19 Minuten
sie auch wusste, dass sie nichts tun konnte, um sie anzuhalten.
Sie waren im Wohnzimmer, im Dunkeln, und im Hintergrund sorgte der Fernseher für eine Geräuschkulisse. Matt hatte sie bereits ausgezogen und zog sich jetzt seine Unterhose herunter.
»He«, sagte sie, als er in sie eindringen wollte. »Hast du nicht was vergessen?«
»Ach, Jo. Nur dieses eine Mal, ich will nicht, dass irgendwas zwischen uns ist.«
Seine Worte konnten sie ebenso zum Schmelzen bringen wie seine Küsse oder Berührungen, das wusste sie inzwischen. Außerdem hasste sie den gummiartigen Geruch, der die Luft durchdrang, sobald Matt die Verpackung aufriss, und der ihm an den Händen haftete, bis sie fertig waren. Und außerdem, gab es ein schöneres Gefühl, als Matt in sich zu haben? Josie bewegte sich ein kleines bisschen, spürte, wie ihr Körper ihn aufnahm, und ihre Beine zitterten.
Als Josie mit dreizehn ihre Periode bekam, hatte ihre Mutter nicht das übliche Mutter-Tochter-Gespräch mit ihr geführt. Stattdessen gab sie ihr ein Buch über Wahrscheinlichkeiten und Statistiken. »Bei jedem Geschlechtsverkehr kannst du schwanger werden oder nicht schwanger werden«, sagte ihre Mutter. »Es steht fifty-fifty. Also red dir nicht ein, dass die Wahrscheinlichkeit geringer ist, wenn du es nur ein einziges Mal ungeschützt machst.«
Josie drückte gegen Matt. »Ich glaube, wir sollten das nicht machen«, flüsterte sie.
»Miteinander schlafen?«
»Miteinander schlafen, ohne ... du weißt schon.«
Er war enttäuscht, das merkte Josie an seinem Gesicht, das einen kurzen Moment erstarrte. Doch er zog sich zurück, angelte sich sein Portemonnaie, holte ein Kondom heraus. Josie nahm es ihm weg, riss die Verpackung auf, half ihm, es überzuziehen. »Eines Tages...«, begann sie, und dann küsste er sie, und Josie vergaß, was sie hatte sagen wollen.
Lacy hatte schon im November angefangen, Mais auf der Wiese hinter dem Haus zu verteilen, um dem Rotwild über den Winter zu helfen. Viele Anwohner sahen das nicht gern, aber für Lacy ging es dabei um Karma. Solange Lewis nicht mit dem Jagen aufhören wollte, würde sie auf ihre Art Wiedergutmachung leisten.
Sie zog ihre dicken Stiefel an und trug den Futtereimer bis zu der Doppelschaukel im Garten, auf der die Jungs gespielt hatten, als sie klein waren.
»Hallo, Mom.«
Lacy wandte sich um und sah Peter in der Nähe stehen, die Hände tief in den Jeanstaschen vergraben. Er trug ein T-Shirt und eine Daunenweste, und sie dachte, ihm müsste eiskalt sein. »Hallo, Schätzchen«, sagte sie. »Was ist los?«
Die wenigen Male, die Peter in letzter Zeit aus seinem Zimmer, geschweige denn nach draußen gekommen war, hätte sie wahrscheinlich an einer Hand abzählen können. Sie wusste, dass Pubertierende sich in ihren Höhlen verkrochen und hinter verschlossenen Türen irgendwelche Dinge taten, die Erwachsene nicht nachvollziehen konnten. In Peters Fall spielte der Computer dabei eine wichtige Rolle. Ihr Sohn war ständig online - weniger um im Internet zu surfen als vielmehr um Programme zu schreiben, und gegen dieses Hobby war ja wohl nichts einzuwenden.
»Nichts. Was machst du?«
»Dasselbe, was ich den ganzen Winter mache.«
»Echt?«
Sie schaute ihn an. Vor der Schönheit des frischen Tages wirkte Peter arg deplatziert. Seine zarten Gesichtszüge passten nicht zu dem zerklüfteten Bergkamm im Hintergrund. Seine Haut schien fast so weiß wie der Schnee. Er passte nicht ins Bild, und Lacy wurde klar, dass das eigentlich immer zutraf, wenn sie Peter irgendwo sah.
»Hier«, sagte Lacy und gab ihm den Eimer. »Hilf mir mal.«
Peter nahm den Eimer, grub die Hand hinein und fing an, Mais auf den Boden zu streuen. »Kann ich dich mal was fragen?«
»Klar.«
»Stimmt es, dass du Dad damals gefragt hast, ob er mit dir ausgehen will?«
Lacy grinste. »Allerdings, und wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre wahrscheinlich nichts aus uns geworden. Dein Vater hat allerhand Stärken, aber scharfsichtig ist er nicht gerade.«
Sie hatte Lewis auf einer Demo für das Recht auf Abtreibung kennengelernt. In Lacys Augen gab kein größeres Geschenk, als ein Baby zu bekommen, aber sie war auch Realistin. Sie hatte mit einer Freundin an einem Protestmarsch zum Parlament in Con-cord teilgenommen, wo eine Kundgebung stattfand. Als sie mit anderen Frauen auf den Stufen des Gebäudes stand und den Blick über das Meer von Köpfen und Transparenten schweifen ließ, sah sie mitten in der Menge einen einzigen
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