1908 - Asyl im Eismeer
mit fester Nahrung.
Sie führten eine relativ geringe Grundmasse in den Schiffen mit, da die Ernährung im Weltraum hauptsächlich auf Recycling basierte. In den beschädigten Schiffen waren die Recyclingschleifen jedoch unterbrochen.
Außerdem benötigten Recyclingvorgänge Energie - und die wiederum war nur beschränkt vorhanden.
Ein weiteres Problem: Setchenische Reaktoren und Batterien entsprachen nicht dem neuesten Stand der Technik.
Was man auf dem freien Markt von Salmenghest kaufen mußte, war teuer.
Entsprechend präsentierte sich die Ausrüstung in den Fähren.
Zahlreiche Geräte waren zu Bruch gegangen, einige hatten die Brände in den Schiffen wohl erst ausgelöst. Und was an Ausschußware noch übrig war, brachte nicht genügend Leistung. 95 Prozent aller Betriebsstoffe hatte der Flug über die rund neun Lichtjahre Distanz gefressen. Sie hatten sich mit untauglichen Mitteln auf eine gefährliche Reise begeben.
Nun mußten sie die Konsequenzen tragen. „Moment mal ... !"
Die Kommandantin ging in ihrer Liste zurück. Ihr fiel auf, daß sie sich zu Anfang verrechnet hatte.
Energie und Wasser hingen eng zusammen.
Sie hatte vorausgesetzt, man könne nach Belieben Schnee tauen lassen und das Wasser trinken. Daß der Tauvorgang künstliche Wärme benötigte, darauf kam sie jetzt erst.' Den nötigen Strom hatten sie nicht mehr übrig, also schien es ihr klüger, die Wasserversorgung ebenfalls zu rationieren.
Einen weiteren Faktor stellten die Medikamente dar.
Verhaybb überschaute weder, wie viele Verletzte sie hatten noch welche medizinische Pflege zur Verfügung stand. Bewusst stellte sie den Punkt hintenan. Solange es keine Seuche gab, würden sie irgendwie über die Runden kommen.
Und der letzte Punkt, Maschinen und Rohstoffe, war nicht mehr als ein schlechter Witz. Beides war in der Flotte nicht vorhanden.
Die Kommandantin wußte jedoch, daß sie niemandem einen Vorwurf machen konnte.
Sämtliche Mängel gingen auf die selbe Ursache zurück: Als sie gestartet waren, hatten sie eine simple Kosten-Nutzen-Rechnung aufgemacht. Jede Tonne Nahrung, die sie zusätzlich transportierten, jede Baumaschine, jede Tonne Rohstoff kostete zehn Setchenen das Leben.
Sie hatten so viele Setchenen wie möglich eingeladen - und sich dafür eine ungewisse Versorgungslage eingehandelt.
Die Kommandantin erinnerte sich gut an den Beginn der Reise. Natürlich hatten sie gewußt, daß Nahrung ein kritischer Faktor sein würde.
Sie hatten gewußt, daß Triebwerke ausfallen konnten.
Om Verhaybb würde die Entscheidung dennoch wieder genauso treffen. Sie hatten auf Hilfe gerechnet und nicht auf dieses Desaster. Außerdem, sagte sie sich, war es noch nicht zu Ende. Sämtliche Maßnahmen konnten sich noch als richtig erweisen.
Sie legte sich für ein paar Stunden schlafen.
In der Zentrale der ZOOMAND war es mittlerweile kalt geworden; das Heizverbot galt für Verhaybbs Flaggschiff ebenso wie für alle anderen.
Unter einem Stapel Decken redete sie sich ein, es herrsche angenehme Wärme.
Als sie aufstand, fühlte sie sich matt und durchgefroren. Ihre Kleinarme, die aus der Brust ragten, waren nur sehr schwer beweglich.
Den anderen Setchenen in der Zentrale ging es ebenso, das konnte sie sehen. Dennoch plante sie, die Zustände in der ZOOMAND weiter zu verschärfen. Om Verhaybb beauftragte einige Techniker, aus dem Flaggschiff Stromleitungen zu den Fähren der Umgebung zu legen Die ZOOMAND war überfüllt wie alle Schiffe.
Aber was, wenn es ihnen gelang, mit ihrem Strom andere Schiffe zu beheizen?
Die Ausführung nahm viele Stunden in Anspruch. Dann stand fest, daß sie das erforderliche Material nicht zusammenbekamen. Sie konnten keine Leitung legen, die die erforderliche Länge und Stärke besaß.
Gegen Abend gab es die ersten Erfrierungsopfer. Es traf vier eingeschlossene Setchenen in einem Wrack, nahe an der Außenwandung.
Man hatte ihren Aufenthaltsort gekannt, jedoch mit der Befreiung bis zum kommenden Tag warten wollen, da anscheinend keine unmittelbare Gefahr vorlag.
Als die Helfer den zerstörten Frachtraum erreichten, wurden dort minus dreißig Grad gemessen.
*
Mein Blick wanderte häufig nach oben an den Himmel: Zwölf Schlachtschiffe in roten Schirmfeldhüllen wachten über das Setchenen-Camp.
Wahrscheinlich hatten sie die Aufgabe, uns auszuhungern. Sie machten keine Anstalten, in der nächsten Zeit ihren Posten aufzugeben.
Wie es aussah, würde der Plan funktionieren. Der Tod der
Weitere Kostenlose Bücher