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Titel: 19 Minuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Josie mit seinem Lächeln ansteckte. »Du bist echt gut«, sagte sie.
    Josie mochte die Art, wie Mr. McCabe Mathe gab. In dieser Woche ging es um Grafiken. Jeder Schüler musste eine Grafik zu einem Thema seiner Wahl erstellen und sie dann der Klasse erklären. Gestern war Matt an der Reihe gewesen, und er hatte das relative Alter der Hockeyspieler in der Profiliga dargestellt. Josie hatte eine Umfrage unter ihren Freunden gemacht, um herauszufinden, ob es ein Verhältnis zwischen dem Zeitaufwand für Hausaufgaben und dem Notendurchschnitt gab.
    Heute war Peter Houghton dran. Er hatte ein Tortendiagramm erstellt. Die einzelnen Tortenstücke hatten unterschiedliche Farben und waren beschriftet. Oben drüber stand in großen Lettern: BELIEBTHEIT.
    »Dann schieß mal los, Peter«, sagte Mr. McCabe.
    Peter wirkte aufgeregt, aber so wirkte er in der Schule eigentlich immer. Seit Josie im Copyshop arbeitete, redeten sie wieder miteinander, aber nur dort. In der Schule gab es zu viele Beobachter.
    Als sie noch Kinder waren, hatte Peter nie gemerkt, wenn er die Aufmerksamkeit der anderen auf sich zog. Zum Beispiel, wenn er in der Pause nur noch Marsmenschensprache sprach. Positiv betrachtet, dachte Josie, versuchte Peter nie, so zu sein wie alle anderen. Was sie von sich nicht behaupten konnte.
    Peter räusperte sich. »In meiner Grafik geht es um Status an unserer Schule. Als statistisches Beispiel habe ich die vierundzwanzig Schüler dieses Kurses genommen. Hier seht ihr« - er zeigte auf einen Bereich der Torte - »dass knapp ein Drittel Schüler beliebt sind.«
    Sieben Tortenstücke waren violett eingefärbt, die Farbe der Beliebtheit, und in jedem stand ein anderer Schülername. Da waren Matt und Drew. Ein paar Mädchen, die immer die Mittagspause mit Josie verbrachten. Aber auch der Klassenclown, wie Josie bemerkte, und der Neue, der gerade aus Washington hergezogen war.
    »Das hier sind die Strebertypen«, sagte Peter, und Josie sah den Namen des Klassenprimus und den des Mädchens, das im Schulorchester Tuba spielte. »Die größte Gruppe ist die der sogenannten Normalen. Und rund fünf Prozent sind absolute Außenseiter.«
    Die ganze Klasse war mucksmäuschenstill geworden.
    Mr. McCabe räusperte sich. »Peter, ich denke, du und ich sollten -«
    Matts Hand schoss nach oben. »Mr. McCabe, ich hätte da eine Frage.«
    »Matt-«
    »Nein, ehrlich. Das schmale Stückchen da, das orangene. Wofür soll das stehen?«
    »Ach so«, sagte Peter. »Das ist eine Brücke. Jemand, der in mehr als eine Kategorie passt oder verschiedenen Gruppen angehört. Wie Josie.«
    Er sah sie strahlend an, und Josie spürte alle Blicke auf sich, ein Hagel von Pfeilen. Sie beugte sich über ihren Tisch, wie eine welke Rose, ließ sich das Haar vors Gesicht fallen. Es war ein verdammt großer Unterschied, ob die Leute einen ansahen, weil sie so sein wollten wie du oder weil sie durch dein Unglück eine Stufe höher rutschten.
    Einigen würde wieder einfallen, dass sie auch mal eine Außen-seitcrin gewesen war, mit Peter befreundet. Oder sie würden annehmen, Peter wäre in sie verknallt, wie abartig. Ein Raunen ging durch die Klasse. Freak, flüsterte jemand, und Josie betete, betete, betete, dass nicht sie gemeint war.
    In diesem Moment ertönte der Schulgong. Die Stunde war zu Ende.
    »Na, Josie«, sagte Drew, »bist du jetzt die Brooklyn Bridge oder die Golden Gate?«
    Josie stopfte hastig ihre Bücher in die Tasche, dabei fiel ihr eins zu Boden. »London Bridge«, kicherte John Eberhard. »Siehste doch, >London Bridge is falling down.<«
    Jemand half ihr, die Bücher aufzuheben, und dann merkte sie, dass es Peter war. »Nicht«, sagte Josie und hob eine Hand, ein Kraftfeld, das Peter erstarren ließ. »Sprich nie wieder mit mir, okay?«
    Auf den Gängen bog sie blicklos um die Ecken, bis sie den kleinen Flur erreichte, der in den Werkraum führte. Josie war so naiv gewesen, dass sie geglaubt hatte, wirklich dazuzugehören, fest verankert zu sein. Aber drinnen gab es nur, weil irgendwer einen Strich im Sand gezogen hatte, damit alle anderen draußen waren, und dieser Strich verschob sich unaufhörlich. Es konnte passieren, dass man unversehens und völlig schuldlos auf der falschen Seite stand.
    Peters Grafik hatte gezeigt, wie zerbrechlich Beliebtheit war. Und absurderweise war sie ja längst gar keine Brücke mehr, sie hatte sich komplett auf die Seite ihrer Clique geschlagen. Sie hatte andere ausgeschlossen, um dahin zu gelangen, wo sie

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