19 Minuten
Blickfeld der Kamera. Ein Schuss war zu hören, ein Mädchen kippte von einem der Cafeteriastühle, und ein Blutfleck breitete sich rasch auf ihrer weißen Bluse aus.
Irgendwer kreischte auf, und dann waren immer mehr Schreie zu hören und weitere Schüsse. Peter kam wieder ins Bild, eine Pistole in der Hand. Schüler rannten wild durcheinander, krochen unter Tische. Der Getränkeautomat wurde von Kugeln getroffen und sprühte zischend Limonade über den Boden. Einige Schüler sackten einfach in sich zusammen, andere, die angeschossen worden waren, versuchten wegzukriechen. Ein Mädchen stürzte, wurde von den Fliehenden niedergetrampelt und blieb schließlich reglos liegen. Als nur noch die Verwundeten und die Toten in der Cafeteria waren, drehte Peter sich um die eigene Achse. Er ging einen Gang hinunter, blieb hier und da stehen. Er trat an einen Tisch neben dem, wo Josie gesessen hatte. Er machte eine Packung Rice Krispies auf, die noch auf einem Tablett stand, füllte eine Plastikschüssel damit und goss Milch dazu. Er löffelte die Schüssel aus, dann nahm er ein volles Magazin aus seinem Rucksack, lud die Pistole neu und verließ die Cafeteria.
Diana nahm einen kleinen Plastikbeutel und reichte ihn Patrick. »Erkennen Sie das, Detective Ducharme?«
Die leere Rice-Krispies-Packung. »Ja.«
»Wo haben Sie sie gefunden?«
»In der Cafeteria«, sagte er. »Auf dem Tisch, den Sie eben im Video gesehen haben.«
Patrick warf einen Blick auf Alex im Zuschauerraum. Bis jetzt hatte er sich nicht getraut, weil er fürchtete, sich nicht mehr auf seine Aussage konzentrieren zu können, wenn er daran dachte, wie sehr diese Informationen und Bilder sie erschüttern mussten. Als er jetzt zu ihr hinüberblickte, sah er, wie bleich sie geworden war, wie starr sie auf ihrem Stuhl saß.
»Detective«, sagte Diana, »als sie den Angeklagten im Umkleideraum stellten, was hatte er da in der Hand?«
»Eine Pistole.«
»Haben Sie noch andere Waffen in seiner Nähe gesehen?«
»Ja, eine zweite Pistole, etwa drei Meter von ihm entfernt.«
Diana hielt ein Foto hoch. »Erkennen Sie das?«
»Das ist der Umkleideraum, in dem Peter Houghton festgenommen wurde.« Er deutete auf eine Pistole am Boden, nahe bei den Spinden, und dann auf eine andere ein Stück weiter. »Das ist die Waffe, die er fallen ließ, Pistole A«, erläuterte Patrick, »und das da, Pistole B, ist die andere, die bereits auf dem Boden lag.«
Etwa drei Meter weiter hinten war die Leiche von Matt Royston zu sehen. Eine große Blutlache hatte sich unter seiner Hüfte ausgebreitet, und die obere Hälfte seines Kopfes fehlte.
Einige Geschworene keuchten auf, doch Patrick achtete nicht auf sie. Er starrte Alex an, die nicht auf Matts Leichnam blickte, sondern auf einen Punkt daneben - auf den Blutfleck an der Stelle, wo Josies Stirn den Boden berührt hatte.
Das Leben war eine Abfolge von Wenns - alles wäre anders gekommen, wenn du nur die richtigen Zahlen getippt oder dich für ein anderes College entschieden hättest. Wenn du dein Kind nicht am Morgen des elften September ausnahmsweise selbst zur Schule gebracht hättest. Wenn bloß ein Lehrer einmal Peter gegen irgendwelche Schikanen auf dem Flur in Schutz genommen hätte. Wenn Peter sich die Pistole in den Mund geschoben hätte, anstatt damit auf andere zu schießen. Wenn Josie vor Matt gestanden hätte. Wenn Patrick den Umkleideraum eine Sekunde später erreicht hätte.
Wenn er nicht die Ermittlungen in dem Fall geleitet hätte, wäre er Alex womöglich nie begegnet.
»Detective, wurden diese Waffen auf Fingerabdrücke untersucht?«
»Ja, von unserem kriminaltechnischen Labor.«
»Konnte das Labor verwertbare Fingerabdrücke auf Pistole A finden?«
»Ja, einen, auf dem Griff. Er stammte von Peter Houghton.«
Diana nickte. »Und konnten auch auf Pistole B Fingerabdrücke nachgewiesen werden?«
»Nur ein Teilabdruck am Abzug. Nicht verwertbar.«
»Dann ist also nicht mit Sicherheit feststellbar, von wem dieser Teilabdruck auf Pistole B stammt.«
»Nein.«
»Aber er könnte von Peter Houghton stammen?«
»Ja.«
»Gibt es Hinweise darauf, dass noch jemand anders an diesem Tag in der Sterling Highschool eine Waffe bei sich trug?«
»Nein.«
»Wie viele Waffen wurden letztendlich im Umkleideraum gefunden?«
»Vier«, sagte Patrick. »Die zwei Pistolen und zwei abgesägte Flinten im Rucksack des Angeklagten.«
»Erfolgten außer der Überprüfung auf Fingerabdrücke noch weitere forensische
Weitere Kostenlose Bücher