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1735 - Haus der Verfluchten

1735 - Haus der Verfluchten

Titel: 1735 - Haus der Verfluchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Vater zurück?
    Diese Überlegung sorgte dafür, dass er erst mal stoppte und keinen Schritt weiter ging. Eine heiße Welle durchschoss ihn, aber komischerweise konnte er sich nicht so recht freuen, und er tat etwas, was er sonst nie tat.
    Er ging nicht mehr offen auf das Haus zu, sondern geduckt, um nicht gesehen zu werden. Sein Verhalten glich beinahe dem eines Diebes. Er kam sich dabei selbst albern vor, aber es musste einfach sein.
    Benny näherte sich dem Fenster. Es war breit und recht weit nach unten gezogen, sodass er einen guten Durchblick hatte. Er sah nichts Ungewöhnliches. Der Mann war verschwunden und in einem dunkleren Teil des Zimmers eingetaucht.
    Aus ihm löste er sich. Er geriet in den Schein der Stehlampe, und jetzt sah Benny sein Gesicht.
    Es war sein Vater!
    In diesen Sekunden erstarrte Benny zu Eis. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Die Überraschung hatte ihn wie ein Schlag getroffen. Endlich war die Wartezeit vorbei, und – was einfach wunderbar war – sein Vater lebte. Aber er würde eine verdammt gute Erklärung für sein Verschwinden haben müssen.
    Er ging auf eine bestimmte Stelle des Zimmers zu. Benny schlich noch weiter vor, um ihn besser sehen zu können. Er wollte sich bemerkbar machen und gegen die Scheibe klopfen, als er erneut erstarrte.
    Etwas stimmte da nicht!
    Er wusste nicht, was es war, aber ihm fielen die Bewegungen seines Vaters auf, die so abgehackt waren und längst nicht so geschmeidig, wie er sie kannte.
    Okay, sein alter Herr war lange verschwunden. Da hatte schon etwas passieren können. Möglicherweise stand er sogar unter Drogen, obwohl er sie zuvor nie genommen hatte.
    Gary Ross blieb stehen. Er schaute nicht zum Fenster. Benny sah nur sein Profil, aber er sah auch, dass sein Vater etwas in der rechten Hand hielt. Im ersten Moment erkannte Benny den Gegenstand nicht, bis er das Blinken sah, weil er in den Schein der Lampe geraten war.
    Es war ein Messer!
    Benny sah es, riss den Mund auf, schaffte aber keinen Schrei. So etwas hatte er in der Hand seines Vaters noch nie gesehen. Was wollte er mit dem Messer?
    Jetzt dachte Benny an seine Mutter. Sie war nicht im Zimmer. Möglicherweise befand sie sich in einem der anderen Räume, doch das zu glauben fiel ihm nicht leicht. In seinem Innern veränderte sich etwas. Er konnte nicht genau sagen, was es war, aber es hinterließ bei ihm ein Angstgefühl. Es war nicht die Angst um sich, sondern eine andere, die...
    Sein Vater bückte sich.
    Benny dachte nicht mehr weiter. Seine Angst war plötzlich unwichtig geworden. Er wusste, dass in diesem Zimmer nicht mehr alles normal war, und jetzt sah er, wie sein Vater nach etwas griff, das er noch nicht sah.
    Wenig später schon.
    Mit einer Hand zog Gary Ross etwas vom Boden hoch. Es war ein Mensch, seine Frau – es war seine Mutter.
    Plötzlich saß ein Kloß in Bennys Kehle. Er kam nicht mehr dazu, Luft zu holen, denn er hatte nur Augen für seine Mutter. Und für eine Gestalt, die völlig leblos war und sich von selbst aus nicht mehr bewegen konnte.
    Er führte den Gedanken nicht zu Ende. Er schaute nur und sah dann, wie sich sein Vater umdrehte. Dabei gerieten beide in den Schein der Stehlampe, aber Benny hatte nur Augen für seine Mutter, die schlimm aussah.
    Um ihren Hals herum schien sich ein rotes Tuch geschlungen zu haben. Doch Benny wusste sofort, dass es kein Tuch war, sondern einfach nur Blut.
    Blut, das aus der Wunde gelaufen war, als seine Mutter durch einen Messerstich getötet wurde.
    Er konnte nicht mehr denken. Er war völlig fertig. Er stand neben sich. Er hatte eigentlich schreien wollen, das tat er nicht. Er nahm auch keinen Stein auf, um ihn in die Scheibe zu werfen. Er tat überhaupt nichts. Er war der stumme Zeuge einer Grausamkeit, die einfach ungeheuerlich war. Seine Mutter war tot. Sie war umgebracht worden, und das von ihrem eigenen Mann.
    Das begriff Benny, obwohl er es nicht wahrhaben wollte. Das Grauen hatte ihn verändert, und er wurde erst wieder aus seiner Lethargie gerissen, als er sah, wie sich sein Vater bewegte. Er hielt die Tote noch immer auf den Armen und ging jetzt damit zur Couch, auf die er den Leichnam legte.
    Damit war er zufrieden.
    Benny zog sich zurück. Er tat es nicht bewusst. Es war mehr eine vom Instinkt geleitete Reaktion, die einen Überlebenswillen signalisierte. Wann er wieder klar denken konnte und sein Bewusstsein ernst nahm, war ihm nicht klar. Er stellte nur fest, dass sich die Umgebung verändert hatte. Er sah

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