18 Gänsehaut Stories
Interesse für das wirkliche Alter seines Patienten erloschen zu sein.
»Wie Sie wollen, Mr. Terrill. Die Hauptsache ist, wir ziehen den Zahn.
Später allerdings wäre ich Ihnen schon dankbar, wenn Sie mich darüber aufklären, wie Sie es schaffen, so jung auszusehen. Auch Ihre Stimme ist …«
Er hatte sich inzwischen wieder umgedreht und verstummte. Der Stuhl, in dem Mr. Terrill gesessen hatte, war leer. Der Patient hatte unbemerkt das Weite gesucht.
Dr. Haufen ließ den Wattebausch in den Abfalleimer fallen und zuckte die Achseln. Diesem Terrill würde er schon eine gepfefferte Rechnung schicken, auch ohne gezogenen Zahn .
Schon von der Terrasse aus konnte er das flackernde Kerzenlicht bemerken. Er steckte den Hausschlüssel in die Hosentasche zurück, durchquerte das Wohnzimmer und ging aufs Schlafzimmer zu. Die Kerzen auf dem Tisch waren halb niedergebrannt. Das Silberbesteck reflektierte das Licht. Er sah auf die Uhr und stellte fest, daß es bereits halb acht war. Von der Küche her kam der Geruch kaltgewordenen Essens.
Er hatte kein reines Gewissen, als er die Tür zum Schlafzimmer öffnete. Valerie saß aufrecht im Bett, bleich und abgehärmt. Die rechte Hand lag in der Nähe des Telefons. Als sie ihn sah, sprang sie auf, und die Farbe kehrte in ihr Gesicht zurück.
»Vom Büro aus haben sie angerufen.« Ihre sonst so ausgewogene Stimme klang schrill und nervös. »Sie fragten, ob dir was passiert sei.« Sie drängte sich an ihn. »Ich wollte gerade die Polizei anrufen.«
»Es tut mir leid«, sagte er ernst.
»War es schlimm?« Valerie lehnte sich zurück, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Beim Zahnarzt, meine ich.«
Bob legte den Arm um sie, damit sie sich nicht noch weiter zurücklehnen konnte.
»Ziemlich schlimm«, betonte er, ohne lügen zu müssen. »Es war so ziemlich das Schlimmste, was ich bisher überhaupt erlebt habe.«
»Laß mich den Zahn mal sehen«, bat sie und sah auf seinen Mund. »Tut er sehr weh? Hat der Arzt eine Füllung gemacht?«
»Nicht direkt«, murmelte Bob. Sanft drückte er ihren Kopf gegen seine Brust, damit sie sein Gesicht nicht sehen konnte. »Er hat gesagt, der Zahn müsse gezogen werden.«
»Oh Bob!«
Das warme Mitgefühl in ihrer Stimme berührte ihn, gab ihm Vertrauen in ihre Liebe. Zögernd zuerst, dann fast hastig, berichtete er von dem, was er beim Zahnarzt erlebt hatte. Er schloß:
»Erhat sich geirrt! Er muß sich einfach geirrt haben!«
»Aber natürlich hat er sich geirrt«, sagte Valerie. »Du großer Dummkopf, warum bist du nicht sofort nach Hause gekommen, statt den ganzen Nachmittag ziellos in der Stadt herumzulaufen?«
»Ich hatte Angst, es dir zu sagen.«
»Angst? Vor mir?« Sie sah ihn mit großen Augen an. »Warum solltest du Angst haben, es mir zu erzählen?«
Er zuckte die Schultern und fühlte sich in die Enge getrieben. Wie dumm hatte er sich angestellt! Schließlich murmelte er:
»Ich weiß es nicht. Ich wußte auch nicht, wie du es aufnehmen würdest. Sicher, du hättest mir den Kopf schon nicht abgebissen – ich weiß eben nicht, warum ich nicht gleich hierhergekommen bin.«
Valerie nahm seinen Arm. Sie schien die verrückte Geschichte schon wieder vergessen zu haben.
»Komm in die Küche, da habe ich noch was zum Essen für dich.«
Er folgte ihr durch das Wohnzimmer in die Küche. Erneut überkam ihn das Schuldgefühl, als er den verwelkten Salat und den verbrutzelten Braten sah. Alles war für sechs Uhr vorbereitet gewesen, und er war nicht gekommen.
»Tut mir leid, Kleines. Du hast es so gut gemeint, und ich …«
»Ach, Unsinn«, sagte sie lachend. »Ich mache schnell ein paar Frikadellen. Öffne du inzwischen eine Dose Bier, und du sollst sehen, wie gut es dann schmeckt.« Ihre Hand lag schon auf dem Griff zum Eisschrank, als sie sich noch einmal
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