19 Minuten
hatten, denn dann hätte er gar nicht mit ihr reden dürfen.
Was sie ihm, wie Patrick jetzt klar wurde, die ganze Zeit hatte zu verstehen geben wollen.
May kam mit einer Tüte aus der Küche. »Bitte schön, Pat«, sagte sie. »Bis nächste Woche dann, okay?«
Kr spürte, dass die Richterin ihn anstarrte. »Glückliche Familie«, sagte sie und überreichte ihm den Trostpreis, ein klitzekleines Lächeln.
»Hat mich gefreut, Sie zu sehen, Euer Ehren«, sagte Patrick höflich. Er stieß die Restauranttür mit solcher Wucht auf, dass sie gegen die Außenmauer knallte, und als er auf halbem Weg zu seinem Wagen war, merkte er, dass er eigentlich gar keinen Hunger mehr hatte.
Die Spätnachrichten brachten als Erstes die Meldung von der Anhörung im Kammergericht, die aufgrund des Antrags, Richte-rin Cormier den Fall zu entziehen, anberaumt worden war. Jordan und Selena saßen im Bett und sahen die weinende Mutter eines gelähmten Mädchens vor den Fernsehkameras. »Für unsere Kinder setzt sich niemand ein«, sagte sie. »Und sie sind nicht stark genug, das alles noch mal durchzustehen, wenn der Prozess wegen irgendwelcher juristischer Spitzfindigkeiten neu aufgerollt werden muss...«
»Peter auch nicht«, stellte Jordan fest.
»Cormier wird den Vorsitz behalten, und wenn sie zur Richterbank kriechen muss. Aber sieh's mal von der positiven Seite«, sagte Selena. »Offenbar kann Josies Aussage Peter unmöglich schaden.«
»Mein Gott, du hast recht.« Jordan setzte sich jäh auf. »Das ist genial.«
»Was?«
» Diana wird Josie nicht als Zeugin für die Anklage aufrufen, weil sie ihr nichts nützen kann. Aber was soll mich daran hin-dern , sie als Zeugin für die Verteidigung aufzurufen?«
»Bist du noch bei Trost? Du willst die Tochter der Richterin auf deine Zeugenliste setzen?«
»Warum nicht? Sie war mal mit Peter befreundet. Und Freunde hatte er verdammt wenige. Das ist vertretbar.«
»Du willst sie aber doch nicht wirklich -«
»Nein, ich werde sie bestimmt nicht aufrufen. Aber das muss die Anklägerin ja nicht wissen.« Er grinste Selena an. »Und übrigens ... auch nicht die Richterin.«
»Wenn du Josie auf die Zeugenliste setzt, muss Cormier den Vorsitz abgeben.«
»Genau.«
Selena nahm sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn auf den Mund. »Du bist verdammt gut.«
»Was hast du gesagt?«
»Du hast mich schon verstanden.«
»Stimmt«, grinste Jordan, »aber ich würd's gern noch mal hören.«
Die Decke rutschte herab, als er die Arme um sie schlang. »Du bist unersättlich«, murmelte Selena.
»Aber deshalb hast du dich doch in mich verliebt, oder?«
Selena lachte. »Na ja, Charme und Anmut waren nicht gerade deine Stärken, Schatz.«
Jordan beugte sich über Selena und küsste sie, bis sie - wie er hoffte - vergessen hatte, dass sie ihn gerade auf die Schippe nehmen wollte. »Komm, wir machen noch ein Baby«, flüsterte er.
»Ich stille doch das Erste noch!«
»Dann lass uns üben.«
Seine Frau war einzigartig, dachte Jordan - klassisch schön und hinreißend, klüger als er (was er ihr gegenüber niemals zugeben würde) und so perfekt im Einklang mit ihm, dass er schon fast geneigt war, seinen Skeptizismus aufzugeben und an Seelenverwandtschaft zu glauben. Er vergrub sein Gesicht an der Stelle, die er am meisten an Selena liebte: am Ubergang vom Hals zur Schulter, wo ihre Haut die Farbe von Ahornsirup hatte und noch süßer schmeckte.
»Jordan?«, sagte sie. »Machst du dir manchmal Sorgen um
unsere Kinder? Ich meine ... du weißt schon. Bei deinem Beruf und bei allem, was wir so miterleben?«
Er rollte sich auf den Rücken. »Das Thema ist aber ein echter Stimmungstöter.«
»Im Ernst.«
Jordan seufzte. »Natürlich mache ich mir darüber Gedanken. Ich sorge mich um Thomas. Und Sam. Und wer sonst noch alles kommt.« Er stützte sich auf den Ellbogen, damit er ihre Augen im Dunkeln sehen konnte. »Aber dann denke ich, dass wir sie aus genau dem Grund haben.« Er blickte über Selenas Schulter auf das Babybett. »Vielleicht werden unsere Kinder die Welt endlich verändern.«
Im Grunde hatte Whit Alex' Entscheidung nicht beeinflusst. Sie hatte sie bereits getroffen, ehe sie ihn zum Abendessen traf. Aber er hatte ihr den Balsam geliefert, den sie für ihre Wunden brauchte, die Rechtfertigung, vor der sie selbst sich fürchtete. Sie werden irgendwann einen anderen großen Fall bekommen, hatte er gesagt. Diese Zeit mit Josie bekommen Sie nie wieder.
Sie marschierte entschlossen ins
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