1954 - Flugziel Chearth
fünfzig energetisch zwischen den Modulen der GILGAMESCH verankerten 100-Meter-Kreuzer, wartete auf ihren Einsatz in Chearth. Für die Besatzungen der zusätzlichen Beiboote gab es während des Fluges wenig zu tun - was von Belang war, wurde an Bord des Mutterschiffs erledigt. Die meisten Männer und Frauen vertrieben sich die aufkommende Langeweile mit Simulationen oder Lernprogrammen. In den ersten Tagen hatten sie sich auf den Modulen umgesehen, doch das war inzwischen nichts Neues mehr. Die beste Abwechslung bot ein Plausch in der Schiffsmesse. Der Küchenchef der MADIGAN war Koch mit Leib und Seele, der sogar aus trockenen trokanischen Staubpilzen ein erstklassiges Menü zauberte.
Bis auf den letzten Platz war die Messe besetzt. „Ich weiß nicht, womit wir eine derart friedliche Zeit verdient haben." Rouald Sagham, Erster Offizier und auf der MADIGAN Mädchen für alles, drehte sein halb geleertes Wasserglas zwischen den Fingern und musterte sein Gegenüber über den ziselierten Rand hinweg. „Vielleicht", meinte der Chefingenieur kauend, „erleben wir soeben die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. Ich hoffe nicht, dass es zum Äußersten kommen wird."
„Wenn ich darüber nachdenke, kann ich die galaktischen Regierungen verstehen, die sich aus der Sache raushalten. Chearth ist für uns nicht wichtig; wir müssen uns vornehmlich um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern, denn da liegt noch sehr vieles im argen."
„Ist das deine offizielle Meinung?"„Meine private." Sagham stellte das Glas hart auf den Tisch zurück. Sein Blick bekam etwas Herausforderndes. „Wann immer die Menschheit versucht hat, sich in kosmische Geschehnisse einzumischen, kam nichts Gutes dabei heraus."
„Ganz so ist es nicht", widersprach der Chefingenieur. „Wir sollten schon wissen, was unsere Nachbarn machen, andernfalls..." Sagham setzte ein breites Grinsen auf. „Meine Überlegungen sind nicht so abwegig, stimmt's? - He, ist dir das Essen im Hals steckengeblieben?" Der Chefingenieur wirkte plötzlich seltsam entrückt. Als träume er in den Tag hinein. Überhaupt war mit einemmal die stete Kulisse aus Murmeln und Besteckklappern verstummt. Ein flüchtiger Blick zur Seite verriet dem I.Q., dass sich niemand mehr bewegte.
Gefahr! Aufspringen und ... Alles in bester Ordnung. Er ist kein Gegner, ist nur gekommen, um sich mit Lebensmitteln und Getränken zu versorgen.
Das war die oberflächliche Wahrnehmung. Aber tief in seinem Unterbewusstsein keimte der Widerstand. Weil nicht sein durfte, dass der Todesmutant sich ungehindert in der Messe bewegte. Warum kamen die Roboter nicht, die mit 5-DScannern patrouillierten? Der Syntron musste Garrons Anwesenheit doch erkannt haben. Vergeblich kämpfte der Erste Offizier gegen den fremden Zwang an, der ihm zwar seine Überlegungen ließ, nicht aber die Bewegungsfreiheit. Vincent Garron - das war einer der dunklen Punkte, die zu den eigenen Angelegenheiten gehörten...
Irgendwann wimmelte es von Robotern und Bewaffneten in der Uniform der GILGAMESCH. Der Maahkähnliche redete auf ihn ein. Dann war auch Atlan da und neben ihm die kleine Blue, die den Todesmutanten begleitet hatte. Sie löcherten ihn mit Fragen, aber alles, was Sagham hervorbrachte, war ein sinnentleertes Stammeln. „Es hilft nichts", hörte er den Arkoniden sagen, „der Suggestivblock sitzt noch zu tief. Garron war vor drei bis vier Stunden hier, und es sieht so aus, als hätte er eine größere Menge zubereiteter Lebensmittel mitgenommen. Die Überwachungseinrichtungen wurden von suggestiv beeinflussten Personen so manipuliert, dass nicht einmal der Hauptsyntron Verdacht schöpfen konnte." 26. September 1290 NGZ Nach drei Tagen, in denen Vincent Garron nicht mehr in Erscheinung getreten war, schlug die Mitteilung, dass Wartungsroboter im Konverterbereich der MERLIN einen Schwerverletzten gefunden hatten, wie eine Bombe ein. Der Mann hatte viel Blut verloren und musste notoperiert werden; die Verletzungen erstreckten sich vor allem auf den Schädel und den Schulterbereich. In Gedankenschnelle verbreitete sich die Behauptung, dass der Todesmutant an Bord das erste Opfer geholt hatte. Obwohl die Mediziner ein Fremdverschulden anzweifelten.
Erst nach knapp dreißig Minuten stand fest, dass der Techniker einem selbstverschuldeten Unfall zum Opfer gefallen und bei Routinearbeiten im oberen Bereich der Konverter abgestürzt war. Wahrscheinlich aus Leichtsinn hatte er zuvor die Antigravsicherungen abgeschaltet. Trotzdem
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