Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1872 - Vermächtnis der Veego

Titel: 1872 - Vermächtnis der Veego Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
herrlichen Luft. Den Weg zur Urne fand er unter Ausschaltung seiner Sinne. Als er die Säule mit dem Totengefäß erreichte, blieb er stehen und legte die gewölbte Stirn gegen das durchsichtige Material.
    Wie fühlst du dich? dachte er intensiv.
    Die Asche reagierte mit einem Taumel ihrer Flocken und Partikel. Sie tanzte auf und ab, huschte umher und bildete einen offenen Blütenkelch aus.
    Als wolle sie etwas empfangen.
    Du willst ...
    Die Asche hüpfte und tanzte.
    Dor-Res Thean zog die Handschuhe aus und ließ sie achtlos zu Boden fallen. Mit den knöchernen Fingern griff er nach dem kleinen Behälter oben auf der Urne. Er enthielt die Asche Kal-Deers, jenes Thean-Schülers, der damals beim Angriff auf die Asteroidendörfer ums Leben gekommen war. Kal-Deers letzter Wunsch war es gewesen, mit der Asche Pi-Poul Theans vereint zu werden. Er hatte nicht wissen können, daß das nur ging, wenn Pi-Poul Thean einverstanden und kräftig genug war, die Vereinigung zu vollziehen.
    Dieser Zeitpunkt war jetzt gekommen, und Dor-Res sah keinen Grund, dem toten Schüler den letzten Wunsch zu verweigern. Er klappte den Deckel auf und setzte den Behälter mit der Öffnung nach unten auf die Urne. Fasziniert beobachtete er, wie der Lamellenverschluß der Urne auseinanderglitt. Die Asche rieselte nach unten und vereinigte sich mit den tanzenden Wirbeln Pi-Pouls. Dor-Res beobachtete sogar einen leichten Sog, der die Asche aus dem Behälter nach unten zog.
    Pi-Poul war schon zu Lebzeiten einer der gedankenstärksten Raunach gewesen, die es in ihrem Volk je gegeben hatte.
    Der Sog ließ nach, die vereinigte Asche kam zur Ruhe. Die Lamellen schlossen sich, und Dor-Res nahm den leeren Behälter herab und setzte ihn neben der Säule auf den Boden. Anschließend legte er wieder die Stirn an die Urne.
    Du bist jetzt glücklich, ich spüre es, dachte er.
    Ein Wirbel ließ die Urne erzittern. Die Asche besaß durch die Vereinigung Kraft wie nie zuvor. Und diese Kraft durchdrang mühelos das durchsichtige Material und drang hinter die Stirn des Theans vor.
    Hastig nahm Dor-Res die Stirn von dem stark erwärmten Material.
    „Pi-Poul Thean entwickelt eine geistige Macht, die mir Angst einflößt", zischte er leise. „Am besten warte ich, bis die Asche sich beruhigt hat."
    Nach einem letzten intensiven Blick auf die Urne zog er die Handschuhe an und wandte sich der kleinen Metalltür zu, die in die Katakomben hinabführte. Dort unten wartete er, und Dor-Res Thean fragte sich, was der Verdammte von ihm wollte. Reue zeigen? Er traute es ihm nicht zu.
    Wieder beschlich den Leiter der Thean-Schule ein merkwürdiges Gefühl, gerade so, als befände er sich in unmittelbarer Gefahr. Er blieb stehen und lauschte. Doch da war nichts. Nicht einmal ein Luftzug kündete davon, daß sich ein anderer in seiner Nähe befand.
    Entschlossen öffnete Dor-Res und setzte den Weg fort. Hinter der Tür gab es keine Rampe, nur eine Treppe mit riesigen Stufen. Es kostete den Raunach Mühe, sie ohne technische Unterstützung hinabzusteigen.
    Sie führte in ein Gewölbe mit einem einzigen, hallenähnlichen Raum. Trübes blaues Licht verbreitete einen deprimierenden Schein. Damals, nach der letzten Schlacht, hatten Roboter das Gewölbe für den einzigen Gefangenen hergerichtet. Mitten darin lag eine vier Meter tiefe Grube.
    Dor-Res Thean trat an ihren Rand und warf einen Blick hinab in die Tiefe. Übler Geruch drang zu ihm herauf, und der Raunach wandte angeekelt den Oberkörper zur Seite. Im feuchten Staub und den Resten der Körperausscheidungen saß er. Er bot in seiner Nacktheit einen erbärmlichen Anblick, doch er hatte es selbst so gewollt. Kein Raunach in der langen Geschichte ihres Volkes wäre auf den Gedanken gekommen, so etwas zu verlangen.
    Gefangener sein für den Rest des Lebens. Dahinsiechen, statt einen ehrenvollen Tod zu sterben.
    Millionen von Raunach und anderen Wesen kannten die Übertragungen von der Grube. Dor-Res hatte dafür gesorgt, daß sie immer wieder in diesen fünfundzwanzig Jahren als mahnende Botschaft durch die Galaxien der Damurial eilten, von Betterboe bis Shapisrudla, vom Taylfing nach Quanquanazz.
    „Erhebe dich, Wurm!" zischte Dor-Res Thean und klammerte sich mit den Handschuhen an das Geländer. „Sieh mir in die Augen! Dein Schicksal ist gekommen, dich an deine Schuld zu erinnern."
    Die Gestalt in ihrem Schmutz rührte sich kaum. Ohne Stiefel vermochte er nicht, auf den eigenen Füßen zu stehen.
    „Henker!" krächzte es von

Weitere Kostenlose Bücher