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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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nicht wie­der zum Vor­schein, und so ver­brach­te ich die ers­te Nacht, seit es ins Haus ge­kom­men war, in ge­sun­dem, tie­fem Schlaf, ob­wohl ein Mord mei­ne See­le be­las­te­te!
    Der zwei­te und drit­te Tag ver­ging – mein Pei­ni­ger kam nicht wie­der. Noch ein­mal at­me­te ich in Frei­heit auf. Das Un­tier war vor Schre­cken aus mei­nem Hau­se ent­flo­hen! Ich wür­de es nicht mehr se­hen! Mein Glück war un­be­schreib­lich. Das An­den­ken an mei­ne schwar­ze Tat be­un­ru­hig­te mich so gut wie gar nicht. Man hat­te ei­ni­ge Nach­for­schun­gen an­ge­stellt, doch hat­te ich sie bald zu er­le­di­gen ge­wußt. So­gar ei­ne Haus­su­chung hat­te statt­ge­fun­den, die na­tür­lich er­geb­nis­los ver­lau­fen war. Ich fühl­te mich voll­stän­dig ru­hig und si­cher.
    Am vier­ten Ta­ge nach dem Mord er­schie­nen je­doch ganz un­er­war­tet noch ei­ni­ge Ab­ge­sand­te der Po­li­zei und nah­men von neu­em ei­ne sorg­fäl­ti­ge Haus­su­chung vor. Da ich je­doch voll­kom­men über­zeugt war, daß man das ver­häng­nis­vol­le Ver­steck nicht auf­fin­den wer­de, blieb ich ganz kalt­blü­tig. Die Be­am­ten for­der­ten mich auf, sie bei der Durch­su­chung zu be­glei­ten. Sie lie­ßen kei­nen Win­kel, kei­ne Ecke au­ßer acht. End­lich stie­gen sie zum drit­ten- oder vier­ten­mal in den Kel­ler hin­ab. Ich zuck­te mit kei­ner Wim­per, und mein Herz schlug so ru­hig wie das ei­nes Men­schen, der in Un­schuld schläft. Ich durch­schritt den Kel­ler von ei­nem En­de zum an­dern, kreuz­te die Ar­me über die Brust und ging see­len­ver­gnügt auf und ab. Die Be­am­ten schie­nen be­frie­digt und schick­ten sich an, wie­der hin­auf­zu­ge­hen. Die Freu­de mei­nes Her­zens war zu groß, als daß ich sie ganz hät­te ver­ber­gen kön­nen. Es sta­chel­te mich förm­lich, mei­nem Tri­umph, wenn auch nur durch ein Wort, Aus­druck zu ver­lei­hen und sie in ih­rer Über­zeu­gung von mei­ner Un­schuld zu be­stär­ken.
    »Mei­ne Her­ren«, sag­te ich end­lich, als die Ge­sell­schaft schon die Stu­fen hin­auf­schritt, »ich freue mich, daß sich Ihr Ver­dacht als un­be­grün­det er­wie­sen hat. Ich wün­sche Ih­nen ein herz­li­ches Le­be­wohl und für die Zu­kunft et­was mehr Höf­lich­keit. Im üb­ri­gen, mei­ne Her­ren, ist dies ein sehr so­li­de ge­bau­tes Haus!« (In dem wahn­sin­ni­gen Ver­lan­gen, ir­gend et­was An­züg­li­ches leicht hin­zu­wer­fen, wuß­te ich kaum selbst mehr, was ich sprach.) »Man könn­te es fast ein au­ßer­or­dent­lich so­li­de ge­bau­tes Haus nen­nen! Die­se Mau­ern – Sie ge­hen schon, mei­ne Her­ren? – die­se Mau­ern sind fest ge­fügt.« Und hier klopf­te ich aus pu­rer Prah­le­rei mit ei­nem Sto­cke, den ich in der Hand hielt, hef­tig ge­ra­de ge­gen den Teil der Mau­er, hin­ter dem der Leich­nam je­ner Frau ver­bor­gen war, die ich von Her­zen ge­liebt hat­te.
    Aber mö­ge Gott mir gnä­dig sein und mich aus den Klau­en des Erz­fein­des be­frei­en! Kaum war der Nach­klang der Schlä­ge in der Stil­le ver­hallt, als ei­ne Stim­me aus dem In­nern des Gra­bes ant­wor­te­te. – Es war ein Ge­schrei, an­fangs ge­bro­chen und halb er­stickt, wie das Schluch­zen ei­nes Kin­des, ein Ge­schrei, das dann zu ei­nem lan­gen, an­hal­ten­den Laut an­schwoll, der über­na­tür­lich und un­mensch­lich klang – ei­nem Ge­heul, ei­nem krei­schen­den Weh­kla­gen, in dem sich Schreck und Frohlo­cken zu mi­schen schie­nen, wie es sich nur den Keh­len der Ver­damm­ten in ih­ren Qua­len und der Brust tri­um­phie­ren­der Teu­fel ent­rin­gen kann.
    Es wä­re un­nütz, von mei­nen Emp­fin­dun­gen spre­chen zu wol­len. Ei­ner Ohn­macht na­he, tau­mel­te ich ge­gen die Rück­wand des Kel­lers. Einen Au­gen­blick stan­den die Po­li­zis­ten im Über­maß des Ent­set­zens und Grau­sens re­gungs­los und starr, im nächs­ten je­doch ar­bei­te­ten be­reits ein Dut­zend kräf­ti­ge Ar­me an der Mau­er.
    Sie war bald nie­der­ge­ris­sen, und der schon stark in Ver­we­sung über­ge­gan­ge­ne, mit ge­ron­ne­nem Blut be­deck­te Leich­nam mei­ner Frau stand auf­recht vor ih­ren Au­gen da. Auf dem Kopf, mit auf­ge­ris­se­nem ro­tem Maul und sei­nem ein­zi­gen

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