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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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sym­bo­li­sche Wei­se den gan­zen Ge­ni­us sei­nes Vol­kes dar­zu­stel­len. In Schott­land glaubt man an al­le Ar­ten von Geis­tern und un­ter­hält sich in den dürf­tigs­ten Hüt­ten über Ge­gen­stän­de der ab­strak­ten Phi­lo­so­phie.
    Die Nacht der Hal­lo­we’en ist vor­zugs­wei­se dem Aber­glau­ben ge­wid­met. Man glaubt, in die­ser Nacht einen Blick in die Zu­kunft tun zu kön­nen. Die For­meln und Zau­ber­sprü­che sind be­kannt und un­ver­letz­lich. Kei­ne Re­li­gi­on kann es ge­nau­er mit ih­ren Ze­re­mo­ni­en neh­men. Der Zweck des nächt­li­chen Aus­flugs der Be­woh­ner von Cas­si­lis war die Fei­er die­ser Zau­ber­nacht, bei wel­cher je­der Pries­ter und He­xen­meis­ter zu glei­cher Zeit ist.
    Die­se länd­li­che Zau­be­rei hat einen un­aus­sprech­li­chen Reiz. Man bleibt ge­wis­ser­ma­ßen auf der Gren­ze ste­hen, wel­che Dich­tung und Wirk­lich­keit schei­det; man steht mit den höl­li­schen Mäch­ten in Ver­bin­dung, oh­ne da­bei aber Gott zu ver­leug­nen; man wan­delt die ge­wöhn­lichs­ten Din­ge in ma­gi­sche um; man schafft sich mit ei­ner Ge­trei­de­äh­re und ei­nem Wei­den­blatt Hoff­nun­gen und Be­fürch­tun­gen. Mit­ter­nacht ist die Stun­de der Hal­lo­we’en, denn dann ist die gan­ze Luft von über­ir­di­schen We­sen be­völ­kert.
    Um neun Uhr wa­ren die Bau­ern zu­sam­men­ge­kom­men; sie ver­brach­ten die Zeit bis Mit­ter­nacht mit Ze­chen; auch san­gen sie je­ne al­ten, köst­li­chen Bal­la­den, de­ren schwer­mü­ti­ge, kind­li­che Me­lo­di­en so un­end­lich er­grei­fen.
    Die jun­gen Mäd­chen mit ih­ren ge­wür­fel­ten Tü­chern und ih­ren sau­be­ren Ge­wän­dern, die Frau­en, auf de­ren Lip­pen ein Lä­cheln schweb­te, die Kin­der, ge­schmückt mit je­nen ro­ten Bän­dern, wel­che über den Kni­en zu­sam­men­ge­bun­den wer­den und als Strumpf­bän­der und Schmuck zu­gleich die­nen, die jun­gen Leu­te, de­ren Herz schnel­ler schlug, je nä­her die ge­heim­nis­vol­le Stun­de kam, in wel­cher das Schick­sal be­fragt wer­den soll­te, ei­ner oder zwei Grei­se, die durch das schmack­haf­te Ale zu Jüng­lin­gen wur­den, sie al­le bil­de­ten ei­ne an­zie­hen­de Grup­pe, die, von Wil­kie ge­malt, al­le emp­fäng­li­chen See­len Eu­ro­pas ent­zückt und al­le die er­freut hät­te, wel­che un­ter so vie­len fie­ber­haf­ten An­stren­gun­gen noch der Won­ne ei­nes wah­ren und tie­fen Ge­fühls zu­gäng­lich ge­blie­ben sind.
    Be­son­ders Muir­land über­ließ sich ganz und gar der lau­ten Hei­ter­keit, wel­che aus dem Bier auf­stieg und sich der gan­zen Ver­samm­lung be­mäch­tig­te.
    Er war ei­ner von de­nen, die das Le­ben nicht klein­kriegt, die sich im Be­wußt­sein ih­rer Kraft vor nichts fürch­ten. Sei­ne jun­ge Frau war nach zwei­jäh­ri­ger Ehe ge­stor­ben, und Muir­land hat­te ge­schwo­ren, nie wie­der zu hei­ra­ten.
    Je­der­mann im Dorf kann­te die Ur­sa­che von Tuil­zi­es Tod: Muir­lands Ei­fer­sucht hat­te ihn her­bei­ge­führt. Kaum sech­zehn Som­mer zähl­te Tuil­zie, als der Päch­ter sie frei­te. Sie lieb­te ihn und kann­te nicht sei­ne Hef­tig­keit, nicht die Wut, die ihn er­grei­fen konn­te, die täg­li­chen Qua­len, die er sich selbst und an­de­ren be­rei­te­te. Jock Muir­land war ei­fer­süch­tig; die kind­li­che Zärt­lich­keit sei­ner jun­gen Gat­tin be­ru­hig­te ihn nicht. Ei­nes Ta­ges, es war mit­ten im Win­ter, ließ er sie ei­ne Rei­se nach Edin­bur­gh ma­chen, um sie den vor­geb­li­chen Nach­stel­lun­gen ei­nes jun­gen Lords zu ent­zie­hen, der die schlech­te Jah­res­zeit auf sei­nem Land­sitz zu­brin­gen woll­te.
    Von den Be­kann­ten des Päch­ters ließ es kei­ner an Vor­wür­fen feh­len; er ant­wor­te­te nichts wei­ter, als daß er Tuil­zie sehr lie­be und am bes­ten be­ur­tei­len kön­ne, was zu dem Glück sei­ner Ehe bei­trü­ge. Un­ter dem Dach Jocks hör­te man oft Kla­gen, Ge­schrei und Seuf­zer. Tuil­zi­es Bru­der hat­te sei­nem Schwa­ger vor­ge­stellt, daß sein Be­neh­men un­ver­zeih­lich wä­re, und hef­ti­ger Streit zwi­schen den Gat­ten war die Fol­ge die­ses Schrit­tes ge­we­sen; das jun­ge Weib wur­de krän­ker von Tag zu Tag.

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