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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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ist.«
    »Das ist gemein«, sagte Josie.
    Peter zuckte die Achseln. »Alles ist gemein.«
    Niemand war überraschter als Alex, als sie die Nachricht erhielt, dass die Gouverneurin von New Hampshire vorhatte, sie aus einer kurzen Liste von drei Kandidaten zur Bezirksrichterin zu ernennen. Zwar war abzusehen gewesen, dass Jeanne Shaheen -eine junge, demokratische Gouverneurin - den Posten mit einer jungen, demokratischen Frau besetzen würde, doch Alex war noch immer leicht schwindelig von der Nachricht, als sie zu ihrem Vorstellungsgespräch erschien. Das Gespräch verlief gut und zügig und nach kurzer Zeit erhob sich die Gouverneurin und schüttelte Alex die Hand. »Ich glaube, wir werden gut miteinander auskommen«, sagte sie.
    Da Maine und New Hampshire als einzige Bundesstaaten noch einen Exekutivrat hatten, ein Gremium, das als Kontrollinstanz für das Gouverneursamt fungierte, musste Alex in den vier Wochen zwischen ihrer Ernennung und der Bestätigungsanhörung fünf Republikaner versöhnlich stimmen.
    Alex musste Leumundszeugen finden und sich auf eine Anhörung im State House vorbereiten. Am betreffenden Tag parierte sie private und fachliche Fragen, bis sie ins Schwitzen geriet.
    Ms. Cormier, wer hat das Recht, über einen anderen Menschen zu urteilen?
    »Nun«, sagte sie. »Das hängt ganz davon ab, ob urteilen im moralischen oder gesetzlichen Sinne gemeint ist. Niemand hat das Recht, über einen anderen ein moralisches Urteil zu fällen. Aber im gesetzlichen Sinne ist es kein Recht, sondern eine Verantwortung.«
    Wie ist vor diesem Hintergrund Ihre Haltung zu Schusswaffen?
    Alex zögerte. Sie war gegen Schusswaffen. Sie wusste nur zu gut, was passieren konnte, wenn gestörte, wütende oder geschlagene Menschen eine Waffe in die Hand bekamen - sie hatte solche Leute schon viel zu häufig vor Gericht vertreten.
    Aber sie war hier in New Hampshire, einem konservativen Bundesstaat.
    Alex nahm einen Schluck Wasser. »In gesetzlicher Hinsicht«, sagte sie, »befürworte ich das Recht auf den Besitz von Schusswaffen.«
    Alex und Lacy hatten ihren Kaffee ausgetrunken. »Wir müssen los, ich hab noch einiges zu erledigen«, sagte Alex, stand auf und steckte den Kopf aus Lacys Küche: »Josie! Ich zähl bis zehn, dann bist du bitte unten!«
    Sie stellte ihre Tasse in die Spüle.
    »Beim nächsten Mal zeigst du mir deine Richterrobe, okay?«, sagte Lacy.
    »Mach ich.« Alex lachte. Dann rief sie erneut nach oben: »Josie! Sieh zu, dass du runterkommst.«
    Lacy folgte Alex in die Diele. »Peter! Josies Mutter will gehen!« Als die Kinder nicht reagierten, stieg Lacy die Treppe hoch. »Wahrscheinlich haben sie sich versteckt.«
    Alex wollte ihr gerade nachgehen, da hörten sie Stimmen aus dem Keller.
    »Ist die schwer«, sagte Josie.
    »Hier. Probier die mal«, forderte Peter sie auf.
    Alex ging die Holztreppe hinunter. Der Keller war ein altes Gemäuer voller Spinnweben. Sie folgte dem Geflüster, das aus einer Ecke kam, und hinter gestapelten Kisten und einem Regal mit Einmachgläsern hockte Josie mit einer Flinte in der Hand.
    »Großer Gott«, entfuhr es Alex, und Josie schwang herum und richtete den Lauf auf ihre Mutter.
    Lacy, die Alex gefolgt war, riss dem Mädchen die Waffe aus der Hand. »Wo habt ihr die her?«, fragte sie, und erst in diesem Augenblick schienen Peter und Josie zu begreifen, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.
    »Peter«, sagte Josie. »Er hat einen Schlüssel.«
    »Einen Schlüssel?«, rief Alex. »Was für einen Schlüssel?«
    »Den Schlüssel zum Gewehrschrank«, murmelte Lacy. »Er muss gesehen haben, wie Lewis eine Flinte herausgeholt hat, als er letztes Wochenende auf die Jagd gegangen ist.«
    »Meine Tochter kommt Gott weiß wie lange schon zu euch nach Hause, und ihr habt hier Gewehre rumliegen?«
    »Sie liegen nicht rum«, sagte Lacy. »Sie sind sicher in einem Waffenschrank eingeschlossen.«
    »Den euer fünf Jahre alter Sohn öffnen kann!«
    »Lewis bewahrt die Patronen immer -«
    »Wo auf?«, fiel Alex ihr ins Wort. »Soll ich Peter fragen?«
    Lacy wandte sich an Peter. »Wie bist du nur auf diese dumme Idee gekommen?«
    »Ich wollte sie nur Josie zeigen, Mom. Sie hat danach gefragt.«
    Josie sah verängstigt auf. »Hab ich gar nicht.«
    Alex drehte sich um. »Jetzt gibt dein Sohn auch noch Josie die Schuld.«
    »Oder deine Tochter lügt«, entgegnete Lacy.
    Sie starrten einander an. Alex' Gesicht war gerötet. Was, wenn sie fünf Minuten später gekommen wären? Was, wenn

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