1837 - Nacht-Phantom
die Wolle noch weiter zur Seite gedrückt, damit wir einen guten Blick hatten. Beide bekamen wir große Augen, als wir die Wunden sahen, die sich auf der Haut ausbreiteten.
»Hier ist das Tier gebissen worden«, erklärte der Schäfer. »Und zwar von den Fledermäusen. Sie sind gnadenlos über die Tiere hergefallen und haben ihre Zähne in die Körper gehackt. Sie haben das Blut gesaugt, sie machten ihrem Namen alle Ehre. Aber ich frage mich, was in sie gefahren ist. Wir sind hier nicht in Südamerika, wo es Fledermäuse gibt, die größere Tiere angreifen, um ihr Blut zu trinken. Aber ich habe in der vergangenen Nacht das Gleiche erlebt. Es war ein wahrer Sturm aus Fledermäusen.«
Wir hatten die Wunden gesehen, und ich gab einen leisen Kommentar ab. »Und jetzt sind sie wieder weg. Aber wohin sind sie?«
»In die Ruine, John«, sagte Bill überzeugt.
»Bist du dir sicher?«
»Wo sollen sie sonst sein? Sie sind da, wo sich auch ihr Chef befindet.«
»Unser Nacht-Phantom?«
»So ist es.«
Der Schäfer hatte zugehört und war zusammengezuckt, als er den Namen verstanden hatte.
»Sie kennen es?«, rief er.
»Ja«, sagte Bill, »und es ist verdammt gefährlich. Wesentlich gefährlicher als die Fledermäuse. Die sind nur gefährlich, wenn sie in wahren Scharen auftauchen.«
»Und was wollen Sie tun?«
Bill musste nach dieser Frage lachen. »Es stellen und vernichten. Deshalb sind wir hier.«
»Das Nacht-Phantom?«
»Ja. Es ist doch auch ein Vampir oder nicht?«
»So sagt man jedenfalls.«
»Und Sie wissen mehr.«
»Nein, nein, das weiß ich nicht.«
»Aber Sie haben Scotty mit Informationen versorgt, die er dann an mich weitergab.«
»Das mag ja sein, aber ich sage nur das, was man sich sowieso erzählt. Keiner will in diese Ruine hineingehen, weil sich da das Böse versteckt hält. So sagt man.«
»Aber man hat es nie gesehen – oder?«
»Das weiß ich nicht. Ich jedenfalls habe es nicht gesehen. Ich weiß nur von dieser Gestalt und ihren vielen Helfern, aber nur wenige haben das Nacht-Phantom gesehen, und sie waren froh, dass sie hatten fliehen können.«
»Und wie haben sie die Gestalt beschrieben?«, fragte ich.
Errol Cummings musste erst nachdenken. Ihm war warm geworden, und von der Stirn rannen Schweißperlen über seine Wangen. »So genau kann ich das nicht sagen.«
»Versuchen Sie es trotzdem.«
»Groß.« Er nickte. »Ja, man hat sie als groß beschrieben. Größer als ein Mensch.«
»Ist das alles gewesen?«
»Nein, ist es nicht.« Er stöhnte. »Auch – auch – düster«, sagte er. »Solche Gestalten können einem Menschen Angst einjagen.«
»Sind denn schon Menschen angefallen worden? Wissen Sie, ob jemand getötet wurde und dann als Vampir zurückkehrte?«
»Was sagen Sie da?«
Ich wiederholte es.
Plötzlich flackerte sein Blick. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein«, flüsterte er, »nein, sagen Sie das nicht. Das ist grauenhaft. Das kenne ich aus Filmen. Aber echte Vampire …?«
»Sie haben noch nichts von ihnen gehört – oder?«
»Nein. Ich habe mir auch nie darüber Gedanken gemacht.«
»Das ist verständlich.«
»Aber jetzt sehe ich die Dinge anders. Müssen wir damit rechnen, von einem richtigen Vampir angefallen zu werden?«
»Nein, nein, so weit will ich nicht gehen. Aber ich würde Ihnen raten, immer die Augen aufzuhalten. Mehr können Sie nicht tun.«
»Aber ich kann hier bleiben – oder?«
»Doch, das können Sie. Bleiben Sie ruhig hier und bleiben Sie wachsam.«
»Danke für den Rat.«
»Ist schon okay.« Ich ging zu meinem Freund Bill Conolly, der bereits an dem schmalen grauen Wegstreifen stand. Er führte bis zur Straße, wo unser Wagen stand.
»Und darf ich fragen, wo Sie jetzt hin wollen?«, erkundigte sich der Schäfer. »Oder ist das geheim?«
»Ist es nicht«, erwiderte ich. »Wir werden der Ruine einen Besuch abstatten.«
Er hatte es gehört, und gab keine normale Antwort, aber er schlug ein Kreuzzeichen, als wollte er unseren weiteren Weg segnen …
***
»Ich hoffe, du hast den Weg noch behalten«, sagte ich zu meinem Freund Bill.
»Keine Sorge, so vergesslich bin ich noch nicht.«
»Super.«
»Aber ich bin mir sicher, dass wir den Vampir nicht zu Gesicht bekommen.«
»Und warum nicht?«
»Weil es zu hell ist.«
»Und in der Ruine? Ich meine, man steht dort auch im Freien.«
»Nur zum Teil«, sagte Bill, »vergiss nicht, was sich in dem unteren Teil abgespielt hat.«
»Daran denke ich schon.«
»Und da sind ja auch noch
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