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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Orangenpresse.«
    Olaf, der diesen Kommentar reichlich abgebrüht fand, strich noch einmal mit der Rechten über einen der Quader und antwortete: »Jedenfalls läßt Vergänglichkeit sich kaum drastischer darstellen als durch diese Pakete.« Er zündete sich eine Zigarette an, hielt auch Ernesto die Schachtel hin, doch der wollte lieber bei seinen Gauloise bleiben.
    »Haben Sie irgendwas Interessantes entdeckt?« fragte Olaf. »Vielleicht. Dahinten …«, Ernesto wies mit dem Daumen über die Schulter, »arbeitet ein alter Mann. Wenn ich nicht wüßte, daß es biologischer Unsinn wäre, würde ich sagen. Er ist so an die hundertsechzig Jahre alt. Ein Männchen, das nur noch aus Falten besteht. Sein Gesicht sieht aus wie ein Waschbrett, und die Füße, er arbeitet barfuß, strotzen nur so von Beulen und Schrunden. Sein Job scheint zu sein, aus dem Schrott die noch verwertbaren Edelmetalle herauszuklauben.«
    »Und was ist außer dem biblischen Alter so Besonderes an ihm?«
»Also, er hat bei Gutiérrez sein Gnadenbrot bezogen und ist mit dem neuen Chef nicht zufrieden. Er wohnt in Curacavi und hat sich bereit erklärt, heute nach Feierabend mit uns zu reden. Er scheint sich auszukennen in Gutiérrez’ Familie, wollte hier aber nicht rausrücken mit dem, was er weiß.«
»Wann treffen wir uns mit ihm?«
»Um sechs. Ich hab’ ihm allerdings fünfzig Dollar versprechen müssen.«
»Wie haben Sie denn unser Interesse an Gutiérrez begründet?«
»Wir kennen ihn von früher und müssen mit ihm was bereden. Der Alte war übrigens dabei, als die Trucks hier ankamen und die Schrottblöcke abholten. Das ging Tag und Nacht, sagte er, und brachte ihm ein paar fette Sonderschichten ein.«
»Sehr gut haben Sie das gemacht«, sagte Olaf. Gemeinsam setzten sie nun ihren Rundgang fort und kehrten dann zu Federico zurück, der die Frontmaske inzwischen abmontiert hatte. Also gingen sie zur Kasse, wo Rodríguez ihnen einen akzeptablen Preis machte. Um aber vielleicht doch noch die eine oder die andere Information zu erhalten, fragte Federico ihn:
»Warum hat Carlos Gutiérrez hier eigentlich aufgehört?« Der etwa vierzigjährige Mann, der von gewaltiger Körperfülle war, hob sein aufgeschwemmtes Gesicht und antwortete: »Weiß ich nicht. Bin aus Santiago. Die Stelle war in der Zeitung ausgeschrieben, und da hab’ ich mich gemeldet. Meinen Vorgänger hab’ ich überhaupt nicht gekannt.« Das mochte eine ehrliche, konnte aber genausogut eine taktische Antwort sein.
»Ist auch nicht so wichtig«, sagte Federico. Dann zeigte er nach draußen und fuhr fort: »Eine großartige Anlage ist das hier. Sehr modern, wie mir scheint.«
»Ja, für die Autobesitzer eine wahre Fundgrube, aber Sie können sich nicht vorstellen, was für Auflagen man uns neuerdings macht! Das Gelände ist fast vierzigtausend Quadratmeter groß, und jetzt will man, daß es versiegelt wird, damit keine Gifte in den Boden gehen. Als ob das hier draußen so wichtig wäre! Die ganze Fläche soll zur Mitte hin abschüssig werden, und am tiefsten Punkt soll ein Benzin-Öl-Abscheider dafür sorgen, daß nur gesäubertes Wasser abfließt. So ein Gerät, das übrigens unterirdisch eingebaut wird, kostet allein schon hundertfünfzigtausend Dollar. Ein Glück nur, daß der Betrieb mir nicht gehört! Bin hier bloß der Pächter.«
»Und wem gehört er?«
»Es sind mehrere Besitzer.«
»Na, die werden das dann wohl auch bezahlen können.« Federico wandte sich zum Gehen, doch Rodríguez hörte noch nicht auf zu lamentieren:
»Und der Rummel, der dadurch entsteht! Allein die ganzen Schrottberge, die bewegt werden müssen, damit die Arbeiter an jeden Quadratmeter Boden kommen! Ich mag gar nicht dran denken.«
»Ja, das wird schlimm. Aber was will man machen!«
Sie verabschiedeten sich, verließen den Platz, stiegen in ihren Wagen und fuhren davon.
»Was machen wir mit der Frontmaske?« fragte Federico.
»Die schenken wir dem nächsten Tankwart«, schlug Ernesto vor.
Bis zum Treffen mit dem Alten hatten sie noch viel Zeit.
»Essen wir erst mal in Curacavi zu Mittag«, sagte Olaf, »und legen uns dabei in aller Ruhe eine Strategie zurecht.«

21
    Es war ein ärmliches, aber saubergehaltenes Haus mit grobverputzten Wänden. Auf einer kleinen Kommode stand eine buntbemalte Marienfigur aus Gips. Auch der Gekreuzigte fehlte nicht, er hing zwischen den beiden Fenstern, die den Blick zur Straße freigaben.
    Sie saßen am Tisch, der in der Mitte des Raumes stand, und wurden von Señora

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