Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
Vom Netzwerk:
hoch, löschte das Licht und startete, ohne die Scheinwerfer eingeschaltet zu haben, in Richtung Altzayanca.
Nach etwa einem Kilometer zweigte rechts ein schmaler Sandweg ab. Auf gut Glück bog er ein, und nach etlichen Kurven, Hügeln und vor lauter Unebenheit fast nicht passierbaren Wegstellen, über die er mit aufheulendem Motor hinwegsetzte, erreichte er tatsächlich die Landstraße. Er hielt an und überlegte. In Huamantla oder Tlaxcala nach einem Arzt zu suchen war bestimmt keine Lösung, denn vermutlich wußte man auf der Hacienda, daß er verletzt war, hatte auf dem Beckenrand und an der Mauer seine Blutspuren entdeckt und vielleicht schon die Ärzte und Krankenhäuser der Umgebung – viele würden es nicht sein – benachrichtigt. Ich hab’ gar keine Wahl, dachte er, ich muß zu Nielson. Das DON PEPE wird zwar längst geschlossen sein, aber er hat mir gesagt, wo er notfalls zu erreichen ist.
    Als er in Puebla ankam, war es halb fünf in der Frühe. Er konnte das Lenkrad fast nicht mehr halten, riß sich aber, so kurz vor dem Ziel, noch einmal zusammen, fand die plaza und parkte in der Nähe des DON PEPE in einer Seitenstraße. Er schleppte sich zur plaza zurück, winkte ein Taxi heran, fragte den Fahrer, ob er einsteigen dürfe, obwohl er von einem Motorrad angefahren worden sei und blute. Der Mann holte eine große Plastikplane aus dem Kofferraum, breitete sie auf dem Rücksitz aus und half ihm ins Auto.
    »In die Klinik?«
»Nein, zum Carril Rancho de la Rosa .«
Eine knappe Viertelstunde später hielt das Taxi vor Pepes Haus. Als es davongefahren war, läutete Maibohm an der Tür.
    Es dauerte lange, bis jemand erschien. Es war ein Dienstmädchen in leuchtend rotem Wollmantel, unter dem das Nachthemd hervorguckte. Sie weckte den patron. Pepe begriff die Lage sofort, zog sich in Windeseile an, verständigte Nielson, und dann fuhren sie zu dritt zum Hausarzt der Familie Dominguez. Der schon etwas ältere, freundliche Mann erklärte nach einem kurzen Blick auf Maibohms Verletzung: »Sie müssen in die Klinik!«
    Maibohm besprach sich mit Nielson auf deutsch, erklärte ihm, daß ein Krankenhausaufenthalt wegen möglicher Nachforschungen zu riskant sei, selbst noch in Puebla, und dann ging die Unterhaltung auf englisch weiter. Schließlich fand der Arzt sich bereit, die Wunde zu behandeln und den Patienten mit Medizin zu versorgen. Maibohm bekam mehrere Spritzen, auch eine gegen Tetanus.
    »Aber Sie können jetzt unmöglich Ihren Urlaub fortsetzen«, sagte der Arzt, »Sie gehören ins Bett!«
Nielson bezahlte die Kosten in bar; umgerechnet waren es ganze dreißig Mark, die der Mann haben wollte.
Zu Hause gab Pepe dem Verletzten erst einmal neue Kleidung. Dann wurde Kriegsrat gehalten.
»Ich fürchte«, sagte Nielson, »du mußt auf dem schnellsten Weg zurück nach Deutschland.«
»Das fürchte ich auch«, antwortete Maibohm. »Ob du mich zum Flughafen bringst?«
»Natürlich.«
Aber ein paar Stunden wollten sie noch schlafen. In Nielsons Zimmer stand ein zweites Bett, das die muchacha schnell hergerichtet hatte. Bevor Pepe aus dem Zimmer ging – Maibohm lag schon, und Nielson zog sich gerade die Schuhe aus –, trat er an einen der beiden Nachttische heran, griff in die Taschen seiner Jacke, holte zwei Händevoll kleiner Päckchen heraus, legte sie auf die Glasplatte und sagte: »Das hab’ ich dem Arzt weggenommen. Als er Ihnen …«, er sah Maibohm an, »die erste Spritze gegeben hatte und sich über die Wunde hermachte, stand die Tür zum Giftschrank offen. Da hab’ ich zugegriffen. Die Kosten machen mir keine Sorgen, denn mindestens zehnmal im Jahr setz’ ich ihm und seiner Frau ihr Lieblingsessen vor, enchiladas suizas, mit Fleisch gefüllte tortillas, und zwar gratis.«
»Um Gottes willen!« Maibohm richtete sich sogar auf. »Das alles brauch’ ich doch überhaupt nicht! Hab’ ja Tropfen gekriegt, die ich während des Fluges nehmen soll, und drüben versorgt mein Hausarzt mich weiter.«
»Das ist auch nicht für Sie«, lautete Pepes Antwort. »Das ist für das Scheusal, hinter dem ihr her seid. Ihn nur den Behörden zu melden hätte wirklich keinen Sinn. Er würde euch garantiert durch die Lappen gehen. Da bleibt nur, ihn zu fangen, und weil er mit Sicherheit was dagegen hat, muß er friedlich gemacht werden.«
Und dann las Pepe vor, was er hinter dem Rücken des Arztes in seine Taschen hatte wandern lassen, hob jeweils die Schachtel in die Höhe: »Äther. Als Auftakt unentbehrlich! Scopolamin.

Weitere Kostenlose Bücher