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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Dresden zu schreiben, um mir einige nötige Vollmachten zu verschaffen, damit ich die hiesigen Behörden in Requisition setzen kann; denn wie wir hier sind, vermögen wir gar nichts.«
    »Das ist nicht der Weg, den ich einschlagen würde,« entgegnete Beaucaire, »ich fürchte, er führt uns nicht weiter, als wir das erstemal kamen. Wir haben es mit Bewohnern verbündeter Länder zu tun, gegen die man schonend verfahren will, sonst würde man längst durch Mutter und Schwester den Aufenthalt des Bruders haben ermitteln können; denn an das Märchen von dem Duell und an die völlige Unkunde der Mutter von dem Aufenthalte des Sohnes hat doch wohl niemand geglaubt. Und gesetzt auch, sie habe ihn damals nicht gekannt, so leidet es doch keinen Zweifel, daß sie ihn früher oder später erfahren mußte. Wollte man ihn daher durch das Geständnis der Frauen ermitteln, so wäre nichts in der Welt leichter gewesen. Ich bezweifle also, daß man uns jetzt die nötigen Vollmachten einräumen wird; und geschähe es auch, so gäbe es jedenfalls eine gehässige, öffentliche Szene, für deren Ausgang ich bei der Erbitterung, die trotz der Verbindung des Kaisers und seiner Verwandtschaft mit dem Hause Österreich hier gegen uns herrscht, nicht stehen möchte. Allein mir deucht, wir hätten noch andere Mittel, um hinter das Geheimnis zu kommen.« – »Und die wären?« fragte St.-Luces aufmerksam. – »Wir müssen nur nicht geizig sein,« fuhr Beaucaire mit einem schlauen, boshaften Lächeln fort, »und von den tausend Napoleondor fünfzig bis hundert zu opfern wissen, die der Postmeister hierselbst erhielte, im Fall er uns alle Briefe zu einer kleinen Durchsicht auslieferte, die von den beiden Frauen abgesendet werden oder an sie einlaufen. Meinen Sie nicht, daß unser heißes Messer das Siegel von einem Frauenzimmerkuvert ebensogut lösen würde als von den sorgfältigst verwahrten diplomatischen Depeschen?«
    »Ich fürchte nur, man hat uns bereits erkannt, und wird gar sehr auf der Hut sein!«
    »Wer sollte uns erkannt haben?« rief Beaucaire, »das junge Mädchen? Dies hätten wir sogleich bemerken müssen; aber ich bin überzeugt, sie hat nicht einmal unsern Namen gehört, denn als wir vorgestellt wurden, war sie zu weit entfernt, und von dem Augenblicke an, wo ich erfuhr, wer sie sei, habe ich sie nicht aus den Augen gelassen.« – »Auch ich nicht,« entgegnete St.-Luces, »aber gerade an ihrem Benehmen, ihren Blicken glaube ich wahrgenommen zu haben, daß sie, wenn sie uns nicht kennt, doch wenigstens irgendeinen Argwohn gegen uns hat, oder nach einer Erinnerung sucht, mit welcher sie uns in Verbindung bringen will.«
    »Und wenn die Frauen uns beide vollständig kennen sollten, was täte dies am letzten Ende?« rief Beaucaire aus.
    »Sie würden aufs äußerste vorsichtig sein, ihre Briefe auf Umwegen befördern, vielleicht gar abreisen!«
    »Möchten sie doch! Ihre Vorsicht könnte sich aber doch nur auf die abzusendenden, nicht auf die ankommenden Briefe erstrecken, und diese letztern würden uns am Ende noch mehr Licht geben als die erstern, die vielleicht unter einer falschen Adresse abgehen. Denn das wird der flüchtige Ritter um seiner eigenen Sicherheit willen wohl angeordnet haben.«
    St.-Luces ging nachdenkend auf und ab. »Und werden Sie,« fragte er plötzlich, »nicht an der plumpen Ehrlichkeit der deutschen Beamten scheitern, und uns vielleicht gar kompromittieren?« »Ich dächte, Herr Baron,« erwiderte Beaucaire etwas empfindlich, »ich hätte Ihnen einige Beweise gegeben, daß ich schwierigere Unterhandlungen einzuleiten gewußt habe, wobei mehr auf dem Spiel stand; wann wäre ich so ungeschickt gewesen, uns früher preiszugeben, als bis ich des Gegners gewiß war? Seien Sie außer Sorgen, überlassen Sie die Sache mir; ich will schon Mittel finden, den Faden fein anzulegen und fortzuspinnen, aus dem ich die Fangschlinge für unsern Abenteurer zu knüpfen hoffe.«
    St.-Luces ging noch einigemal unschlüssig im Zimmer auf und nieder; dann reichte er seinem Genossen entschieden die Hand und sprach: »Nun meinethalben; ich lasse Sie gewähren, ich will Ihnen auch den größten Anteil des Lohnes lassen, nur gefährden Sie den Ruf unserer Gewandtheit nicht. Denn eben weil hier alle Spur verloren schien, weil man nicht gerade zu auffallende, die Gemüter erbitternde Zwangsmaßregeln gebrauchen wollte, käme mir viel darauf an, die Sache mit einer geschickten Wendung zu beendigen, um mich dadurch zu neuen

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