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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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die Tür zu war, seufzte er. »Mit einer Großen Zauberin zusammenzuleben ist auch eine Erfahrung. Selbst für mich«, meinte er. »Wie kommst du damit zurecht, Anton?«
    »Swetlana hat es nicht geschafft, zu einer wirklich Großen Zauberin zu werden«, bemerkte Anton. Er nahm das Glas und trank ein paar Schluck. Das Bier war vorzüglich. So wie richtiges Bier sein sollte.
    »Du scheinst dich aber nicht darüber zu freuen?«, wollte Geser wissen.
    »Nein.« Anton nahm sich ein Stück scharfen Ziegenkäses. »Das tu ich nicht.«
    »Warum nicht?«, fragte Geser behutsam nach. »Schließlich könnt ihr jetzt einige Jahrzehnte lang ein glückliches, gleichberechtigtes Leben führen. Im Idealfall sogar ein halbes Jahrhundert lang.«
    »Was soll das für ein Glück sein, Geser, wenn die Frau, die du liebst, sich wie ein minderwertiger Krüppel vorkommt?«, konterte Anton schroff. »Und wenn das meine Schuld ist - wenn auch nur teilweise?«
    »Teilweise?«
    »Ja«, meinte Anton nickend. »Teilweise.«
    Geser hüllte sich in Schweigen. Nach einer Weile stellte er die Frage, mit der Anton vor drei Wochen gerechnet hatte, die er inzwischen aber nicht mehr erwartete. »Erzählst du mir, was Sebulon von dir wollte?«
    »Er ist zu mir nach Hause gekommen. Schon wieder, genau wie damals.«
    »Hat er sich erneut die Hilfe deines Freundes, des Vampirs, zunutze gemacht?«, wollte Geser wissen.
    »Nein. Nach dem Zwischenfall lass ich ihn nicht mehr in meine Wohnung. Wie Sebulon reingekommen ist, verstehe ich einfach nicht.«
    Geser nickte und trank von seinem Bier.
    »Dann hat Sebulon mir ... einen Verrat vorgeschlagen. Er hat behauptet, Witali Rohosa sei ein Spiegel, den das Zwielicht als Reaktion auf den Kraftzuwachs der Nachtwache hervorgebracht hat. Sein Hauptziel sei es, Swetlana zu vernichten oder ihrer Kräfte zu berauben. Wenn ich zu spät zur Sitzung der Inquisition käme, würde Rohosa Swetlana ihre Kraft entziehen und sich dematerialisieren.«
    »Und du hast dich darauf eingelassen?«
    Anton dachte kurz nach, bevor er seine Antwort formulierte. Dieses Gespräch hatte er schon oft mit Geser geführt - in Gedanken natürlich nur. Trotzdem hatte er bislang immer noch nicht die richtigen Worte gefunden.
    »Die einzige Alternative wäre es gewesen, den Widerstand fortzusetzen, Geser. Es lief ganz offenbar auf den Tod Swetlanas oder...«
    »Oder?«, wollte Geser neugierig wissen.
    »Oder den Tod von etlichen... nicht so hoch gestellten Mitarbeitern der Wache hinaus. Damit wir insgesamt genauso stark geschwächt würden.«
    Geser nickte zufrieden. »Bist du von allein dahintergekommen?«
    »Nein, nicht ganz. Ich habe in den Archiven gekramt und bin auf einige analoge Fälle gestoßen, von denen einer mit der Vernichtung der gesamten Kiewer Nachtwache geendet hat, mit Ausnahme des Chefs Alexander von Kissel. Dabei war damals das Ziel des Spiegels offenbar eben der Baron von Kissel, doch er konnte sich verteidigen. Mit dem Ergebnis, dass einfache Fahnder und Magier gestorben sind.«
    »Aber warum hast du dich nicht mit mir in Verbindung gesetzt?«, wollte Geser wissen. »Warum hast du mir von dem Besuch Sebulons nichts gesagt?«
    »Woher hätte ich wissen sollen, was Sebulon erwartet hat? Vielleicht wollte er ja gerade, dass ich mich gleich an Sie wende, um mir Rat zu holen. Sebulon hatte ganz offensichtlich vor, mich auszutricksen, aber ich konnte nicht herausfinden, was der Haken an der Sache war. Sowohl mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen als auch zu schweigen konnte sich als Fehler herausstellen. Deshalb habe ich einen dritten Weg gewählt. Ich habe versucht, den Spiegel nicht zu Swetlana zu lassen. Mit dem simpelsten Mittel - indem ich sein Auto gerammt habe.«
    »Bravo«, sagte Geser mit kratziger, fremder Stimme. »Einfach genial, Anton. Das hat zwar nicht geklappt, aber der Versuch war goldrichtig. Aber warum hast du nicht irgendjeman-dem gesagt, wer dieser Rohosa ist?«
    »Warum haben Sie denn nichts gesagt, Boris Ignatjewitsch?«. fragte Anton, wobei er den Kopf hob. »Oder wollen Sie mir erzählen, Sie hätten die Untersuchungen der Ereignisse von Kiew aus dem Oktober 1906 nicht geleitet? Oder dass Ihr Gedächtnis so was nicht über ein schlappes Jahrhundert aufbewahren kann? Damals hatten wir es mit einer absolut analogen Situation zu tun! Ein gewisser Wladimir Sobolew kam aus Pol-tawa nach Kiew, ließ sich in der Nachtwache registrieren, wurde später bei der Leiche einer Nutte gestellt, einem Mord, der klare

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