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2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Bist du noch immer sauer auf mich?«
    »Nein. Ich glaube, dass Sie sich... alle Mühe gegeben haben.«
    »Ja, das habe ich. Und ich habe es auch geschafft, was sehr bemerkenswert ist.«
    »Der Tod von Tigerjunges und Andrej, der Kraftverlust von Swetlana - das nennen Sie geschafft?«, empörte sich Anton lautstark.
    »Ja. Denn alle andern Möglichkeiten wären noch schlimmer gewesen. Und das, was passiert ist, arbeitet nicht nur Sebulon und seinen Kläffern in die Hände, was ebenfalls bemerkenswert ist.«
    Daraufhin lächelte Geser. Kalt, ironisch. Ein sehr unschönes Lächeln, das nichts Gutes versprach.
    »Swetlana wird das aber nicht helfen ...«, setzte Anton an. Und verstummte, denn Geser schüttelte den Kopf.
    »Es liegt alles noch vor uns, Anton«, sagte er. »Alles hat gerade erst angefangen.«
    Der Chef der Nachtwache goss ihnen ein zweites Glas Bier ein, trank und lehnte sich im Sessel zurück.
    »Boris Ignatjewitsch...«
    »Ich verstehe das alles ja, Anton. Du bist müde. Ich bin auch müde, wir alle sind müde, voller Bitternis, Schmerz und Schwermut. Aber wir leben im Krieg, und dieser Krieg ist noch längst nicht zu Ende. Wenn du nicht mehr teilnehmen willst, dann geh! Lebe als einfacher Lichter. Doch solange du ein Wächter der Nacht bist... das bist du doch noch, oder,. Anton?«
    »Ja!«
    »Gut. Schmeckt dir das Bier?«
    »Ja«, brummte Anton.
    »Auch das ist gut. Denn du fliegst in die Heimat dieses göttlichen Getränks. Nach Prag.«
    »Wann?«, fragte Anton wie vor den Kopf geschlagen.
    »Morgen früh. Genauer, mittags, die Morgenmaschine startet mit sechs Stunden Verspätung. Du nimmst eine Maschine mit Zwischenlandung in Prag.«
    »Wozu?«
    »Du weißt, dass das Europabüro der Inquisition von Bern nach Prag gezogen ist?«
    »Ja, natürlich. Wegen der Kralle des Fafnir, die diese Blödmänner geklaut haben...«
    »Genau. Die Inquisition pflegt sowieso die Tradition, einmal in fünfzig oder hundert Jahren ihren Sitz zu wechseln, und nach diesem Schlag ins Kontor der Berner Wachen ... Kurzum, sie haben sich jetzt wieder eingerichtet und sich unseren Fall vorgenommen.«
    »Dafür war also dieses Geschenk... Igor?«
    »Ja. Er ist bereits dort. Wir haben eine offizielle Klage eingereicht und erklärt, die Dunklen hätten Igor bewusst provoziert und Alissa Donnikowa hätte ihn behext, was auch seinen Nervenzusammenbruch ausgelöst habe, der zu der übermäßigen Aneignung menschlicher Kraft geführt habe ... und... zu diesem bedauerlichen Zwischenfall mit dem ertrunkenen Jungen. Die Dunklen haben natürlich erklärt, Igor seinerseits habe Alissa verzaubert und versucht, sie für unsere Seite abzuwerben...«
    Anton schnaubte, um seine Einschätzung dieser idiotischen Anschuldigung zum Ausdruck zu bringen. Abzuwerben! Als ob ein Dunkler aufhören könnte, ein Dunkler zu sein. Ihn einschüchtern, zur Kooperation zwingen, kaufen oder erpressen -na schön. Aber abwerben...
    »Das Tribunal wird darüber entscheiden, wer schuldig ist und welches Maß an Verantwortung Igor zu tragen hat. Er hat Alissa zu einem offiziell registrierten Duell herausgefordert, insofern trifft die Nachtwache keine Schuld. Doch wenn die Inquisition ihn für schuldig befindet, zu übersteigerten Formen der Selbstverteidigung gegriffen oder es bewusst auf eine Provokation angelegt zu haben, ist sein Schicksal besiegelt. Dann muss er ins Zwielicht. Schon jetzt lebt er kaum noch ... und wie es scheint, hat er keinen Willen zu kämpfen. Aber wir brauchen Igor, Anton. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr.«
    »Aber was ist dort eigentlich passiert, Boris Ignatjewitsch?«, fragte Anton.
    »Was passiert ist? Keine Ahnung. Wir haben nicht versucht, jemanden zu provozieren, das kannst du mir glauben. Ich habe Igor in Urlaub geschickt, denn der Junge hatte sich völlig verausgabt. Weißt du eigentlich, wie hervorragend die Arbeit im Pionierlager zur Regeneration geeignet ist? Die glücklichen Gesichter der Kinder, das fröhliche Gelächter, das übermütige Geschrei ...« Gesers Stimme klang jetzt ganz warm. Es hätte nicht viel gefehlt, und Anton hätte geglaubt, der stets ernste Chef der Nachtwache lecke sich im nächsten Moment über die Lippen und fange an zu schnurren. Doch Geser unterbrach sich selbst. »Entweder ist unsere Anklage gerechtfertigt, dann haben wir eine Chance, Igor zu retten«, fuhr er schließlich fort. »Oder alles, was geschehen ist, ist ein tragischer Zufall ... dann kann uns die Inquisition zwar nichts

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