Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2 - Wächter des Tages

2 - Wächter des Tages

Titel: 2 - Wächter des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
einer gewissen Erleichterung und stellte sich dann ebenfalls vor: »Sachar Selinski, Anderer. Freier Mitarbeiter der Nachtwache. Kommen Sie mal durch...«
    In seinem Ton klang unverkennbar das übliche Was alles so über unser Moskau herfällt mit. Die Anderen brachten in ihre Beziehungen unwillkürlich menschliche Modelle und Stereotypen ein. Vermutlich ärgerte sich der Lichte über diesen zugereisten Provinzler sowie über die Tatsache, dass er seinen Hintern nun vom Stuhl hochbequemen und seinen Blick von der Zeitung losreißen musste, um sich zu seinem Dienstcomputer zu schleppen und die Registrierung vorzunehmen...
    Mitten in der Wand gab es eine weitere Tür, die ein normaler Mensch zu sehen jedoch absolut nicht imstande war. Sie zu öffnen bestand keine Notwendigkeit - wir gingen durch die Wand und durch das graue Zwielicht, das mit einem Mal alles um uns herum ausfüllte. Unsere Bewegungen wurden weich und langsam, und selbst die Deckenlampe fing an, merklich zu flackern.
    Das zweite Zimmer sah weit repräsentativer aus als das erste. Der Sergeant setzte sich sofort an seinen komfortablen Schreibtisch, hinter den Computer, während er mich bat, auf einem weichen Sofa Platz zu nehmen.
    »Bleiben Sie lange in Moskau?«
    »Ich weiß es noch nicht. Vermutlich mindestens einen Monat.«
    »Zeigen Sie mir bitte Ihre permanente Registrierung!«
    Er könnte sie auch so sehen, mit dem Blick der Anderen, aber die Regeln verlangten offenbar nach einer einfachen Methode.
    Meine Jacke war sowieso schon offen, deshalb hob ich nur den Pullover, das Hemd und das T-Shirt hoch. Auf meiner Brust leuchtete die blaue Markierung der permanenten Registrierung der Ukraine. Der Sergeant überprüfte sie, indem er mit der Hand Passes, die beschwörenden Bewegungen, machte, und hackte danach sofort auf die Tastatur ein. Kurz verglich er seine Ergebnisse mit den Daten, dann hackte er abermals auf die Tastatur ein, öffnete einen massiven Tresor, der offenbar nicht nur mit einem Schloss verschlossen war, zog etwas aus ihm heraus, führte die notwendigen Prozeduren durch und schleuderte schließlich einen blauen Klumpen Licht auf mich. Über meinen gesamten Oberkörper ergoss sich kurz Feuer, und eine Sekunde später schmückten meine Brust zwei Siegel. Das zweite stand für die temporäre Registrierung in Moskau.
    »Die Registrierung ist zwar nur temporär, im Prinzip aber unbegrenzt«, erklärte der Sergeant ohne besondere Begeisterung. »Solange Sie in unserer Datenbank als ausschließlich gesetzestreuer Dunkler geführt werden, können wir Ihnen entgegenkommen und eine unbegrenzte Registrierung einräumen. Ich hoffe, die Nachtwache muss ihre Meinung über Sie nicht ändern. Das Siegel wird sich selbst zerstören, sobald Sie sich länger als einen Tag außerhalb von Moskau aufhalten. Wenn Sie länger als 24 Stunden ausreisen müssen, seien Sie bitte so freundlich und lassen sich erneut registrieren.«
    »In Ordnung«, antwortete ich. »Danke. Kann ich jetzt gehen?«
    »Gehen Sie... Dunkler.«
    Der Sergeant schwieg kurz, dann schloss er den Tresor (nicht nur mit dem Schloss), ließ den Computer, wie er war, und wies auffordernd mit der Hand zur Tür.
    Wieder in dem heruntergekommenen Kämmerchen, wandte er sich mir zaghaft mit einer weiteren Frage zu. »Verzeihen Sie, was sind Sie? Kein Vampir, kein Tiermensch, kein Inkubus und kein Hexer - das kann ich sehen. Und kein Magier, meiner Ansicht nach. Irgendwas begreife ich hier nicht...«
    Der Sergeant selbst war ein Lichter Magier etwa vierten Grades. Nicht sehr hoch, aber auch nicht allzu tief.
    Und in der Tat: Wer war ich?
    »Das ist eine schwierige Frage«, antwortete ich ausweichend. »Am ehesten wohl ein Magier. Auf Wiedersehen.«
    Ich griff nach meiner Tasche und kehrte ins Foyer zurück.
    Fünf Minuten später hatte ich es mir in meinem Zimmer bereits gemütlich gemacht.
    Ich hatte richtig gelegen, als ich dem Mann an der Rezeption nicht getraut hatte - der erste Anruf mit dem Vorschlag, für etwas Abwechslung zu sorgen, erreichte mich beim Rasieren. Finster, aber höflich bat ich darum, von weiteren Anrufen abzusehen. Beim zweiten Mal hatte sich die Höflichkeit in meiner Stimme schon ziemlich verzogen, während ich beim dritten Mal so viel zähe und klebrige Kraft in den völlig unschuldigen Hörer goss, dass mein Gesprächspartner sich nach der ersten Silbe verschluckte und verstummte. Danach rief niemand mehr an.
    Ich mache Fortschritte, dachte ich. Bin ich am Ende also doch

Weitere Kostenlose Bücher