2 - Wächter des Tages
Merkmale von Vampirismus erkennen ließ. Später wurde er dann neben einem abgemurksten kleinen Gauner erwischt...«
»Wozu habe ich dich gerufen?«, empörte sich Geser lauthals. »Um dich zu den zweifelhaften Aspekten deiner Beziehungen zu den Dunklen zu verhören oder um mir von dir Beschuldigungen anzuhören?«
»Sie haben mich gerufen, um mit mir Bier zu trinken, Boris Ignatjewitsch. Und um mich um etwas zu bitten.«
Geser atmete tief durch. »Nein«, meinte er kopfschüttelnd. »Ich habe nicht vor, dich um etwas zu bitten. Noch habe ich das Recht, dir etwas zu befehlen.«
»Versuchen Sie es«, sagte Anton mit Genugtuung. »Ich werde mich nicht mit Ihnen streiten und den Befehl ausführen. Hundertprozentig. Aber wollen Sie das wirklich? Einen gehorsamen Befehlsempfänger ohne jede Eigeninitiative?«
Geser breitete die Arme aus. »Schon gut. Du hast mich überzeugt. Ich möchte dich um etwas bitten, Anton...«
»Beantworten Sie erst noch meine Frage ... nach dem Spiegel.«
»Gut, hör zu. Der Spiegel ist zum neunten Mal aufgetaucht - wenn man die offiziell registrierten und nachgewiesenen Fälle nimmt. Dabei hat er nur in zwei Fällen auf unserer Seite gestanden. Als der Spiegel die letzten drei Male in Erscheinung getreten ist, hat er den Dunklen gedient, und zwar immer dort, wo die Lichten zuvor enorm an Kraft gewonnen hatten und ... und eine groß angelegte Operation planten. Mit dem Spiegel zu kämpfen ist unmöglich, jede magische Attacke wehrt er ab, wobei er sich damit gleichzeitig auf das Niveau seines Gegners hochzieht. Und gegen normale Angriffe setzt er sich mit magischen Mitteln zur Wehr. Man kann nur wählen, wen man opfern will, ein, zwei Dutzend einfacher Magier oder einen von den Großen.«
»Und Sie haben beschlossen, ihm Tigerjunges und Swetlana zu überlassen.«
»Das habe ich überhaupt nicht! Ich war mir doch gar nicht sicher, dass wir es wirklich mit einem Spiegel zu tun haben, bis Tigerjunges gestorben ist!« Geser schlug mit der Faust auf den Tisch, sodass das Bier überschwappte. »Es hat überhaupt niemand sterben sollen, alles hätte mit der Gefangennahme Roho-sas enden sollen, was bedeutet hätte, dass er kein Spiegel war, sondern ein ganz normaler zugereister Emissär. Oder wir hätten uns zurückgezogen. Ich hätte doch niemals gedacht, dass Tigerjunges auf ihn losgehen würde!«
»Sie war eine sehr impulsive Frau!«
»Nein, Anton. Da irrst du dich. Sie war eine energische und impulsive Andere, die sich hervorragend unter Kontrolle hatte. Und dieser Ausbruch ...« Geser verstummte. »Wahrscheinlich habe ich mir nicht ganz klar gemacht, wie viel ihr an Andrej Tjunnikow gelegen hat...«
»In der letzten Zeit haben sie sich oft gesehen«, bestätigte Anton. »Er hat sie sogar in ihrem Haus im Umland von Moskau besucht - und Tigerjunges hat die Einsamkeit sehr geschätzt. Und als Andrej ... Warum hat er sich diesen Rohosa überhaupt vorgeknöpft?«
»Um sich vor Tigerjunges dicke zu tun ...« Geser seufzte. »Ach, ihr Jungs und Mädels, grün seid ihr noch alle hinter den Ohren, plustert euch voreinander auf, gebt mit eurer Magie an, mit euren Kampfnarben, Talismanen und Glücksbringern ... Warum steckt nur so viel menschliche Dummheit in euch?«
»Weil wir Menschen sind. Andere Menschen, aber eben Menschen. Die nicht auf Anhieb zu echten Anderen werden.«
»Auch da hast du Recht, Anton.« Geser nickte. »Man muss das Leben eines Menschen durchleben, so richtig, achtzig oder hundert Jahre lang, seine Verwandten und Nächsten verlieren, die Menschen sind, sehen, wie lächerlich die Politiker sind, die tausendjährige Reiche aufbauen, und die Philosophen, die für ein, zwei Generationen ewige Wahrheiten schaffen ... Erst danach wirst du ein Anderer. Aber solange du noch dein erstes, dein gewöhnliches Menschenleben lebst, bleibst du auch ein Mensch. Selbst wenn du ins Zwielicht eintreten, Zauber wirken und die Realitätslinien verfolgen kannst ... Du bist noch ein Mensch, Anton. Und Swetlana ebenfalls. Und Tigerjunges... und Andrejka... waren auch Menschen. Und bei eurer menschlichen Seite hat das Dunkel euch auch erwischt. Bei euren Schwächen, euren Gefühlen...«
»Ist die Liebe wirklich eine Schwäche?«
»Wenn du die Liebe in dir hast, ist sie eine Kraft. Aber wenn die Liebe dich festhält, ist sie eine Schwäche.«
»Wir können es halt noch nicht anders.«
»Doch, Anton. Mit Mühe zwar, aber ihr könnt es auch anders ...« Geser sah ihm in die Augen. »Was ist?
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