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19 Minuten

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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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leiser zu stellen.
    Josie lag bäuchlings auf dem Bett, ein Kissen über dem Kopf. Als Alex sich neben sie setzte, rührte sie sich nicht. »Möchtest du drüber reden?«, fragte Alex.
    »Nein«, kam Josies gedämpfte Antwort.
    Alex zog ihr das Kissen vom Kopf. »Versuch's mal.«
    »Es ist nur - Gott, Mom - was ist bloß los mit mir? Ich hab das Gefühl, die Welt dreht sich für alle anderen wieder, nur ich komm nicht mehr aufs Karussell. Sogar ihr beide, ihr denkt doch bestimmt auch andauernd an den Prozess, aber schaut euch an, ihr lacht und lächelt, als könntet ihr das, was passiert ist und was noch passieren wird, einfach vergessen. Und ich kann an nichts anderes denken.« Josie schaute zu Alex hoch, und Tränen glänzten in ihren Augen. »Alle machen irgendwie weiter. Alle, nur ich nicht.«
    Alex streichelte Josies Arm. »Einmal«, sagte sie, »als ich noch Pflichtverteidigerin war, hat ein Kollege am Vierten Juli eine große Party gegeben. Ich hab dich mitgenommen, obwohl du erst drei warst. Als das Feuerwerk anfing, hab ich dich einen Moment aus den Augen gelassen, und auf einmal warst du verschwunden. Ich hab in Panik nach dir gerufen, und dann hat dich jemand gesehen - unten, auf dem Grund des Pools.«
    Josie setzte sich auf, gebannt von der Geschichte, die sie noch nie gehört hatte.
    »Ich bin reingesprungen, hab dich rausgezogen und Mund-zu-Mund-Beatmung gemacht. Ich konnte nicht mal sprechen, so panisch war ich. Aber dann hast du die Augen aufgeschlagen und vor lauter Wut um dich gehauen. Du hast gesagt, du hättest nach Meerjungfrauen gesucht, und ich hätte dich dabei gestört.«
    Josie zog die Knie unters Kinn und lächelte. »Echt?«
    Alex nickte. »Ich hab gesagt, das nächste Mal müsstest du mich aber mitnehmen.«
    »Hat's denn ein nächstes Mal gegeben?«
    »Tja, das frag ich dich«, sagte Alex und zögerte kurz. »Man braucht kein Wasser, um das Gefühl zu haben zu ertrinken, nicht?«
    Als Josie den Kopf schüttelte, quollen die Tränen über. Sie rutschte zu ihrer Mutter hinüber und ließ sich von ihr in die Arme schließen.
    Patrick wusste, dass es sein Untergang war. Zum zweiten Mal in seinem Leben hatte er eine Frau und ihr Kind ins Herz geschlossen und vergaß allmählich, dass er doch im Grunde nicht zur Familie gehörte. Er blickte auf die Teller mit den fast unangerührten Portionen von Alex' misslungenem Abendessen und räumte den Tisch ab.
    Der Rest von der gegrillten Lasagne war in der Auflaufform erkaltet und sah aus wie ein Brikett. Er räumte das Geschirr in die Spüle, ließ warmes Wasser einlaufen und griff zum Spüllappen.
    »Meine Güte«, sagte Alex hinter ihm. »Du bist wirklich der perfekte Mann.«
    Patrick drehte sich um und hielt die seifigen Hände hoch. »Schön wär's.« Er nahm ein Geschirrtuch. »Ist Josie -«
    »Ihr geht's gut. Oder zumindest werden wir beide das immer wieder sagen, bis es irgendwann stimmt.«
    »Es tut mir leid, Alex.«
    »Da bist du nicht der Einzige.« Sie setzte sich rittlings auf einen Küchenstuhl und legte eine Wange auf die Lehne. »Ich geh morgen zum Prozess.«
    »Das hab ich mir gedacht.«
    »Denkst du, McAfee könnte tatsächlich einen Freispruch rausschlagen?«
    Patrick legte das Geschirrtuch neben die Spüle und trat zu Alex. Er ging vor dem Stuhl in die Hocke. »Alex«, sagte er, »der Junge ist in die Schule marschiert, als würde er einen Schlachtplan ausführen. Er hat auf dem Parkplatz angefangen und als Ablenkungsmanöver eine Bombe detonieren lassen. Dann ist er nach vorn zum Haupteingang und hat ein Mädchen auf der Treppe niedergeschossen. Er ist in die Cafeteria, hat auf die Schüler geschossen, einige getötet - und dann hat er sich hingesetzt und eine Schale Rice Krispies gegessen, ehe er weiterzog. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Geschworene ihn bei dieser Beweislast freisprechen.«
    Alex starrte ihn an. »Wieso hat Josie so viel Glück gehabt? Wieso ist sie noch am Leben? Ich meine, sie war in der Cafeteria und in dem Umkleideraum. Überall um sie herum sind Leute gestorben. Wieso hat Peter sie nicht erschossen?«
    »Ich weiß es nicht. Es geschehen andauernd Dinge, die ich nicht verstehe.« Er legte seine Hand auf die von Alex, welche die Stuhllehne umklammert hielt.
    Alex sah ihn an, und wieder kam Patrick der Gedanke, dass es für ihn wie der erste Krokus im Schnee war, sie gefunden zu haben - mit ihr zusammenzusein.
    »Wenn ich dich was frage, krieg ich dann eine ehrliche Antwort?«, fragte Alex.
    Patrick

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