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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Bremslichter.«
    »Sie machen Witze.«
    Jack hatte aufgehört zu lachen. »Wollte nicht anhalten. Panda hat ihn verfolgt. Sie halten ihn an, und er liefert aus heiterem Himmel ein Geständnis.«
    »Was für ein Auto?«
    »Transit«, sagte Jack und wich meinem Blick aus.
    »Farbe?«
    »Weiß«, lächelte Jack und bot mir eine Zigarette an.
    Ich nahm sie, dachte an Mrs. Ridyard mit ihren Plakaten, wie sie in ihrem netten Wohnzimmer mit der ruinierten Aussicht saß.
    »Wie alt ist er?«
    Jack zündete seine Zigarette an und sagte: »22.«
    »22? Dann war er 1969 erst 16,17.«
    »Na und?«
    »Na komm schon, Jack.«
    »Was macht er?« wollte Hadden von Jack wissen, sah aber mich dabei an.
    »Arbeitet in einem Photolabor. Entwickelt Bilder.«
    Mein Kopf schwamm vor lauter Schulmädchenphotos.
    »Da stimmt deiner Meinung nach was nicht, hm, Knalltüte?«
    »Nein«, flüsterte ich.
    »Du willst nicht, daß er es ist, ich weiß.«
    »Nein.«
    Jack beugte sich vor. »Ich war mal genauso. All die harte Arbeit, all diese Ahnungen, und alles wollte irgendwie nie passen.«
    »Nein«, murmelte ich und trieb in einem weißen Transit voller Photos von lächelnden, blonden, kleinen Toten davon.
    »Es ist eine bittere Pille, aber sie haben ihn.«
    »Ja.«
    »Du gewöhnst dich noch dran«, sagte Jack augenzwinkernd und stand unsicher auf. »Bis morgen.«
    »Ja, danke, Jack«, sagte Hadden.
    »Großer Tag, hm?« sagte Jack und schloß die Tür hinter sich.
    »Ja«, antwortete ich ausdruckslos.
    Im Zimmer war es ruhig, und es roch noch immer nach Jack und Schnaps.
    Nach ein paar Sekunden fragte ich: »Und was jetzt?«
    »Ich möchte, daß Sie den Hintergrund zu diesem Myshkin recherchieren. Das Ganze ist juristisch gesehen noch nicht klar, aber wenn er gestanden hat und in Untersuchungshaft sitzt, ist für uns alles in Ordnung.«
    »Wann werden Sie seinen Namen drucken?«
    »Morgen.«
    »Und wer kümmert sich um die Anhörung vor dem Untersuchungsrichter ?«
    »Jack, auch um die Pressekonferenz.«
    »Er macht beides?«
    »Na ja, Sie können mitgehen, aber da ist ja noch die Beerdigung und alles, und ich dachte …«
    »Beerdigung? Welche Beerdigung?«
    Hadden sah mich über seine Brille hinweg an. »Barry wird morgen beerdigt.«
    Ich starrte eine Weihnachtskarte auf Haddens Schreibtisch an, das Bild eines warmen, leuchtenden Cottages inmitten von schneebedeckten Wäldern. »Scheiße, hatte ich ganz vergessen«, flüsterte ich.
    »Ich denke, am besten bleibt Jack morgen an der Sache dran.«
    »Wann ist die Beerdigung?«
    »Um elf. Krematorium Dewsbury.«
    Ich stand auf, war ganz schwach vom Gewicht des toten Blutes. Ich watete über den Meeresgrund zur Tür.
    Hadden sah aus seinem Wald voller Karten auf und fragte leise: »Warum waren Sie so sicher, daß es James Ashworth war?«
    »War ich nicht«, erwiderte ich und machte die Tür hinter mir zu.
    Paul Kelly hockte auf der Kante meines Schreibtischs.
    »Paula hat dich angerufen.«
    »Ach ja?«
    »Was ist los, Eddie?«
    »Nichts.«
    »Nichts?«
    »Sie hat mich angerufen. Hat gesagt, du hättest ihr gesagt, ich sei bei dieser Mandy Wymer gewesen.«
    »Laß sie in Ruhe, Eddie.«
     
    Zwei Stunden harter Arbeit, einhändiges Tippen macht daraus vier Stunden. Ich schrieb meine Ridyard-Notizen für Jack Whiteheads große Story ab und überging meine Verabredungen mit Mrs. Paula Garland:
    Jack – Mrs. Garland redet nicht gern über das Verschwinden ihrer Tochter. Paul Kelly, der hier arbeitet, ist ihr Cousin, und er hat darum gebeten, daß wir ihren Wunsch respektieren, in Ruhe gelassen zu werden.
    Ich hob den Telefonhörer ab und wählte.
    Beim zweiten Klingeln: »Hallo, Edward?«
    »Ja.«
    »Wo bist du?«
    »In der Redaktion.«
    »Wann kommst du?«
    »Ich bin schon wieder gewarnt worden.«
    »Von wem?«
    »Von Paul.«
    »Tut mir leid. Er meint es nur gut.«
    »Ich weiß, aber er hat recht.«
    »Edward, ich …«
    »Ich ruf dich morgen an.«
    »Gehst du ins Gericht?«
    Ich saß allein im Büro und sagte: »Ja.«
    »Er war’s, oder nicht?«
    »Ja, sieht so aus.«
    »Bitte komm vorbei.«
    »Ich kann nicht.«
    »Bitte.«
    »Ich ruf morgen an, versprochen. Ich muß los.«
     
    Die Leitung war tot, und ich hatte einen Knoten im Hals.
    Ich stützte meinen Kopf in die gute und die schlechte Hand, beide rochen nach Krankenhaus und nach ihr.
    Ich lag im Zimmer 27 im Dunkeln auf dem Boden und dachte an Frauen.
    Auf dem Parkplatz kamen Laster an, fuhren davon, und ihre Scheinwerfer ließen

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