1741 - Die Shanghai-Falle
lachte, erst leise, dann immer lauter. Dabei verzog sich sein Gesicht, und in seine Augen trat ein böses Funkeln. Aber das war nicht alles, denn als Samantha in sein Gesicht sah, da konnte sie die Veränderung nicht übersehen.
Die Haut war nicht mehr normal. Denn sie war dabei, ihre Farbe zu verändern. Das bekam Samantha trotz des schlechten Lichts mit. Das Helle der Haut zog sich zurück, dafür machte es einer anderen Farbe Platz. Sie war dunkler aber nicht zu dunkel. Sie zeigte kein Schwarz oder Grau. Im Restlich war die neue Gesichtsfarbe schließlich zu erkennen. Sie sah grün aus. Aber ein normales Grün war es auch nicht, sondern ein giftiges. Eine Farbe, die niemand mochte, die keine Hoffnung ausstrahlte, die nur das Böse oder das andere transportierte.
Samantha saß auf dem Boden, ohne etwas sagen zu können. Was sie da gesehen hatte, das überstieg ihr Fassungsvermögen. Sie glaubte nicht daran, dass es eine Täuschung gewesen war. Ein Scherz, denn hier war etwas in Bewegung geraten, das die Grenzen der Normalität sprengte.
Die Journalistin lebte lange genug in China, um zu wissen, dass die fremde Kultur noch eine geheime Subkultur verbarg. Basierend auf Erfahrungen, die Jahrtausende alt waren, hatte sich etwas entwickeln können, das auch noch in der Gegenwart vorhanden war.
Magie? Eine unheimliche Botschaft? Stand dieser Mann mit schrecklichen Mächten in Verbindung?
So recht daran geglaubt hatte sie als Europäerin nie. Jetzt aber begann sie zu zweifeln. Es konnte auch sein, dass es an der Umgebung lag, in der sie sich befand. Da wurden verschiedene Vorgänge eben relativiert.
Der Mann sprach, seine Stimme hatte sich verändert. Aus seiner Kehle drangen die Worte wie ein böses Zischen, und Samantha glaubte, sich verhört zu haben.
»Die Hölle hat ein Tor geöffnet, und wir sind da...«
Die Gefangene zuckte zurück. Sie hatte den Eindruck gehabt, dass mit den Worten noch warmer Brodem aus dem Mund geströmt war. Ein unsichtbares Gas, das stank.
»Dein Leben hängt an einem seidenen Faden!«, flüsterte die Stimme. »Du wirst hier unten bleiben, und du musst dir selbst die Daumen drücken, dass alles so geschieht, wie wir es haben wollen. Erst dann kommst du frei.«
Das grüne Gesicht befand sich dicht vor ihr. Sie konnte ihm nicht ausweichen, und jetzt breitete sich das starke Gefühl der Angst in ihrem Innern aus. Was sie hier erlebte, das war kein Scherz mehr. Nie war der Ernst für sie bitterer gewesen als in diesen Augenblicken. Die grüne Farbe der Haut verschwand nicht, und als sie auf die Hände des Fremden blickte, da sah sie die Farbe ebenfalls. Sie ging davon aus, dass sich sein gesamter Körper so verändert hatte.
An Flucht war nicht zu denken. Zudem hob der Fremde seine rechte Hand an. Er spreizte die Finger, und einen Moment später wurde Samanthas Kehle umklammert.
Drückte er zu?
Im ersten Moment wies der schwache Druck darauf hin. Dann aber löste er die Hand von ihrer Kehle und lachte hässlich. Es war nur eine Drohgebärde gewesen, denn einen Moment später drehte er sich zur Seite und stand auf.
»Ich komme wieder«, versprach er, »und dann kann es sein, dass ich dich töten werde.«
Samantha Peck verschluckte die Frage, die ihr auf der Zunge lag. Es hatte keinen Sinn, sie zu stellen, denn sie hätte sowieso keine Antwort erhalten, die sie zufriedenstellte.
Der Mann drehte sich um. Er lachte erneut, und er lachte auch dann noch, als er die Tür hinter sich schloss und die Frau wieder allein ließ. Ohne eine Chance, sich befreien zu können...
***
Zwei Tote hatte es gegeben. Zwei Menschen, die einen so normalen Eindruck gemacht hatten und dann doch zu Staub zerfallen waren. Das Menschsein war für sie nur Tarnung gewesen. Tatsächlich steckte mehr in ihnen, und das konnte nicht eben als positiv angesehen werden.
In ihrem Zimmer waren sie nicht mehr geblieben. Suko hatte mit Dau Xing telefoniert, ihm berichtet, was geschehen war, und hatte sich mit ihm in der Hotelhalle verabredet.
Dort saßen Shao und Suko in recht bequemen braunen Sesseln, ohne selbst entspannen zu können. Dass sie hier nicht fehl am Platze waren, stand fest, aber den genauen Grund ihrer Reise kannten sie nicht. Jetzt hofften sie, dass Dau Xing ihn nennen würde, wenn er endlich eingetroffen war.
Beide hatten sich Tee bringen lassen. Sie saßen so, dass sie die Halle unter Kontrolle hielten, denn böse Überraschungen wollten sie nicht noch mal erleben.
»Dein Freund lässt sich Zeit«,
Weitere Kostenlose Bücher