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1811 - Der Vogelmensch

1811 - Der Vogelmensch

Titel: 1811 - Der Vogelmensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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auch keine Nase, und trotzdem konnte er sprechen. Sogar recht normal, als wäre er ein Mensch.
    Das Lachen war verstummt, jetzt sprach er wieder und kam sofort zum Kern des Problems.
    »Ich habe einen Teil meines Plans erreicht, denn ich konnte dich finden. Irgendwie wusste ich, dass noch jemand überlebt hatte, und das habe ich wunderbar bestätigt bekommen. Du bist da, und ich habe dafür gesorgt, dass du mir gehörst. Du wirst mir nicht entkommen können, das steht fest. Ich habe dich hierher geschafft, und hier wirst du auch bleiben. Die Kette hält dich. Ich könnte dich sogar verhungern lassen. Wenn man dich suchen sollte, dann nicht hier in der Höhle, denn diese Felswand, zu der die Höhle gehört, steigt niemand hoch. Du kannst auch schreien, wenn ich nicht da bin, aber ich kann dir sagen, dass dein Schreien nicht gehört wird. Dieser Felsen liegt sehr einsam.«
    Carlotta wusste nicht, was sie noch erwidern sollte. Der andere hatte sich offenbart. Mehr brauchte er nicht zu tun. Es lief alles wie von selbst nach diesen exakten Vorbereitungen.
    »Jetzt bist du sprachlos – oder?«
    »Ja, fast.«
    »Aber …?«
    »Ich denke ja auch über dich nach«, sagte Carlotta, »und da muss ich dich was fragen.«
    »Ich höre.«
    »Was hast du genau vor?«
    Aus dem Schnabel drang die Stimme. »Ich steige in den zweiten Teil meines Plans ein.«
    »Und der wäre?«
    »Ich suche eine Heimat, und ich werde sie finden.«
    Jetzt war es für Carlotta an der Zeit, überrascht zu sein. Sie konnte nichts mehr sagen, sie schüttelte den Kopf, und aus ihrer Kehle drang ein krächzendes Lachen.
    »Heimat?
    »Ja.«
    »Was soll das sein?«
    »So wie ich es meine.«
    »Das ist mir zu wenig.«
    »Ich glaube daran.« Der Vogelmensch trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich habe lange genug gewartet, ich habe Zeit vertan. Ich will endlich an einen Platz gelangen, an dem ich mich wohl fühlen kann. Und ihn nenne ich Heimat.«
    »Ja, jetzt verstehe ich dich. Hast du denn schon einen Platz ins Auge gefasst?«
    »Sicherlich.«
    »Und wo ist das?«
    »Du kennst ihn gut. Es ist das Haus, in dem auch du wohnst …«
    ***
    Ich muss mich verhört haben!, dachte sie. Ja, ich kann es mir nicht anders denken. Ich muss mich verhört haben. So verrückt kann doch keiner sein.
    Das war die eine Seite, es gab auch noch eine zweite, und da dachte Carlotta jetzt näher nach. Sie fasste schließlich zusammen, was sie bisher erfahren hatte, und als sie alles zusammenrechnete, dann sah sie die Lage mit anderen Augen. Ja, das konnte gut sein. Er brauchte eine Sicherheit. Ein Versteck, aber nicht so eines wie die Höhle hier, denn in ihm steckte trotz allem noch viel Mensch, und der richtete sich nach seinen Bedürfnissen. Er würde ein Haus bekommen. Er würde sich darin aufhalten, und was mit den Bewohnern geschah, würde ihm egal sein. Er würde sie allerdings in seine Rechnung mit einbeziehen müssen.
    »Du schweigst?«
    Carlotta nickte.
    »Hat es dir die Sprache verschlagen?«
    »Nein, das nicht. Ich denke nur nach und muss ehrlich sagen, dass ich mich schon wundere.«
    »Ach ja? Warum?«
    »Weil du dich unter Menschen wagst.«
    »Hast du das nicht auch getan?«
    »Schon. Aber ich sehe nicht so extrem aus wie du.«
    Da musste er lachen. Aber nur kurz. Sofort danach wurde er wieder ernst. »Du wohnst nicht allein. Es gibt da die Tierärztin Maxine Wells. Sie hat für dich gesorgt, und ich glaube fest daran, dass sie das auch auf mich übertragen kann.«
    Aha!, dachte sie. So also soll der Hase laufen. Er brauchte ein Versteck. Zumindest vorübergehend. Er war lange genug herumgeirrt und hatte gesucht.
    »Hast du es begriffen?«
    »Ja.«
    »Dann wirst du bald nicht mehr allein sein, denn ich werde auch bei dir wohnen.«
    »Ja, ja, das hast du vor. Aber ich bin gespannt, was Maxine Wells dazu sagen wird.«
    »Sie wird mir sogar freiwillig die Tür öffnen.«
    »Ach ja?«
    »Das liegt doch auf der Hand, Carlotta, denn ich weiß, wo du dich aufhältst. Und das möchte deine zweite Mutter doch sicherlich auch gern wissen.«
    »Bestimmt.«
    »Siehst du? Das kann sie dann auch. Ich werde ihr einiges sagen, und ich bin sicher, dass sie zustimmt. Dann kann ich heute Abend schon woanders wohnen.«
    Carlotta räusperte sich und musste dann schlucken. Sie wollte es nicht zugeben, aber es stimmte leider. Der Plan war raffiniert eingefädelt worden. Es blieb Maxine nichts anderes übrig, als darauf einzugehen. Dennoch fragte Carlotta: »Was ist, wenn sie

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