1735 - Haus der Verfluchten
nicht zutraf, denn als sich unsere Ohren an die Umgebung gewöhnt hatten, da hörten wir eine Männerstimme, und der Sprecher konnte nur Gary Ross sein. Er hielt sich noch immer im Wohnzimmer auf. Dort würde er auf- und abgehen, mit sich selbst sprechen und hin und wieder auf die Tote schauen.
Wir standen in einem kurzen Flur, und ein weiterer, der allerdings schmaler war, würde uns zum Ziel bringen. Diesmal übernahm ich die Führung. Beide hatten wir die Pistolen gezogen. Nicht wir sollten überrascht werden, sondern wir wollten Ross überraschen.
Ab jetzt war es wichtig, kein verräterisches Geräusch zu verursachen. Wir gingen so leise wie möglich. Manchmal hatte ich das Gefühl, den Boden gar nicht zu berühren. Wir hörten Gary Ross sprechen, aber wir verstanden nicht, was er sagte. Es war mehr ein Gemurmel in unterschiedlicher Lautstärke.
Er lachte sogar, wobei sich das Lachen schon bitter anhörte. Als wir die Wohnzimmertür erreichten, die halb offen stand, blieben wir stehen.
Der erste Blick zeigte uns genau das, was wir schon von außen gesehen hatten. Da war der Mann, der das Zimmer ständig durchwanderte. Ich sah ihn zum ersten Mal. Gary Ross war ziemlich kräftig. Seine Haare hatte er zum Teil verloren. Sie bedeckten nur die hintere Seite seines Kopfes.
Bill schaute mich an. In seinem Blick stand eine Frage, aber ich winkte zunächst ab. Nur nichts überstürzen.
Der wandernde Mann hatte uns nicht bemerkt. Er ließ auch von seiner Aktion nicht ab, und als ich die Tür etwas weiter aufzog, gelang uns ein Blick auf die Couch.
Dort lag die Tote!
Die Hände lagen auf ihrer Brust und waren gefaltet. Selbst bei diesem Licht war zu erkennen, wie wächsern die Haut aussah.
Gary Ross blickte beim Gehen nach vorn und dachte nicht daran, den Kopf zu drehen und zur Tür zu schauen. Das war für uns natürlich ideal. So konnten wir ihn überraschen.
»Und?«
Ich nickte Bill zu. »Jetzt!«
Meinen Plan hatte ich mir bereits zurechtgelegt. Auf keinen Fall wollten wir wie die Männer eines Sondereinsatzkommandos in den Raum stürmen. Wir schlichen hinein.
Ich glitt zur linken und Bill zur rechten Seite. So hatten wir eine Zange gebildet.
Wir waren jetzt im Zimmer, aber Gary Ross sah uns immer noch nicht. Er war zu sehr mit seiner Wanderung und seinen Gedanken beschäftigt, und erst als er meine Stimme hörte, stand er still.
»Guten Abend, Mister Ross!«
Nicht ein Atemstoß glitt mehr aus seinem Mund. Er sagte nichts, er tat auch nichts, er war einfach nur starr geworden.
Wir ließen ihm Zeit, sich wieder zu fangen, was auch geschah, denn er drehte sich langsam um. Jetzt war er in der Lage, uns anzuschauen. Wir standen zwar etwas im Schatten, aber er sah uns schon und erkannte auch, dass wir Fremde waren.
»Wer sind Sie? Was wollen Sie?«
Ich stellte mich namentlich und auch beruflich vor, was ihn nicht beeindruckte, denn er zuckte nur mit den Schultern. Auch mit dem Namen Conolly konnte er nichts anfangen und wollte erneut wissen, weshalb wir bei ihm im Haus waren.
Ich gab ihm eine wahrheitsgemäße Antwort. »Um Sie zu verhaften, Mister Ross.«
»Mich?«
»Ja.«
»Und warum?«
»Der Grund liegt auf der Couch. Sie haben Ihre Frau getötet! Sie sind ein Mörder, und Menschen wie Sie gehören vor Gericht, so sieht es das Gesetz vor.« Ich musste ehrlich zugeben, dass es eine der ungewöhnlichsten Verhaftungen war, die ich je erlebte.
Er drehte sich um und schaute dorthin, wo seine Frau lag. Von Benny wussten wir, dass er sie mit einem Messer getötet hatte, diese Waffe jedoch suchten wir vergeblich.
»Ist es Ihnen klar geworden?«
Nach meiner Frage drehte er sich wieder um, weil er eine Frage stellen wollte. Dabei verzog er seine Lippen. »Sie – Sie wollen mich tatsächlich verhaften? Mich?«
»Das hatten wir vor.«
»Unmöglich!«
Er hatte die Antwort mit einer überzogenen Sicherheit gegeben, die mich verwunderte und mich zu der nächsten Frage veranlasste.
»Warum ist das unmöglich?«
»Weil man einen Verfluchten nicht verhaften kann. Verstehen Sie das?«
»Aha. Dann sind Sie verflucht.«
»Ja, das bin ich.«
»Und weiter?«
»Ich habe nur getan, was ich tun musste. Verfluchte reagieren eben so.«
Mit den Antworten wussten weder Bill noch ich etwas anzufangen.
Jetzt stellte auch Bill eine Frage. »Wieso sind Sie verflucht? Können Sie das erklären?«
»Ich habe nur meine Pflicht getan.«
»Sie meinen damit den Mord?«
»Ja. So ist es.«
»Und wo haben Sie das
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