19 Minuten
kochen.
Inzwischen machten Josie die abendlichen gemeinsamen Koch-stunden auch Spaß. Wenn ihre Mutter nicht so tat, als wüsste sie alles (was beim Kochen ein Ding der Unmöglichkeit war), konnte sie ziemlich lustig sein. Und es tat Josie gut, das Gefühl zu haben, eine Situation im Griff zu haben - und wenn es nur darum ging, Schokopudding zu kochen oder die letzten Reste vom Herd und aus dem Topf zu kratzen.
Heute Abend hatten sie Pizza gebacken. Und es hatte auch alles geklappt, bis ihre Mutter die Pizza aus dem Herd nehmen wollte, mit ihr aber gegen den Gitterrost gestoßen war, wo sie unrettbar kleben blieb, woraufhin sie als Notlösung überbacke-nen Käsetoast gegessen hatten.
»Wie hast du das eigentlich alles gelernt?«, wollte ihre Mutter wissen.
Josie zuckte die Achseln und streifte die gelben Plastikhandschuhe ab. »Irgendwann konnte ich keine Suppen mehr sehen«, sagte sie.
»Hatte ich dir nicht eingeschärft, niemals den Herd anzumachen, wenn ich nicht zu Hause bin?«
»Ja, aber ich hab nicht auf dich gehört.«
Als der Herd wieder blitzte und der Topf sauber war, schlug Josie vor: »Wir könnten noch mal von vorn anfangen!«
Als keine Antwort kam, drehte Josie sich um. »Das würde ich gerne«, antwortete ihre Mutter leise, doch in dem Augenblick sprachen beide nicht mehr vom Kochen.
Es klopfte an der Tür, und die Verbindung zwischen ihnen - so flüchtig wie ein Schmetterling, der auf deiner Hand landet - löste sich auf. »Erwartest du jemanden?«, fragte Josies Mutter.
Josie verneinte und ging zur Tür. Als sie aufmachte, stand der Detective vor ihr.
Tauchten Detectives nicht immer nur dann auf, wenn man echt in Schwierigkeiten steckte?
Atme, Josie, sagte sie sich, und als ihre Mutter aus der Küche kam, um nachzusehen, wer da gekommen war, sah sie gleich, dass der Detective eine Flasche Wein in der Hand hielt.
»Oh«, sagte ihre Mutter. »Patrick.«
Patrick?
Josie drehte sich um und sah, dass ihre Mutter rot wurde.
Er hielt ihr die Flasche Wein hin. »Da das hier anscheinend ein dauernder Streitpunkt zwischen uns ist...«
»Ich, äh, ich geh dann mal auf mein Zimmer«, sagte Josie verlegen. »Muss noch lernen.«
Sie rannte die Treppe hinauf, stampfte extra fest auf, um nicht
zu hören, was ihre Mutter sagte. In ihrem Zimmer drehte nie den CD-Player laut, warf sich aufs Bett und starrte zur Decke.
|osie musste immer erst bis Mitternacht zu Hause sein. Früher hatte Matt Josie immer um Mitternacht nach Hause gebracht, und prompt verschwand ihre Mutter nach oben, damit Josie und Matt im Wohnzimmer rumknutschen konnten. Sie hatte keine Ahnung, was ihre Mutter sich dabei gedacht hatte - außer vielleicht, dass es für Josie im Wohnzimmer sicherer war als in einem Auto oder sonst wo. Sie dachte daran, wie sie in der Dunkelheit miteinander verschmolzen, wie sie sich bemühten, möglichst leise zu sein. Das Bewusstsein, dass ihre Mutter jeden Augenblick herunterkommen konnte, um sich ein Glas Wasser oder eine Kopfschmerztablette zu holen, machte alles nur um so erregender.
Um drei oder vier Uhr morgens, wenn Josies Augen trübe waren und ihr Kinn ganz wund von Matts Bartstoppeln, küsste sie ihn noch einmal zum Abschied vor der Haustür. Sie schaute ihm nach, bis die Rücklichter seines Autos verschwanden wie die Glut einer erlöschenden Zigarette. Wenn sie anschließend am Schlafzimmer ihrer Mutter vorbeischlich, dachte sie unweigerlich: Du weißt nichts von mir.
Wenn ich mir von Ihnen schon keinen Drink spendieren lasse«, sagte Alex, »wie kommen Sie dann auf die Idee, dass ich eine ganze Flasche Wein annehmen würde?«
Patrick grinste. »Ich schenke Sie Ihnen ja nicht. Ich werde sie jetzt aufmachen, und vielleicht möchten Sie sich einen Schluck von mir leihen.«
Während er das sagte, kam er ins Haus, als ob er genau wüsste, wo es lang ging. Er trat in die Küche, schnupperte kurz - es roch noch immer nach verbrannter Pizza und Milch - und begann, Schubladen zu öffnen und wieder zu schließen, bis er einen Korkenzieher fand.
Alex verschränkte die Arme, nicht weil ihr kalt war, sondern weil sie sich nicht erinnern konnte, je dieses Licht in sich gespürt zu haben, als würde ihr Körper ein zweites Sonnensystem beherbergen. Sie sah zu, wie Patrick zwei Weingläser aus einem Schrank nahm und sie einschenkte.
»Trinken wir darauf, eine Zivilperson zu sein«, sagte er und hob sein Glas.
Der Wein schmeckte kräftig und satt wie Samt, wie Herbst. Alex schloss die Augen. Sie
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