18 Gänsehaut Stories
gleichsam größer und immer größer, und schließlich fuhr ein großer Mann zur Tür hinaus, jedoch nicht so schnell, daß Elias bei dem Schein der Laterne nicht deutlich gesehen, wie eine lange Eisenspitze ihm aus dem Rücken hervorstand. Nun begann er doch das eine und das andere zu begreifen. Aber selbst jetzt war er mehr um das Boot als um sein Leben besorgt, und er setzte sich mit der Laterne in der Hand in das Boot und hielt Wache. Als seine Frau am folgenden Morgen hereinkam, fand sie ihn im Boote schlafend, mit der ausgebrannten Laterne neben sich.
Als er eines Morgens im Januar mit zwei Männern im Boot auf den Fischfang auszog, hörte er in der Dunkelheit eine Stimme, die von einer Schare, gerade an der Ausfahrt der Bucht, höhnisch lachend sagte: »Wenn du ein großes Boot bekommst, so nimm dich in acht, Elias!«
Es dauerte jedoch viele Jahre, bevor Elias es zu einem großen Boote brachte, und sein ältester Sohn Bernt war da bereits siebzehn Jahre alt. In demselben Herbst reiste Elias mit seiner ganzen Familie im Boot nach Ranen, um den Sechsruderer zugleich mit dem Aufgeld gegen ein großes Boot zu vertauschen. Zu Hause blieb nur ein soeben konfirmiertes Lappenmädchen zurück, das Elias vor einigen Jahren zu sich genommen hatte.
In Ranen war nun wirklich ein Boot zu haben, ein kleineres Großboot, um das es ihm gerade zu tun war und welches der beste Bootsbauer just in diesem Herbst fertigbekommen und geteert hatte. Elias wußte sehr wohl, wie ein Boot beschaffen sein mußte, und er glaubte, niemals eines gesehen zu haben, das so vorzüglich unter der Wasserlinie gebaut war wie dieses. Über dem Wasser dagegen sah es wenigstens für einen weniger Erfahrenen etwas grob und gar nicht besonders schön aus.
Der Baumeister sah dies alles ebensogut wie Elias. Er sagte, nach seiner Ansicht würde er der schnellste Segler werden, der je in Ranen gebaut worden sei; aber Elias sollte es trotzdem für billiges Geld haben, wenn er nur eines versprechen wollte, nämlich keine Änderung am Boote vorzunehmen, nicht einmal einen Nagel in die geteerten Steven zu schlagen. Erst als Elias ausdrücklich dieses Versprechen gegeben, bekam er das Boot.
Aber der Mann, der den Baumeister diese Form unter der Wasserlinie gelehrt hatte – über dem Wasser mußte er arbeiten, wie er es selbst konnte, und das wurde oft schlecht genug –, war wahrscheinlich dort gewesen und hatte ihm befohlen, das Boot so billig zu verkaufen, daß Elias es erwerben könnte, und ihm zugleich eingeschärft, im voraus die Bedingung zu machen, daß es nicht gezeichnet werden dürfe. Auf diese Weise konnten nicht, wie es gebräuchlich war, am Vorder- und Hintersteven Kreuze angebracht werden.
Elias gedachte nun wieder nach Hause zu segeln, aber erst ging er nach dem Handelsplatz und versorgte sich und die Seinen mit Weihnachtsvorrat, darunter auch eine Branntweinkruke. Sehr froh und zufrieden über den Handel, nahmen er sowohl wie seine Frau an diesem Tage vielleicht einen Schluck über den Durst, und auch Bernt, der Sohn, durfte ein wenig davon kosten.
Dann segelten sie in dem neuen Boote nach Hause. Anderer Ballast als Elias selbst nebst Frau und Kindern und dem Weihnachtsvorrat befand sich nicht im Boote. Der Sohn Bernt saß vorn, die Frau, unterstützt von dem Zweitältesten Sohn, hielt die Segel, und Elias selbst saß am Ruder, während die beiden jüngeren zwölf und vierzehn Jahre alten Brüder sich beim Wasserschöpfen ablösen sollten.
Sie hatten acht Seemeilen zu segeln, und als sie auf die See hinauskamen, zeigte es sich, daß sie das Boot gleich dies erstemal würden auf die Probe stellen müssen. Nach und nach steigerte sich der Wind zu einem Sturm, und die Schaumkämme der schweren Wogen begannen sich
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