1812 - Ein historischer Roman (German Edition)
gestimmt wurden, und sich das Fest auf das glücklichste einleitete.
Da jetzt niemand mehr in der Reihe fehlte, so nahm man von Zeit zu Zeit auch raschere Bewegungen und erreichte so bald eine Anhöhe, ungefähr in der Mitte zwischen Teplitz und Aussig, wo man ein Frühstück im Freien, für welches die Unternehmer Sorge getragen hatten, einnehmen wollte. Der Hügel gewährte einen angenehmen Überblick der Landschaft: am Fuße desselben dehnte sich ein reich umbüschtes Dörfchen aus, durch welches ein Gebirgsbach seinen muntern Lauf nahm; darüber hinaus erblickte man wogende Saatfelder, die sich über die Hügel breiteten und nur hier und da von Wiesenstreifen durchgittert wurden. Um diesen freundlichen Vordergrund zog das höhere Gebirge seine blaue, in duftige Morgennebel verschleierte Ringmauer. Hinter dem Platz, welchen man zum Ruhepunkte gewählt hatte, stieg die Bergwand etwas steiler und dicht bewaldet auf; sie zog sich links abwärts bis zum Städtchen Aussig hin, wo sie sich gegen den Marienberg verlief. Dort entdeckte man auch an einer Reihe dunkler Waldhöhen das Elbtal, wiewohl man den Strom selbst nicht gewahrte.
Eine alte Linde bot den schattigsten Platz zum Frühstücken dar; einige gefällte Baumstämme, welche am Boden lagen, wurden schnell zu ländlichen Ruhesitzen umgeschaffen; überdies breitete man die Wagenkissen auf dem Rasen aus und erhielt so für die Frauen türkische Polstersitze, auf denen sich's trefflich ruhen ließ. Bald war der ganze fröhliche Kreis gelagert, und man beschaute einander mit selbstvergnügter Zufriedenheit. Jedermann lobte die Veranstalter des Festes; diese gingen eifrig bemüht umher, fragten nach eines jeden Wünschen und Bedürfnissen und suchten von den Damen Rat zu erholen, wie dies und jenes noch zweckmäßiger einzurichten sei. Indessen kreisten schon die Erfrischungen; in den Händen der Männer sah man gefüllte Gläser; der Geist des Weines verbreitete seinen belebenden Einfluß; Fröhlichkeit, Scherz und Mutwille regten sich überall: das vertraulichste Band der Geselligkeit verknüpfte schon jetzt alle Anwesenden so, als ob sie längst miteinander umgegangen wären, wiewohl die meisten sich doch fast fremd waren. Marie selbst wurde heiter in dieser heitern Umgebung; doch war selbst in den glücklichsten Zeiten ihre Freude immer stillerer Art; sie genoß mit einem reizenden Lächeln auf den Lippen, was sich ihr Schönes darbot, gewissermaßen nur in einem innern wohlgefälligen Betrachten der Bilder, welche von außen her in ihre Seele fielen. So ließ sie auch jetzt die Blicke ruhig über den Kreis der Versammelten schweifen und betrachtete die mancherlei Gestalten, deren es ernste und komische, reizende und zurückstoßende im bunten Gemisch durcheinander gab. Vor allen fielen ihr aber zwei Frauen auf, welche ihr gegenüber ziemlich entfernt, gegen den Stamm eines Baumes gelehnt, auf Polstern saßen und von einem ältern und einem jüngern Manne lebhaft unterhalten wurden. Sie fragte den Rittmeister, der sich neben ihren Sitz auf den Rasen gelagert hatte, wer die beiden Damen seien. »In der Tat,« erwiderte dieser, »ich weiß es selbst nicht genau anzugeben; nur so viel ist mir bekannt, daß es erst gestern eingetroffene Fremde sind, welche noch nicht auf der Badeliste stehen. Erst diesen Morgen sind sie zu dem Feste eingeladen worden, als die vielen an dem Hotel vorüberfahrenden Wagen sie aufmerksam auf das machten, was man vorhabe. Zufällig wohnte einer der Mitveranstalter, der zurückgeblieben war, um einiges zu besorgen, was erst zu Mittag in Aussig eintreffen soll, auf demselben Korridor mit ihnen. Er begegnete ihnen, als sie eben nach dem Brunnen wollten; sie fragten ihn, was man vorhabe, und so konnte er natürlich nicht umhin, sie zu bitten, eine Einladung zu unserm Fest anzunehmen. Da der Wagen, mit dem sie nach dem Bade fahren wollten, vor der Tür stand, so durften sie nur die Richtung ändern, um sich gleich unserm Kreise anzuschließen. Und ich denke, wir werden nichts dabei verloren haben, denn die Mutter zeigt noch jetzt die Spuren hoher Schönheit, und die Tochter ist in der Tat ein reizendes Wesen. Ich habe noch nicht Gelegenheit gehabt, mich ihnen vorstellen zu lassen, allein ihr ganzes Benehmen zeugt von einer gewandten Bildung. Ich will aber doch sogleich einmal hinüber und den Baron Erlhofen selbst nach dem Namen derselben fragen, damit Sie volle Auskunft haben.«
Noch ehe es Marie hindern konnte, war der Rittmeister
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