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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Anita vor, und sie muß dann sehr überzeugend gewirkt haben.«
»Du meinst, sie haben euch die Geschichte wirklich abgenommen?«
»Da bin ich ziemlich sicher. Der Kommissar konfrontierte Anita ganz brutal mit meiner Indiskretion, und da blieb ihr gar nichts anderes übrig, als unser Verhältnis zuzugeben. Er hat dann noch zu ihr gesagt, Ritterlichkeit gab’s eben nicht mehr, und wenn sich ein sturer Hund wie der zu so einer Äußerung aufschwingt, dann kann man davon ausgehen, daß er die Sache geschluckt hat.«
»Mußt du dich nun etwa mit ihr treffen, um glaubwürdig zu bleiben?«
»Nein, es wird den Bullen …, sorry, es wird ihnen einleuchten, daß wir jetzt vorsichtiger sind und uns eine Zeitlang nicht sehen wollen.«
Sie unterhielten sich noch eine Weile über Jacobs angebliche Liebschaft, und dann kam Mira zurück. »Na, wer hat Dienst?« empfing Jacob sie. »Carsten.«
»Ein Theunissen-Fahrzeug oder ein Mietwagen?«
»Onkel Johns PORSCHE.«
»Und wo steht er?«
»Auf unserer Seite ein Stück nach rechts.«
»Dann ist um zwölf wohl Tante Helga wieder an der Reihe. Ich hätt’ nicht übel Lust, mich heimlich ranzuschleichen und ihr einen Hinterreifen zu zerstechen. Anschließend würde ich ganz lässig mit dem BMW aus unserer Ausfahrt kommen, ihr zuwinken und mir eins ins Fäustchen lachen bei der Vorstellung, daß die versnobte Lady, die fürs Austauschen einer Glühbirne den Elektriker ruft, nun erst mal den Reifen wechseln muß.« Doch davon wollte die Mutter nichts wissen: »Das ist keine Art! Es wäre der erste Schritt zur Gewalt.«
»Ich seh’ das anders«, entgegnete Jacob. »Der erste Schritt zur Gewalt bestand darin, ein Schiff zu versenken und zwei Menschen zu töten.«
»Trotzdem, Junge!«
Um zwanzig Minuten vor zwölf trennten sie sich. Aber Jacob ging noch nicht ins Bett. Die Idee, sich an den PORSCHE heranzupirschen und einen der Hinterreifen zu zerstechen, reizte ihn immer mehr. Sicher, es wäre eine sehr plumpe Reaktion auf die lästige und auch brüskierende Beschattung, aber das Plumpe war eben oft auch besonders effektvoll. Und ich will es nun mal effektvoll, sagte er sich. Soll doch die liebe Tante ihren Hintern aus dem Polster hieven und zur Abwechslung mit Wagenheber und Schraubenzieher hantieren! Allerdings, wie ich sie kenne, alarmiert sie den ADAC. Egal, ich mach’s. Wenigstens wird sie sich erst mal kräftig ärgern.
Kurz nach Mitternacht zog er sich eine warme Jacke an, ging in die Küche, holte das kleine, handliche OfficeMesser aus der Schublade, steckte es, mit der Spitze nach oben, in die Innentasche der Jacke und verließ das Haus durch die Hintertür. Wieder nahm er, um sich unbemerkt ins Straßennetz einzuschleusen, den Weg übers Nachbargrundstück. Um zehn nach zwölf war er in seiner Straße und schlich von Wagen zu Wagen, verbarg sich jeweils für einige Augenblicke hinter dem Heck. Es war ein beschwerliches Herantasten, weil dann und wann ein Windstoß ihn packte und seinen Schritt unsicher machte. Jetzt stand nur noch ein Fahrzeug, ein dunkler FORD, zwischen ihm und dem PORSCHE. Ja, Helga hatte die Nachtschicht übernommen, er konnte sie gut erkennen. Lange verharrte er in gebückter Haltung, die Hände auf den Kofferraum der FORD-Limousine gestützt, und starrte durch die Scheiben zu seiner Tante hinüber, die unentwegt nach vorn blickte. Er wollte gerade die letzten Schritte tun, die ihn noch von seinem Ziel trennten, da hörte er hinter sich ein Auto näherkommen. Schnell duckte er sich ganz tief hinunter, kniete auf dem Asphalt, den Kopf eingezogen und darauf hoffend, daß die beiden Wagen, zwischen denen er sich befand, hinreichenden Schutz boten. Er würde warten, bis das Auto vorbeigefahren war, und dann sein Vorhaben ausführen. Doch es kam anders. Das Fahrzeug, ein heller MERCEDES, hatte ihn zwar passiert, stoppte dann aber und setzte, etwa zwanzig Meter vor dem PORSCHE, rückwärts in eine Parklücke. Er hatte sich wieder halb aufgerichtet und sah nun, im Licht der Straßenlampen, wie ein Mann aus dem MERCEDES stieg, auf den Bürgersteig überwechselte und sich auf ihn zu bewegte. Blitzschnell ging er wieder in Deckung, lugte am Heck des ihn schützenden Wagens vorbei und konnte ein paar Einzelheiten ausmachen. Der Mann war groß, etwa Mitte Dreißig, hatte sehr dunkles, volles Haar, das ihm bis auf den Mantelkragen fiel.
Verdammt, dachte er, gleich ist er auf meiner Höhe! Das war ein Irrtum, denn beim PORSCHE machte der Mann halt, öffnete die Tür und

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