189 - Die Nebelhexe vom Central Park
beiden Armen an ihre knöcherne Brust. Bobby wand sich winselnd unter diesem mörderischen Druck. Er kratzte die Nebelhexe, biß sie in den Hals, doch er erreichte damit nur, daß sie den Druck verstärkte.
Schwarze Kräfte wirkten auf das Tier ein und töteten es.
Als Bobby nicht mehr lebte, warf ihn die Nebelhexe angewidert von sich. Sie verabscheute Tiere wegen ihrer zu geringen Intelligenz. Die waren es nicht wert, von ihr getötet zu werden.
Der Mann im naßgeschwitzten Jogginganzug rief seinen Hund. Sesima entfernte sich mit dem nächsten Windstoß. Sie breitete die Arme aus, ließ die Luft in ihren Nebelumhang fahren und sich forttragen.
Während des Schwebens drehte sie sich und sank waagrecht auf den Boden. Bevor der Mann seinen toten Hund erreichte, verschwand sie in einer Senke.
Der Tod des Joggers stand derzeit nicht auf ihrem Programm.
Fassungslos starrte der Mann auf seinen Hund. »Bobby… aber… wieso…«
Er wankte auf das Tier zu, das mit leeren Lichtern in den Abend starrte, und aus dessen Maul die Zunge hing. Er hatte Bobby als winselndes kleines Häufchen Fell bekommen und sofort in sein Herz geschlossen.
Sie waren gute Freunde gewesen, der Mann und der Hund - unzertrennlich. Und nun stand der Mann erschüttert vor Bobbys Kadaver.
»Wer… hat das…« Ein dicker Kloß steckte im Hals des Mannes. Seine Augen füllten sich mit Tränen. Wen mochte Bobby verbellt haben? Waren es Rowdies gewesen, die sich einen Spaß daraus gemacht hatten, das Tier zu erschlagen? Menschen können so grausam sein, »Ihr herzlosen Schweine!« schrie er in irgendeine Richtung. »Warum habt ihr das getan? Warum mußtet ihr meinen Hund töten? Er hat euch nichts getan!«
Er schob die Hände unter den noch warmen Tierkadaver und hob ihn auf. Bei jedem Schritt baumelte Bobbys Schädel locker hin und her.
Der Mann hatte vor, zur Polizei zu gehen und Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten.
Es würde eine Anzeige von vielen sein…
***
Nalphegar landete auf dem Tafelberg und stieß den Gnom derb nieder. »Versuch das nicht noch einmal!« knurrte der Gehörnte.
Unglücklich blickte Cruv zu dem großen Schwarzblütler hoch. »Was würdest du dann tun? Mich umbringen? Damit würdest du mir einen Gefallen erweisen.«
»Es gibt Schlimmeres als den Tod«, erwiderte Nalphegar. »Qualen, die jenseits deiner Vorstellungskraft liegen. Wenn du sie kennenlernen möchtest, brauchst du mich nur noch einmal zu reizen.«
Cruv war zutiefst enttäuscht. Er hatte so fest damit gerechnet, daß es klappen würde, daß er nun nicht damit fertig wurde, weiterleben zu müssen.
»Du bleibst hier«, erklärte Nalphegar, »für eine sehr lange Zeit.« Er dehnte das Wort ›sehr‹ ganz besonders. »Niemand wird dich finden. Keiner wird deine Ruhe stören. Lebendig begraben wirst du sein.«
»Wovon soll ich mich hier oben ernähren? Du hast doch nicht etwa vor, mich langsam verhungern zu lassen.«
»Magie wird dich am Leben erhalten. Du wirst keine Nahrung brauchen.«
»Hast du vor, auch hier zu bleiben?« fragte Cruv.
»Nein, ich werde in mein Revier zurückkehren.«
Cruv sah ihn erstaunt an. »Du läßt mich ohne Aufsicht hier zurück?«
Der Schwarzblütler lachte rauh. »Du denkst, deinen Selbstmordversuch wiederholen zu können, sobald ich fort bin. Selbstverständlich werde ich dafür sorgen, daß das nicht möglich ist.«
»Wie denn? Wirst du mich hier oben anketten?«
Nalphegar verzerrte seine grauenerregende Fratze zu einem widerlichen Grinsen. »Ich werde dich in einen steinernen Sarg legen.«
***
Wir aßen in Noel Bannisters Suite zu Abend. Das mehrgängige Menü schmeckte hervorragend. Noels zweiter Nachtisch war ein hölzerner Zahnstocher, an dem er unentwegt kaute.
»Ich erwarte eine Eilsendung aus Washington«, eröffnete mir mein amerikanischer Freund. Er grinste. »Ein Päckchen, das es in sich hat. Wie du weißt, steht uns ein Laboratorium zur Verfügung, in dem unsere Spezialisten auf Teufel komm raus experimentieren. Hin und wieder fliegt ihnen die Bude um die Ohren, aber sie sind hart im Nehmen und machen unermüdlich weiter. Meine Kollegen bemühen sich seit geraumer Zeit, einen Geisterdetektor zu entwickeln. Jedes Wesen hat seine eigene Aura, strahlt Energie ab. Wenn es sich um schwarze Energie handelt, sollte der Detektor das melden. So hoffen wir, eines Tages mühelos Geister aufspüren zu können. Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen. Es gibt zwar bereits einen Prototyp des Geräts, aber er ist
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