1810 - Gier auf Leben
abwarten.«
Garner musste lachen. »Du hast vielleicht Nerven. Mann, ich fang schon an zu zittern.«
»Ist noch nicht nötig.«
Johnny hatte recht. Das war auch nicht nötig, denn es ging von Diana Dobbs im Moment keine Gefahr aus. Sie lag noch immer auf dem Bett, hielt die Augen geschlossen und bewegte jetzt ihren Mund. Auch ihre Lider begannen zu flattern.
Das sahen die beiden Beobachter, aber sie bekamen auch mit, dass diese Person sie nicht sehen konnte.
»Die schaut noch zur Decke, Johnny.«
»Sehe ich. Aber geh lieber mal zurück.«
»Wohin? Bis an die Tür?«
»Wäre nicht verkehrt.«
»Mach ich doch glatt.«
Johnny war froh, dass Bruce Garner ihm nicht mehr im Weg stand. Im Gegensatz zu ihm war Johnny so etwas wie ein Profi, was die dunklen Seiten des Lebens anging.
Es war kein zufälliges Zucken gewesen, die Untote erwachte tatsächlich aus einem besonderen Schlaf. Sie stieß einen Zischlaut aus, der sich anhörte wie ein Luftholen, was es aber nicht war, denn Vampire brauchten nicht zu atmen.
Dann rollte sich die Nackte zur rechten Seite. So blieb sie liegen und schaute in das Zimmer.
Ihr Blick war noch leer. Den Mund hatte sie leicht geöffnet, als wollte sie ihre beiden Blutzähne präsentieren.
Mehr geschah nicht. Sekunden verstrichen, und Johnny ging davon aus, dass er in den nächsten Sekunden gesehen wurde, und wenn das der Fall war, dann musste in der Untoten auch die Gier nach dem warmen menschlichen Blut erwachen.
Noch war sie zu schwach. Dass sie kein normaler Mensch mehr war, war nicht sogleich zu erkennen, denn sie sah nicht aus wie eine Bestie. Besonders jetzt nicht, da sie den Mund wieder geschlossen und sich auf sich konzentriert hatte.
Johnny hatte die Zeit des Entdeckens hinauszögern wollen und seinen Standplatz gewechselt. Er stand jetzt so, dass er von ihr nicht gleich gesehen werden konnte, es sei denn, die Untote wechselte ihre Blickrichtung. Momentan sah es nicht danach aus, denn sie stemmte sich jetzt an der rechten Bettseite hoch.
Es war zu sehen, dass ihre Bewegungen schon geschmeidiger geworden waren.
Auch Bruce Garner hatte zugeschaut. Er flüsterte einen Fluch, und das hätte er nicht tun sollen, denn das Gehör der Untoten war leider super.
Sie drehte den Kopf.
»Mist, sie hat mich gesehen!«
Johnny nickte nur. Reden wollte er noch nicht. Er war abgebrühter als sein Kommilitone, der sich jetzt fixiert sah.
Die Untote hatte ihren Mund wieder geöffnet. Sie zeigte, wer sie war, und sie wollte nicht mehr im Bett bleiben, deshalb glitt sie auf die Kante zu.
»Hau ab, Bruce!«, rief Johnny.
»Aber ich …«
»Raus aus dem Zimmer!«
Genau das begriff Bruce Garner. Jetzt hielt ihn nichts mehr. Er rannte auf die Tür zu und schaffte es auch, sie ungehindert zu erreichen. Dann riss er sie auf und warf sich nach draußen. Die Tür knallte er hinter sich wieder zu.
Jetzt befand sich nur noch Johnny im Raum. Zusammen mit der Vampirin. Die hielt ihren kalten gierigen Blick auf ihn gerichtet. Sie gab schmatzende Laute von sich, als sie ihre Lippen bewegte. Dann riss sie die Augen auf und flüsterte etwas, was Johnny nicht verstand.
Er maß die Entfernung bis zur Zimmertür. Sie war nicht groß, alles war hier nicht groß. Er war in der Lage, sie mit zwei Sprüngen zu erreichen, aber das wäre auch bei Diana Dobbs der Fall gewesen. Wenn Johnny startete, würde sie es auch tun, und dann würden sie an der Tür zusammenprallen.
Es musste eine andere Möglichkeit geben. Sie locken, weg von der Tür, und dann schneller sein. Johnny wusste nicht, ob sie schon voll da war, und darüber wollte er sich auch keine Gedanken machen. Er musste sie überlisten.
Sie kam.
Die Untote musste einfach kommen, weil sie sein Blut brauchte, um zu Kräften zu kommen. Sie schwankte beim Gehen leicht, aber Johnny glaubte nicht, dass es Schwäche war. Dann breitete sie die Arme aus, um ihm zu zeigen, dass sie auch die Seiten kontrollierte.
Johnny wich ein paar Schritte zur Seite und sprang aus der Bewegung heraus aufs Bett. Die Matratze wippte unter ihm nach, und er hatte Mühe, das Gleichgewicht zu bewahren.
Und doch blieb er auf dem Bett. Er wippte leicht auf und nieder und war gespannt, was die Blutsaugerin unternehmen würde.
Noch zögerte sie. Sie schaute mal nach rechts, dann wieder nach links. Sie stand am Fußende und hatte die Arme ausgebreitet. Sie wollte Johnny den Weg versperren. Schließlich gab sie ihrem Körper einen Ruck.
Dann stand auch sie auf dem Bett.
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