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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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benutzte.
    Joey warf ihm einen Blick zu. »Verschwinde, Schwuli«, befahl er, und Peter eilte hinaus auf den Flur, fragte sich, ob es überhaupt möglich war zu verschwinden, wenn man sein ganzes Leben nie richtig da gewesen war.
    Die beiden Männer, die vor Alex' Richterbank standen, wohnten in einem Zweifamilienhaus, konnten sich aber gegenseitig nicht ausstehen. Der eine, Arliss Undergroot, ein Trockenbauer mit tätowierten Armen, zahllosen Piercings und geschorenem Kopf, wohnte unten, Rodney Eakes, Bankangestellter, Vegetarier und stolzer Besitzer einer kostbaren Schallplattensammlung, wohnte oben. Einige Monate zuvor hatte Rodney einen Ballen Heu gekauft, um damit seinen Gemüsegarten zu mulchen, war aber nicht dazu gekommen, weshalb der Heuballen vor Arliss' Veranda vor sich hin moderte. Als Rodney Arliss' Bitte, das Heu endlich zu entfernen, nicht schnell genug nachkam, nahm Arliss die Sache selbst in die Hand und verteilte das Heu mit Hilfe seiner Freundin im Vorgarten. Rodney rief die Polizei, und die nahm Arliss tatsächlich wegen grober Sachbeschädigung fest.
    »Wieso verschwenden wir Steuergelder für so eine Bagatelle?«, fragte Alex.
    Der Anklagevertreter zuckte die Achseln.
    Eine Verurteilung in diesem Fall würde bedeuten, dass Arliss für den Rest seines Lebens vorbestraft war. Er mochte ja ein unangenehmer Nachbar sein, aber stand das im Verhältnis zu seinem Vergehen?
    »Wie viel hat der Ballen Heu gekostet?«, erkundigte Alex sich beim Ankläger.
    »Vier Dollar, Euer Ehren.«
    Dann blickte sie den Beklagten an. »Haben Sie so viel Geld bei sich?«
    Arliss nickte.
    »Gut. Das Verfahren gegen Sie wird eingestellt, falls Sie zur Zahlung von vier Dollar in bar an den Geschädigten bereit sind. Geben Sie dem Officer da drüben vier Dollar, und der überbringt sie Mr. Eakes hinten im Saal. Die Sitzung ist geschlossen.«
    Zurück in ihrem Büro zog Alex die Robe aus, schnappte sich ihre Schachtel Zigaretten und ging nach unten zum Personalausgang, um eine zu rauchen. An manchen Tagen machte sie ihre Arbeit wirklich gern, an anderen fragte sie sich, was das Ganze sollte.
    Sie sah Liz, die Hausmeisterin, die das Laub auf dem Rasen zusammenharkte. »Kommen Sie, rauchen Sie eine mit mir«, sagte Alex.
    »Was ist los mit Ihnen?«
    »Was soll mit mir los sein?«
    »Sie haben mir noch nie eine Zigarette angeboten.«
    Alex ging zu ihr und lehnte sich gegen einen Baum. »Ich hab den ganzen Morgen mit Fällen vertan, die nie hätten vor Gericht kommen dürfen, und jetzt hab ich auch noch höllische Kopfschmerzen.«
    Liz blickte betrübt in die Krone des Baums, als ein Windstoß eine neue Ladung Laub auf das frisch geharkte Gras beförderte. »Alex«, sagte sie. »Darf ich Sie mal was fragen?«
    »Klar.«
    »Wann waren Sie zuletzt mit jemandem im Bett?«
    Alex klappte der Unterkiefer herunter. »Ich weiß nicht, was das mit -«
    »Die meisten Leute können es kaum erwarten, von der Arbeit wieder nach Hause zu kommen, um das zu tun, was ihnen wirklich Spaß macht. Bei Ihnen ist es umgekehrt.«
    »Das stimmt nicht. Josie und ich -«
    »Was habt ihr zwei am Wochenende Schönes gemacht?«
    Alex hob ein Blatt auf und zerriss es. In den letzten drei Jahren hatten Josies soziale Kontakte einen furiosen Aufschwung erlebt.
    Ständig hing sie am Telefon, übernachtete bei Freundinnen oder verabredete sich zum Kino. Dieses Wochenende war Josie shop-pen gewesen, mit Haley, die eine Klasse über ihr war und gerade den Führerschein gemacht hatte. Alex hatte zwei Urteilsbegründungen geschrieben, und den Kühlschrank geputzt.
    »Am besten wär's, ich würde Ihnen ein Blind Date verschaffen«, sagte Liz.
    Als Peter den Job im QuikCopy bekam, bestand seine Arbeit in erster Linie darin, für Dozenten am Sterling College Seminarmaterial zu vervielfältigen. Er wusste, wie man verkleinerte, beidseitig kopierte und Toner nachfüllte.
    Mit dem Geld, das er in dem Job verdiente, wollte er sich einen neuen Computer kaufen, einen mit einer besseren Grafikkarte für das Design der Spiele, an denen er und Derek in letzter Zeit arbeiteten. Es war für Peter immer wieder ein kleines Wunder, wenn eine scheinbar sinnlose Kette von Befehlen plötzlich einen Ritter oder ein Schwert oder eine Burg auf den Bildschirm zauberte.
    Als sein Boss in der Woche zuvor verkündet hatte, er habe noch jemanden von der Sterling High eingestellt, war Peter so nervös geworden, dass ihm schlecht wurde. So stupide der Job auch war, hier fühlte er sich wohl.

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