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19 Minuten

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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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mitspielst, wird er schon sehen, was er an dir hat.« Sie tätschelte ihm das Knie. »Ich warte im Auto auf dich.«
    Die anderen Spieler lachten, als er sich an ihnen vorbeidrängte. »Muttersöhnchen«, feixten sie. »Kannst du eigentlich irgendwas allein, Homo?«
    In der Kabine setzte er sich auf die Bank und zog die Fußballschuhe aus. Er hatte ein Loch vorn in einer Socke, und er starrte darauf, als wäre er darüber völlig erstaunt, und nicht, weil er mit aller Macht versuchte, nicht loszuheulen.
    Er zuckte erschrocken zusammen, als sich jemand neben ihn setzte. »Peter«, sagte Derek. »Alles in Ordnung?«
    Peter wollte Ja sagen, bekam die Lüge aber nicht durch seine Kehle.
    »Woran merkst du, dass ein Fußballspieler an deinem Computer war?«, fragte Derek.
    Peter schüttelte den Kopf.
    »Tipp-Ex auf dem Monitor.« Derek grinste. »Bis Montag.«
    Courtney Ignatio war eine Spaghetti-Träger-Tussi. Josie nannte alle Mädchen so, die bauchfreie Tanktops trugen und für Schüleraufführungen Tänze zu Songs wie »Bootylicious« und »Lady Marmalade« einstudierten. Courtney war auch die Erste in der siebten Klasse, die ein Handy bekam. Es war pink, und manchmal klingelte es sogar während des Unterrichts, doch kein Lehrer wurde deshalb sauer.
    Als sie mit Courtney zusammen ein Referat über den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg halten sollte, hatte Josie gestöhnt - sie war sicher, dass alles an ihr hängenbleiben würde. Doch Courtney hatte sie für die Arbeit am Referat zu sich nach Hause eingeladen, und jetzt saß Josie auf ihrem Bett, aß Schokoplätzchen und sortierte Karteikarten.
    »Was ist?«, fragte Courtney, nach einer Weile.
    »Was soll sein?«
    »Wieso ziehst du so ein Gesicht?«
    Josie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Vielleicht weil dein Zimmer so total anders ist als meins.«
    Courtney blickte sich erstaunt um. »Wie anders?«
    Courtney hatte einen lila Flokati und Perlenlampen mit hauchdünnen Seidentüchern drum rum, die stimmungsvolles Licht erzeugten. Oben auf ihrer Kommode lagen lauter Make-up-Utensilien. Ein Poster von Johnny Depp klebte an der Tür, und auf einem Regal stand eine Stereoanlage. Sie hatte sogar einen eigenen DVD-Player.
    Josies Zimmer war dagegen spartanisch eingerichtet. Sie hatte ein Bücherregal, einen Schreibtisch, eine Kommode und ein Bett mit einer stinknormalen Steppdecke, während die von Courtney aus Satin war.
    »Einfach anders«, sagte Josie.
    »Meine Mom ist Dekorateurin. Sie glaubt, die Einrichtung hier ist der Traum eines jeden Mädchens.«
    »Auch deiner?«
    Courtney zuckte die Achseln. »Ich finde, hier sieht's ein bisschen aus wie in einem Edelpuff, aber ich will sie nicht enttäuschen. So, ich hol rasch meine Schultasche, dann können wir loslegen.«
    Als sie nach unten verschwand, fiel Josies Blick auf den Spiegel, und sie musterte sich. Wie magnetisch angezogen, ging sie zur Schminkkommode und inspizierte all die Döschen und Fläschchen. Ihre Mutter schminkte sich nur selten - höchstens mal Lippenstift. Josie nahm ein Mascarafläschchen und schraubte die Kappe ab, fuhr dann mit dem Finger über das schwarze Bürstchen. Sie öffnete ein Parfümflakon und schnupperte daran.
    Im Spiegel sah sie, wie das Mädchen, das genauso aussah wie sie, einen Lippenstift nahm und etwas davon auftrug. Ihr Gesicht bekam einen Hauch Farbe, wirkte lebendiger.
    War es wirklich so einfach, jemand anderer zu werden?
    »Was machst du denn da?«
    Josie fuhr zusammen, als sie Courtneys Stimme hörte. Sie sah im Spiegel, wie Courtney näher kam.
    »Ent... schuldige«, stammelte Josie.
    Zu ihrer Verblüffung grinste Courtney Ignatio. »Quatsch«, sagte sie, »ich finde, das steht dir.«
    Joey bekam bessere Noten als sein kleiner Bruder; er war auch besser im Sport. Er war witziger, gescheiter, begabter und bei allen beliebt. Nur eines konnte Joey nicht, nämlich Blut sehen.
    Aus diesem Grund war er auch nie mit seinem Vater auf die Jagd gegangen, obwohl Lewis seinen Jungs versprochen hatte, ihnen das Schießen beizubringen, sobald sie zwölf wurden.
    Den ganzen Herbst über hatte Peter diesem Wochenende ent gegengefiebert. Er hatte sich über das Gewehr informiert, das sein Vater ihm geben wollte - eine Winchester 94, die sein Vater benutzt hatte, ehe er sich für die Rotwildjagd eine Reming-ton 721 zulegte. Jetzt, um 4 Uhr 30 am Morgen, konnte Peter noch immer kaum glauben, dass er es tatsächlich in den Händen hielt. Er schlich hinter seinem Vater her durch den Wald, und

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