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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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gest­ri­gen Be­ge­ben­hei­ten zu er­zäh­len.
    »Du hast aber ganz schön ver­schla­fen, Va­ter Adri­an Pro­cho­row«, sag­te Ak­s­in­ja und reich­te ihm den Schlaf­rock. »Der Schnei­der von ne­ben­an hat schon nach dir ge­fragt, und der Schutz­mann war eben­falls da und sag­te, daß der Po­li­zei­auf­se­her heu­te Na­mens­tag ha­be; du aber be­lieb­test im­mer noch zu schla­fen, und wir trau­ten uns nicht, dich zu we­cken.«
    »War je­mand von der ver­stor­be­nen Trju­chi­na da?«
    »Von wem? Von der ver­stor­be­nen Trju­chi­na? Seit wann ist sie denn tot?«
    »Dum­me Gans! Hast du mir nicht sel­ber ges­tern bei den Vor­be­rei­tun­gen für ih­re Bei­set­zung ge­hol­fen?«
    »Was sagst du da, Va­ter? Bist du nicht ganz bei­sam­men oder im­mer noch be­trun­ken? Von wel­cher Bei­set­zung re­dest du denn? Du warst doch den gan­zen Tag bei die­sen Deut­schen; bist be­trun­ken nach Hau­se ge­kom­men, in dein Bett ge­schli­chen und erst auf­ge­wacht, als es be­reits längst zur Mit­tags­mes­se ge­läu­tet hat.«
    »Ist das denn wahr?« frag­te der Va­ter.
    »Aber na­tür­lich«, ver­si­cher­te die Magd.
    »Nun, dann gib mir schnell den Tee und ruf die Töch­ter her­ein!«
     

Der schwar­ze Schlei­er von
Charles Dickens
     
     
    In ih­rer Ge­samt­heit lie­fern die ›Sket­ches by Boz‹ – un­ter die­sem Pseud­onym schrieb Charles Di­ckens (1812-1870) zwi­schen 1833 und 1836 in ver­schie­de­nen Lon­do­ner Zeit­schrif­ten Stim­mungs­bil­der, Cha­rak­terskiz­zen und Kurz­ge­schich­ten – bun­te Gen­re­bil­der vom da­ma­li­gen All­tags­le­ben in und um Lon­don, ein Stück früh­vik­to­ria­ni­scher Wirk­lich­keit, das als au­then­ti­sches Zeit­bild von blei­ben­dem In­ter­es­se ist. In die­sen Skiz­zen ist auch die Er­zäh­lung ›Der schwar­ze Schlei­er‹ ent­hal­ten, in de­nen Di­ckens ei­ne Fül­le von Ele men­ten des zeit­ge­nös­si­schen Schau­er­ro­mans ver­ar­bei­tet hat – kei­ne Ge­spens­ter­ge­schich­te im tra­di­tio­nel­len Sin­ne, aber ei­ne Er­zäh­lung, die durch ih­re ge­spens­ti­sche At­mo­sphä­re auch heu­te noch zu fes­seln ver­mag.
     
    ——————————
     
    An ei­nem Win­ter­abend ge­gen En­de des Jah­res 1800, oder ein paar Jah­re frü­her oder spä­ter, saß ein jun­ger Arzt an ei­nem be­hag­li­chen Feu­er in sei­nem klei­nen Wohn­zim­mer und hör­te dem Wind zu, der große Re­gen­trop­fen ge­gen das Fens­ter warf und im Schorn­stein trau­rig heul­te und pfiff. Das Wet­ter war naß­kalt, er war den gan­zen Tag durch Kot und Was­ser ge­wa­tet und ruh­te jetzt be­quem in Schlaf­rock und Pan­tof­feln aus, und er dach­te sin­nend, mehr als halb im Schla­fe und we­ni­ger als halb wa­chend, an hun­dert und aber hun­dert Din­ge man­nig­fa­cher Art. Er dach­te zu­erst, wie scharf der Wind doch blie­se und wel­ches Un­ge­mach er sel­ber im Kampf ge­gen Sturm und Re­gen aus­ste­hen wür­de, wenn er nicht be­hag­lich da­heim sä­ße; dann wie­der, wie ver­gnügt er all­jähr­lich am Weih­nachts­abend im Krei­se der Sei­ni­gen und teu­rer Freun­de wä­re; wie froh al­le sein wür­den, ihn wie­der­zu­se­hen, und wie glück­lich es Ro­se ma­chen wür­de, wenn er ihr sa­gen könn­te, daß er end­lich einen Pa­ti­en­ten be­kom­men ha­be und meh­re­re zu be­kom­men hoff­te, und sie dann heim­füh­ren könn­te an sei­nen ei­ge­nen Herd, ihm die Ein­sam­keit zu ver­sü­ßen und ihn zu neu­en An­stren­gun­gen an­zu­spor­nen. Möch­te doch wis­sen, dach­te er wei­ter, wann ich zu mei­nem ers­ten Pa­ti­en­ten ge­ru­fen wer­de, oder ob mir das Schick­sal be­stimmt ist, über­haupt kei­ne Pra­xis zu er­lan­gen. End­lich dach­te er aber­mals an Ro­se, schlief ein und träum­te von ihr, bis es ihm war, als tön­te wirk­lich ih­re sü­ße Stim­me in sei­nen Oh­ren und als ruh­te ih­re klei­ne wei­che Hand auf sei­ner Schul­ter.
    Sei­ne Schul­ter wur­de in der Tat von ei­ner Hand be­rührt, die je­doch we­der klein noch weich war, denn sie ge­hör­te ei­nem der­ben rund­köp­fi­gen Bu­ben an, den das Kirch­spiel für einen Shil­ling die Wo­che und Be­kö­s­ti­gung zum Aus­tra­gen von Arz­nei­en und Bot­schaf­ten ver­mie­te te. Da

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