen...«
»Nein!«
Sehr schroff hatte er mich unterbrochen, sodass ich schlucken musste. »Aber ich habe es mir vorgenommen, und so sehen die Regeln aus. Sie kommen mit.«
»Ich gehe nicht mit.«
Ich wollte es nicht auf die Spitze treiben und fragte deshalb: »Und warum nicht?«
»Weil ich warte.«
»Aha. Auf wen?«
»Auf sie!«, flüsterte er und war plötzlich erregt. Die Starre fiel von ihm ab. Er bewegte den Kopf von einer Seite zur anderen, auf seinen Lippen zeigten sich kleine Speichelbläschen.
Ich trat einen Schritt zurück. Die Beretta hatte ich gesenkt, ich wollte Ross nicht provozieren, und er hörte meine weitere Frage.
»Auf wen warten Sie?«
»Es sind meine Freunde. Sie kommen. Sie sind bald hier. Meine Freunde, die Verfluchten.«
Da war der Begriff schon wieder. Ich hakte sofort ein. »Und Sie sind auch verflucht worden?«
»So ist es. Endlich. Jetzt gehöre ich wirklich zu ihnen, ich habe meine Prüfung bestanden.«
Wie diese Prüfung aussah, konnte ich mir vorstellen. Trotzdem fragte ich nach.
»Ist es Ihre tote Frau?«
»Ja.«
»Und warum genau haben Sie es getan?«
»Ich habe die Prüfung bestanden.« Mehr sagte er nicht. Er ließ mich einfach stehen und ging zum Fenster, wo er hinaus in die Dunkelheit schaute.
Was war das für ein Mensch?
Ich wusste es nicht. Normal war er nicht. Ein Mörder ist nicht normal, aber das war nicht sein Geheimnis, er musste sich auf etwas stützen, was ihm Kraft gab.
Er hatte davon gesprochen, verflucht zu sein. Und als Verfluchter hatte er die Tat begangen.
Bill schob sich an mich heran. Mit leiser Stimme fragte er: »Verstehst du das?«
»Nein, nicht wirklich.«
Beide blickten wir auf seinen Rücken, und Bill sprach davon, dass irgendetwas mit ihm war. Dass er ein Geheimnis in sich trug, das nicht normal war.
»Ja, Bill, er ist verflucht, und er wartet auf etwas Bestimmtes.«
»Worauf?«
»Keine Ahnung, aber ich habe meine Pläne geändert.
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