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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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dir zu hören.
    Doch Josie hatte den Blick abgewendet, und in dem Augenblick war Lacy klar geworden, dass Josie sich in Wahrheit nicht für Peter interessierte. Sie hatte nur freundlich sein wollen.
    Am Ende des Verhandlungstages wurden die Zeugen mit der strengen Auflage nach Hause geschickt, weder Nachrichten zu gucken noch Zeitung zu lesen noch mit irgendwem über den Prozess zu sprechen. Lacy verschwand rasch auf die Damentoilette, während Lewis sich mit den Journalisten rumschlug. Sie wusch sich gerade die Hände, als Alex Cormier hereinkam.
    Der Lärm vom Flur folgte ihr auf dem Fuße und verstummte jäh, als die Tür zufiel. Ihre Blicke trafen sich in dem langen Spiegel über den Waschbecken. »Lacy«, sagte Alex leise.
    Lacy richtete sich auf und griff nach einem Papierhandtuch. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie konnte sich kaum noch vorstellen, je mit Alex Cormier gesprochen zu haben.
    »Es tut mir leid«, sagte Alex. »Es tut mir leid, dass du das durchmachen musst.«
    »Mir tut's auch leid«, entgegnete Lacy.
    Alex sah aus, als wollte sie noch etwas sagen, doch sie schwieg, und Lacy fiel auch nichts ein. Sie war schon an der Tür, als Alex ihr nachrief: »Ich erinnere mich.«
    Lacy wandte sich um und sah sie an.
    »Er hatte immer gern eine Brothälfte mit Erdnussbutter und die andere Hälfte mit Gelee.« Alex lächelte wehmütig. »Und er hatte die längsten Wimpern, die ich je bei einem kleinen Jungen gesehen hab. Er hat immer alles gefunden, was mir runtergefallen war - einen Ohrring, eine Kontaktlinse, eine Haarnadel -, ehe es endgültig verloren ging.«
    Sie machte einen Schritt auf Lacy zu. »Etwas existiert weiter, solange sich jemand daran erinnert, nicht?«
    Lacy starrte Alex unter Tränen an. »Danke«, flüsterte sie und ging, ehe sie vor einer Frau - im Grunde einer Fremden - zusammenbrach, die das konnte, was Lacy nicht mehr schaffte: die Vergangenheit als etwas zu betrachten, das in Ehren gehalten werden konnte und nicht auf Fehler durchkämmt werden musste.
    »Josie«, sagte ihre Mutter auf der Heimfahrt. »Heute wurde vor Gericht eine E-Mail verlesen, die Peter an dich geschickt hatte.«
    Josie sah sie betroffen an. Sie hätte sich denken können, dass das im Prozess zur Sprache kommen würde. Wie hatte sie nur so dumm sein können? »Ich hatte keine Ahnung, dass Courtney sie weitergeleitet hat. Ich hab sie überhaupt erst gesehen , als alle sie schon gelesen hatten.«
    »Das muss peinlich gewesen sein«, sagte Alex.
    »Und wie. Die ganze Schule wusste, dass er in mich verknallt war.«
    Ihre Mutter sah zu ihr rüber. »Ich meinte, für Peter.«
    Josie dachte an Lacy Houghton. Zehn Jahre waren vergangen, aber Josie war doch verblüfft gewesen, wie dünn Peters Mom geworden war. Sie fragte sich, ob Kummer die Zeit beschleunigte. Als Josie noch klein war und oft bei Peter zu Hause spielte, machte Mrs. Houghton ihnen manchmal Kekse aus den verrücktesten Zutaten - Haferflocken und Gummibärchen, Marshmal-lows und Puffreis. Einmal im Winter hatte sie eine ganze Ladung Sand in den Keller gekippt, damit sie dort Burgen bauen konnten. Lacy ließ sie mit Lebensmittelfarbe Gesichter auf ihre Sandwiches malen, machte selbst aus einem Lunch ein Ereignis. Josie war immer gern bei Peter zu Hause gewesen, weil sie glaubte, so müsste sich eine richtige Familie anfühlen.
    Jetzt blickte sie aus dem Fenster. »Du denkst, es ist alles meine Schuld, nicht?«
    »Nein -«
    »Haben sie das heute im Prozess gesagt? Dass Peter geschossen hat, weil ich ihn nicht so mochte ... wie er mich?«
    »Nein. Das hat keiner behauptet. Der Verteidiger hat sich hauptsächlich darauf konzentriert, dass Peter ständig schikaniert worden ist. Dass er nicht viele Freunde hatte.« Ihre Mutter hielt an einer roten Ampel und wandte sich ihrer Tochter zu. »Warum hast du eigentlich aufgehört, dich mit Peter zu treffen?«
    Unbeliebt sein war eine ansteckende Krankheit. Josie erinnerte sich noch an Peter in der Grundschule, wie er aus der Aluverpackung seines Sandwiches eine kleine Mütze mit Antennen gebastelt hatte, die er auf dem Spielplatz trug, um Funksignale von Außerirdischen zu empfangen. Er hatte gar nicht gemerkt, dass sich alle über ihn lustig machten. Wie immer.
    Auf einmal sah sie ihn wieder vor sich, wie er erstarrt in der Cafeteria stand und seine Blöße mit den Händen bedeckte, die Hose unten um die Fußknöchel. Sie musste an Matts Bemerkung hinterher denken: Gelobt sei der Erfinder des Mikroskops.
    Peter

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