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19 Minuten

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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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hätte diesen Augenblick gern festgehalten, ihn in die Breite und Länge gedehnt, bis er so viele andere überdeckte, die ihm vorausgegangen waren.
    »Und?«, fragte Patrick. »Wie ist das Arbeitslosendasein?«
    Sie überlegte kurz. »Ich hab heute überbackenen Käsetoast gemacht, ohne ihn anbrennen zu lassen.«
    »Hoffentlich haben Sie zum Beweis ein Foto gemacht.«
    »Nein, die Beweislast liegt bei der Staatsanwaltschaft.« Sie musste kurz lächeln und wurde dann wieder ernst, als sie sich Diana Levens Gesicht vorstellte. »Fühlen Sie sich manchmal schuldig?«, fragte Alex.
    »Wieso?«
    »Weil Sie für eine halbe Sekunde fast vergessen haben, was passiert ist.«
    Patrick stellte sein Weinglas ab. »Manchmal, wenn ich die Beweise durchgehe und einen Fingerabdruck sehe oder ein Foto oder einen Schuh, der einem der toten Kinder gehört hat, nehme ich mir ein bisschen länger Zeit, um ihn zu betrachten. Es ist verrückt, aber es kommt mir so vor, als müsste das jemand tun, damit sie noch ein wenig länger in Erinnerung bleiben.« Er hob den Blick. »Jemand stirbt nicht in dem Augenblick, wo sein Leben aufhört, wissen Sie?«
    Alex hob ihr Weinglas und leerte es in einem Zug. »Erzählen Sie mir, wie Sie Josie gefunden haben.«
    Patrick suchte ihren Blick, und Alex wusste, dass er ihr Recht zu erfahren, was ihre Tochter durchgemacht hatte, gegen seinen Wunsch abwog, ihr eine Wahrheit zu ersparen, die sie bis ins Mark treffen würde. »Sie war im Umkleideraum«, begann er leise. »Und ich dachte ... ich dachte, auch sie wäre tot, weil sie mit dem Gesicht nach unten neben Matt Royston lag und voller
    Blut war. Aber dann hat sie sich bewegt und -« Seine Stimme brach. »Es war das Schönste, was ich je gesehen hab.«
    »Wissen Sie eigentlich, dass Sie ein Held sind?«
    Patrick schüttelte den Kopf. »Ich bin ein Feigling. Ich bin da nur reingerannt, weil ich sonst bis ans Ende meiner Tage Albträume gehabt hätte.«
    Alex fröstelte. »Ich hab Albträume, und ich war nicht mal da.«
    Er nahm ihr das Weinglas weg und studierte ihre Handfläche, als wollte er ihre Lebenslinie lesen. »Probieren Sie es mal damit, nicht zu schlafen«, sagte Patrick.
    Aus der Nähe roch seine Haut nach Immergrün und Minze. Alex spürte das Klopfen ihres Herzens in den Fingerspitzen. Sie stellte sich vor, dass er es auch spürte.
    Sie wusste nicht, was als Nächstes passieren würde - was als Nächstes passieren sollte -, aber es würde spontan sein, unvorhersehbar, unvertraut. Sie wollte sich schon von ihm wegdrehen, als Patricks Hand sie festhielt. »Alex, hör auf, die Richterin zu sein«, flüsterte er, und er küsste sie.
    Als das Gefühl in einem Wirbel von Farbe und Kraft und Sinnlichkeit zurückkehrte, konnte Alex sich nur an ihrem Gegenüber festhalten und hoffen, dass sie es überstehen würde. Sie schloss die Augen und rechnete mit dem Schlimmsten - aber es war nichts Schlechtes; es war bloß anders. Verwirrender, komplizierter. Sie zögerte, und dann erwiderte sie Patricks Kuss, wagte das Eingeständnis, dass man vielleicht die Kontrolle verlieren muss, um endlich das zu finden, was immer gefehlt hat.

Der Monat zuvor
    Wenn du jemanden liebst, gibt es irgendwann ein Muster der Annäherung. Eure Körper entwickeln eine Choreografie: eine Liebkosung am Rücken, ein Streicheln übers Haar. Ein knapper Kuss, ein Lösen voneinander, ein längerer Kuss, seine Hand, die unter dein T-Shirt gleitet. Es wird Routine, aber keineswegs langweilig. Es ist einfach nur die bewährte Art, wie ihr zusammenkommt.
    Matt und Josie hatten ein Muster. Wenn sie zärtlich wurden, beugte er sich immer vor und sah sie an, als könnte er unmöglich noch irgendwas anderes in dieser Welt sehen. Es war hypnotisch, merkte sie, denn nach einer Weile hatte sie irgendwie dasselbe Gefühl. Dann küsste er sie so behutsam, dass sie seine Lippen kaum spürte, bis sie es schließlich war, die sich gegen ihn presste, mehr wollte. Daraufhin glitt er tiefer, vom Mund zum Hals, vom Hals zu ihren Brüsten, und dann schoben sich seine Finger auf Erkundungsmission unter den Bund ihrer Jeans. Nach etwa zehn Minuten, so lang dauerte das Ganze, rollte Matt sich von ihr runter und fischte ein Kondom aus seinem Portemonnaie, damit sie miteinander schlafen konnten.
    Nicht, dass Josie irgendwas daran gestört hätte. Ehrlich gesagt, ihr gefiel dieses Muster. Es fühlte sich an wie eine Achterbahn -die langsam aufwärts rollte und von der sie wusste, was als Nächstes kam. Von der

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