1847 - Schiff der verlorenen Seelen
sie es sich gedacht hatte.
»Dann ist tatsächlich ein Schiff unterwegs.«
»Ja, ein Segler.«
»Und was hat er geladen?«
»Das konnte ich nicht herausfinden. Aber er hat eine Ladung. So viel steht fest.«
»Und weiter?«
»Der Segler läuft London an. Und ich denke, dass wir da sind, wenn er hier anlegt.«
»Das ist gut.« Sie lachte leise. »Dann möchte ich auch dabei sein, und Peter Braddock will es sicherlich auch.«
»Darüber werden wir noch reden.«
»Gut, und was machst du jetzt?«
»Suko und ich bleiben vorerst im Büro, denn ich möchte zunächst noch mit dem Kapitän telefonieren und ihn fragen, ob auf seinem Schiff alles in Ordnung ist.«
»Ja, tu das. Aber vergiss nicht, dass wir noch einen Brandherd haben, John.«
»Wen meinst du damit?«
»Larissa, unseren weiblichen Ghoul. Du bist so auf den Segler fixiert, dass du sie ganz vergisst.«
»Nein, das bestimmt nicht. Erst mal eines nach dem anderen, dann sehen wir weiter.«
»Okay.«
»Und wie geht es Braddock?«
Jane lachte leise. »Er hat noch immer ein Problem damit, daran zu glauben, dass Wesen existieren, die sich von Leichen ernähren.«
»Kann ich mir denken.«
»Gut, dann hören wir wieder voneinander.«
»Werden wir.«
Das Gespräch war beendet. Ich war froh, dass Jane jetzt auch Bescheid wusste. Natürlich hatte sie recht, wenn sie das Problem Larissa ansprach. Aber sie war im Moment nicht so wichtig wie das Segelschiff, denn um sie konnte sich Jane Collins kümmern. Sie kannte sich aus und wusste sich auch zu wehren.
Bisher war der Fall von uns aus im Büro geführt worden. Daran würde sich auch in den nächsten Stunden nichts ändern, denn ich musste mit dem Segler Kontakt aufnehmen …
***
Erik war am Steuer geblieben, denn einer musste das Schiff steuern, aber Arne Rundberg hatte die kleine Mannschaft um sich versammelt. Er wollte ihr einen schonungslosen Bericht liefern.
Es waren nur vier Männer, die ihn anschauten und auf einer schmalen Bank hockten.
Der Kapitän hatte keine lange Vorrede gebraucht. Er war schnell zur Sache gekommen und hatte erklärt, wie er auf die Gestalten im Container aufmerksam geworden war.
»Da war es mir auch egal, ob ich den kleinen Container geöffnet habe oder nicht. Ich wollte, nein, ich musste was tun, denn dieser Gestank war kaum auszuhalten.«
»Nach Leichen?«
»Sicher.«
»Aber du hast gesagt, dass es keine Leichen waren.«
»Dabei bleibe ich auch.«
»Und trotzdem haben sie so gestunken?«
»Ja.«
»Warum? Wieso können sie so stinken?«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber du hast sie doch gesehen, Kapitän«, hielt man Rundberg entgegen.
»Das habe ich. Wenn ich euch erzähle, wie sie ausgesehen haben, wird mir das keiner glauben.«
»Versuch’s doch.«
Der Kapitän nickte. »Ja, das will ich. Sie waren kleiner als wir, glaube ich. Sie waren auch nackt, aber ich hatte das Gefühl, dass sie nicht ganz so nackt waren.«
»Wie das denn?«
»Ja, so kamen sie mir vor. Sie stanken ja widerlich, und ich habe gesehen, dass die nackten Körper von einer Schleimschicht bedeckt waren. Die muss so gestunken haben.«
»Oha! Was hast du da gesagt?«
»Ja, Pecos, eine Schleimschicht.«
Pecos nickte eifrig. »Davon habe ich gehört.«
»Und wer ist das?«
»Ich glaube, das sind Ghouls«, sagte Pecos. »Ich bin mir sogar recht sicher.«
Der Kapitän räusperte sich. »Und was muss ich genau darunter verstehen, wenn du von Ghouls sprichst?«
»Das sind Leichenfresser, widerliche Dämonen.« Er rieb seine mächtigen Hände. »Hört sich nicht gut an, ist aber so.«
Die Männer schauten ihren Kapitän an, sagten aber nichts. Was sie da gehört hatten, das mussten sie erst mal verdauen.
Nach einer Weile fragte jemand: »Kann man sie denn nicht killen?«
Arne Rundberg hob die Schultern. »Das ist möglich.«
»Erschießen?«
Der Kapitän zuckte mit den Schultern. »Wer von uns weiß denn genau über sie Bescheid? Pecos nennt sie Leichenfresser. Aber wer oder was sind sie noch? Kann mir das einer sagen?«
Keiner wusste etwas.
Der Kapitän war es leid und schlug sich auf die Schenkel. »So, bisher haben wir nur theoretisiert. Jetzt werden wir zur Praxis kommen. Ihr sollt sie erleben.«
Die Männer blickten sich an. Keiner sagte etwas. Arne Rundberg gefiel das Verhalten nicht. »Keine Sorge, ihr seid in einer relativen Sicherheit. Dafür habe ich gesorgt. Außerdem kümmern sie sich nur um Tote. Ihr aber lebt.«
»Was sich schnell ändern kann«, meinte einer.
»Das ist
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