19 Minuten
Gespräche über Themen wie, warum Wer die Nachtigall stört vielleicht der beste Roman aller Zeiten war; woran man merkte, wenn man sich verliebt hatte; sogar über Josies Vater. Doch dann bekam Alex einen komplizierten Fall auf den Tisch, der sie eine Woche lang zwang, Überstunden zu machen. Und Josie konnte auch wieder durchschlafen, statt mitten in der Nacht schreiend aufzuwachen. Alex und Josie fanden zur Normalität zurück, als würde eine Nachricht, die sie einst in den Sand geschrieben hatten, von den Wellen fortgespült.
Peter hasste Fußball, obwohl er in der Mittelstufenmannschaft war. Ein wohlmeinender Coach hatte ihm eine Chance geben wollen, damit Peter an Selbstvertrauen gewann. Und seine Mutter hatte die Idee großartig gefunden und wollte nichts von Peters Einwänden hören. So kam er in den zweifelhaften Genuss, eine ganze Saison lang am Training teilzunehmen, wo er doch nur Pässe verfehlte oder sinnlos dem Ball nachrannte oder auf den Fußballplätzen der Schulen im ganzen Grafton County zweimal die Woche bei einem Auswärtsspiel die Ersatzbank wärmte, weil aber auch nicht der geringste Fortschritt zu erkennen war.
Nur eines fand Peter noch unerträglicher als Fußball, und das war das Umziehen vorher. Nach der Schule verdrückte er sich entweder unter einem Vorwand zu seinem Spind oder hatte dem Lehrer noch eine Frage zu stellen, sodass er erst in der Kabine auftauchte, wenn die anderen aus der Mannschaft sich bereits draußen warmmachten. Dann konnte er sich in Ruhe ausziehen, ohne sich blöde Bemerkungen über seine mickrige Brust anhören oder sich gefallen lassen zu müssen, dass ihm irgendwer die Unterhose zwischen die Pobacken zog. Sie nannten ihn Peter Homo statt Peter Houghton, und selbst wenn er allein in der Kabine war, konnte er hören, wie sie sich draußen über ihn lustig machten.
Nach dem Training konnte er meist dadurch Zeit schinden, dass er die Bälle einsammelte und sich beim Coach nach den nächsten Spielterminen erkundigte. Bestenfalls waren alle schon auf dem Weg nach Hause, wenn er den Duschraum betrat. Aber heute war genau am Ende des Trainings ein Gewitter aufgezogen, und der Coach hatte alle gleichzeitig vom Platz in die Kabine gescheucht.
Peter ging langsam zu seinem Spind. Etliche Jungs strebten schon Richtung Duschen, ein Handtuch um die Taille gewickelt. Drew war dabei, und sein Freund Matt Royston. Sie lachten, schlugen sich gegenseitig so fest sie konnten auf die Arme.
Peter drehte den anderen den Rücken und schälte sich aus seinem Trikot, bedeckte dann rasch seine Blöße mit einem Handtuch. Das Herz schlug ihm bis zum Halse. Er konnte sich gut vorstellen, was die anderen sahen, wenn sie ihn anschauten, denn er sah es auch, im Spiegel: Haut so weiß wie ein Fischbauch, knochige Wirbel, Arme ohne einen einzigen sichtbaren Muskel.
Als Letztes setzte Peter die Brille ab und legte sie auf das Regal in seinem Spind. Jetzt sah er alles angenehm verschwommen.
Mit gesenktem Kopf ging er in den Duschraum, zog in allerletzter Sekunde sein Handtuch vom Körper. Matt und Drew seiften sich bereits ein. Peter ließ sich das Wasser auf die Stirn prasseln. Er stellte sich vor, er wäre ein Abenteurer auf irgendeinem Wildwasserfluss und würde in einen Strudel gezogen.
Als er sich über die Augen wischte und umdrehte, konnte er die unscharfen Konturen der Körper von Matt und Drew sehen. Und den dunklen Fleck zwischen ihren Beinen - Schamhaar.
Peter hatte noch keines.
Matt drehte sich plötzlich zur Seite. »He, Mann. Hör auf, mir auf den Schwanz zu glotzen.«
»Schwule Sau«, sagte Drew.
Peter wandte sofort den Blick ab. Was, wenn sie recht hatten? Was, wenn das der Grund war, warum er ausgerechnet dahin geguckt hatte?
»Ich hab dich gar nicht angeglotzt«, sagte Peter empört. »Ich kann sowieso nichts sehen.«
Drew lachte schallend auf. »Vielleicht ist deiner zu klein, Mattie.«
Plötzlich packte Matt Peter an der Gurgel. »Ich hab meine Brille nicht auf«, krächzte Peter. »Deshalb.«
Matt ließ ihn los, stieß Peter gegen die Wand, angelte dann Peters Handtuch vom Haken und warf es ihm in das prasselnde Wasser vor die Füße.
Peter hob es auf und wickelte es sich um die Taille. Es war klatschnass, und er weinte, hoffte aber, dass es ihm nicht anzumerken war, weil ja auch alles andere an ihm triefte. Alle gafften.
Als er zu seinem Spind hastete, stand Matt davor. Peter kniff die Augen zusammen, um zu sehen, was Matt da machte, und dann hörte er es:
Weitere Kostenlose Bücher