2 Heaven
... Und als ich Justin dann finde, schmeißt er gerade Pillen ein. Als wenn ich nicht schon genug Stress hätte ... Ich bin irgendwie ausgerastet und habe ihm eine gescheuert und dann ..."
Cris winkte ab und stand ebenfalls auf. „Ich muss mit ihm reden."
Spooky war sofort an seiner Seite; er war wie ein Teil von Cris. Mit sicherem Griff fasste er das Gestell und verließ Dämons Zimmer.
Schweigend sah sein Bruder ihm nach. Sein Kopf war wie leergefegt. Der Jähzorn seines Vaters war aus ihm herausgebrochen, und er schämte sich dafür. Er wusste nicht, wie das hatte passieren können. Sie hatten sich immer geschworen, niemals so zu werden wie ihr Vater.
Wieder verkabelten sie ihn. Er hörte das gleichmäßige Piepen seiner Herztöne. Langsam, ruhig - er war nicht aufgeregt. Es war alles Routine. Sie hatten auch wieder Blut abgenommen; seine Werte waren immer gut. Besser sogar als früher - aber jetzt gingen sie ja manchmal mit ihm nach draußen. Wie er es liebte, die frische Luft zu atmen. Auch jetzt im Winter. Jahrelang kannte er nur die klimatisierte Laborluft. Es war ein Erlebnis, eine andere Temperatur auf der Haut zu spüren. Er erlaubte sich, ein wenig zu träumen. Die Messungen würden eh eine ganze Zeitlang dauern.
Von was träumte ein Junge in seinem Alter? - Davon, Feuerwehrmann zu werden, Pilot, davon, groß und stark zu werden ... und von der Freiheit.
Er hatte viele Spielsachen, ganze Kisten voll, sie beschäftigten sich viel mit ihm; viel mehr als vorher, als seine Spielkameraden noch da waren. Aber sie interessierten sich nur für seine körperliche Entwicklung. Deswegen auch die Tests. Er musste gesund sein. Und das wollte er doch auch, oder? Er war ein braver Junge, er wollte alles richtig machen. Und doch wusste er tief in seinem Innern, dass etwas mit ihm nicht stimmte - nicht richtig war.
Sie hatten seine geistige Entwicklung vernachlässigt, ihm kaum Anregungen geboten. Aber er war intelligent, und - was kaum jemand wusste - es gab Menschen, die sich mehr um ihn kümmerten, ihm Geschichten vorlasen, ihm von der richtigen Welt erzählten. Wenn sie nicht gewesen wären, hätte er sicher noch nicht richtig sprechen können. Aber er konnte sprechen. Und er konnte noch mehr ... „Jason? Ist alles okay?"
Jason schlug die Augen auf und wagte ein schmales Lächeln. „Ja, natürlich."
Was sollte er auch sonst sagen? Er wusste ja nicht genau, was nicht in Ordnung war.
Doch er hatte etwas gemacht - und er spürte, dass das Ärger geben konnte. Noch hatte ihn niemand darauf angesprochen. Aber er wusste, dass er DAS getan hatte. Es war ganz leicht gewesen - und einfach aus einer Langeweile heraus entstanden. Und das hatte er mittlerweile herausgefunden, dass er Dinge tun konnte, die andere Leute in Angst versetzten. Er musste sich nur konzentrieren. War das der Grund für die vielen Untersuchungen?
„Was nimmst du?", fragte Crispin ihn ohne Umschweife. Justin zögerte. Er hatte sich mittlerweile wieder ein wenig beruhigt und fragte sich, ob er nicht übertrieben auf Dämons Übergriff reagiert hatte. Wie immer konnte er nicht einschätzen, ob Dämons Handlung gerechtfertigt gewesen war oder ein Vertrauensbruch. Er hatte nie wirklich verstanden, wie Menschen handelten, was und warum sie das taten, warum sie ihn verletzten und ob das Leben nun mal einfach so war. Natürlich hatte Dämon es gegen seinen Willen getan, aber -hatte er ihn nicht sogar dazu ermutigt? Es wäre sicher nicht so schlimm gewesen, wenn er sich nicht zur Wehr gesetzt hätte. Er war total verunsichert.
Und jetzt stand Cris vor ihm und sein Gesichtsausdruck ließ nichts Gutes erahnen.
Justin entschloss sich, dass es vermutlich das Beste sei, die Wahrheit zu sagen. Es war Unsinn, alles zu leugnen. Dämon hatte es schließlich gesehen.
Er räusperte sich. „Manchmal Amphetamine, Koks und ganz selten Trips - was ich so bekomme. Aber wirklich nur ganz selten, Cris. Ich ... bin nicht davon abhängig." „Warum nimmst du es überhaupt?"
„Wenn ... wenn ich mal schlecht drauf bin, oder Justin suchte nach Gründen, „oder auf Parties oder ..." „Und was hast du geschluckt, als Dämon dich gesehen hat?", unterbrach Cris ihn unsanft.
„Amphetamine, weil ... damit fühle ich mich manchmal besser. Ich weiß im Moment nicht, wie ich mit Dämon umgehen soll. Ich ... es war einfach jahrelang klar zwischen uns, und jetzt hat sich alles verändert, und ich möchte doch, dass er mich mag. Und ... wenn ich was genommen habe,
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