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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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wollte, für unerläßlich hielt, wenn dieses nicht seines schönsten Schmuckes entbehren sollte. Als sie daher eines Morgens in der Nähe des Brunnens wie gewöhnlich in Begleitung ihrer Freundinnen erschien, näherte sich ihr eine Deputation junger Männer, an deren Spitze ein österreichischer Rittmeister, Arnheim, stand, welcher das Bad besuchte, um dadurch einen infolge einer schweren Verwundung, die er in der Schlacht bei Wagram erhalten hatte, gelähmten Arm zu heilen. Er redete sie mit bescheidenem Wesen folgendermaßen an: »Ich habe Ihnen im Namen der Brunnengesellschaft eine große Bitte vorzutragen, mein Fräulein; allein ich fürchte fast, Sie schlagen mir sieab.« »Gewiß nicht,« erwiderte Marie freundlich, »wenn die Erfüllung irgend in meiner Macht steht. Doch wüßte ich nicht,« setzte sie unbefangen lächelnd hinzu »was ich zu tun vermöchte, woran der Gesellschaft etwas gelegen sein könnte.«
    »Sie sind bis jetzt nur ein Morgenstern für uns gewesen, der mit dem wachsenden Tage verschwand,« – antwortete der Rittmeister, der dem Gleichnis übrigens nur einen scherzhaften Ton gab; »wir wollten Sie bitten, uns doch auch einmal als Abendstern zu glänzen. Auf morgen haben wir ein gemeinsames Fest veranstaltet; es würde uns sehr leid tun, wenn es des schönen Schmuckes, den Ihre Gegenwart ihm leihen müßte, entbehren sollte. Dürfen wir darauf hoffen?« Zugleich waren die übrigen jungen Leute näher getreten und vereinigten ihre Bitten mit denen des Rittmeisters.
    »Sehr gern werde ich die Einladung annehmen,« sprach Marie freundlich, »wenn meine Mutter es erlaubt.« – »Nehmen Sie unsern aufrichtigsten Dank zuvor«, entgegnete der Rittmeister lebhaft, und die übrigen jungen Männer äußerten sich ebenfalls dankend und freudig.
    »Doch wo werden Sie Ihr Fest geben?« fragte Marie nach einigen Augenblicken. – »Wir sind übereingekommen,« entgegnete Arnheim, »eine kleine Ausflucht in das Gebirge zu unternehmen und uns dabei durch Scherz und Spiel und, wenn es sein kann, auch durch Tanz im Freien so gut zu unterhalten, als es uns gelingen will. Wir denken nach Aussig hinüberzufahren und dort die Elbe hinauf nach dem Schreckenstein zu schiffen. Das übrige wollen wir der Gunst des Wetters einstweilen anheimstellen.«
    »Die Wahl der Unterhaltung kann meinen Neigungen nicht entsprechender sein«, entgegnete Marie. Die jungen Männer drückten nochmals ihren Dank und ihre Freude aus und entfernten sich dann, um sich unter die übrigen Spaziergänger zu mischen. Die Familie aus Dresden, der sich Marie angeschlossen hatte, war gleichfalls zu dem Fest geladen, und die Töchter boten es sogleich Marien an, mit ihr gemeinsam hinauszufahren, falls die Mutter die Teilnahme ablehnen sollte. »Dies ist leider nur zu gewiß,« sprach Marie, »denn der Ungewißheit des Wetters darf sie sich durchaus nicht aussetzen, ja selbst die Kühle des Stroms und des Abends wären, trotz der Wärme der Jahreszeit, zu gefährlich für sie. Wie gern nehme ich es daher an, unter Ihrem Schutze dem Feste beizuwohnen; nicht, daß ich selbst in einer Stimmung wäre, die mir große Freude verspräche, aber weil es mir weh tun würde, eine so wohlwollende Einladung auszuschlagen.« Indem sie noch sprach, kam ihre Mutter den Laubgang herauf aus dem Bade zurück. Marie trug ihr sogleich die Sache vor und erhielt die bereitwilligste Zustimmung.

Zweites Kapitel.
    Der heiterste Morgen war angebrochen; es schlug eben sechs Uhr, als Marie in einem leichten, weißen Sommerkleide, welches durch nichts als durch einige Lilabandschleifen verziert war, muntern Schrittes, nachdem sie die Mutter zum Abschiede herzlich geküßt hatte, durch den Garten ging, um durch das Hinterpförtchen desselben den nächsten Weg zu jener befreundeten Familie einzuschlagen, welche ihr zur Beschützerin dienen sollte. Es stand bereits ein Halbwagen vor der Tür des Hauses und die beiden jungen Mädchen flogen Marien schon auf der Treppe freudig entgegen. »Wir werden das schönste Wetter haben,« sprach diese, nachdem die ersten Begrüßungen vorüber waren; »ich freue mich sehr auf die romantische Landschaft, die ich seit langer Zeit nicht besucht habe.« Während dieses Gesprächs traten schon die Eltern heraus, hießen Marien willkommen, und insgesamt ging man nun die Treppe hinunter, um einzusteigen. Bald hatte der Wagen die Stadt verlassen und rollte zwischen tauigen Büschen und Hecken, Wiesen und Kornfeldern dem Ziel entgegen. Es mußte

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