2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
anstatt das Vernünftige zu tun und das Weite zu suchen, und nun wogten sie knapp außerhalb der heiligen Felder hin und her. Sie wussten nicht, was sie tun sollten, und erwarteten von uns, dass wir sie mit unserer vorhandenen Magie schützten.
Abgetrennte Rechte Hand hatte uns nach der Morgendämmerung mit wenigstens neunzigtausend Geblüten angegriffen, ungefähr das Doppelte der Anzahl, die Hun Xoc für die Verteidigung hatte zusammenziehen können. Und das war vermutlich nur die erste Welle der Streitmacht, die Abgetrennte Rechte Hand aufbieten konnte. DieAngreifer schienen einige napoleonische Taktiken übernommen zu haben, die von 2-Juwelenbesetzter-Schädel eingeführt worden waren, zumindest insofern, als sie es auf das Töten des Gegners anlegten und nicht mehr auf seine Gefangennahme. Vielleicht hatte 9-Reißzahn-Kolibri ihnen davon berichtet.
Wie es aussah, war es zu spät, um noch irgendetwas anderes zu tun, als zu verschwinden. Abgetrennte Rechte Hand wäre in weniger als zwei Tagen hier. Und meine Aussetzer wurden so schlimm, dass ich mir Sorgen machte, ich könnte jeden Moment als Kloß mit einem IQ von 75 zusammenbrechen.
Tja, da habe ich wirklich eine Bescherung angerichtet, dachte ich. Ich war für denkbare, kürzeste Zeit an der Macht und hatte den Untergang der Stadt verursacht. Wenn ich heute starb – ich meine, wenn ich heute für immer starb –, gäbe es nicht viel, worauf ich stolz sein konnte.
Ich zog mich ins Halbdunkel der Vorkammer zurück und nahm meine Matte ein. In dem kleinen Raum drängten sich zwölf andere Personen. Hun Xoc fuhr mit seinem Bericht fort. Er sagte, während der letzten drei Sonnen hätten Rassler-Anhänger die Puma-Allianz mit Blasrohrfeuer von den Wällen ferngehalten, doch nun mehrten sich Desertionen und Massenselbstmorde, und die Sippen würden keine weitere Nacht durchhalten. Morgen sei eindeutig die letzte Sonne von Ix. Ich schnitt ihm das Wort ab und winkte 14-Schwarzes-Gila heran, 1-Gilas Sohn. Er rutschte auf Knien näher und beugte sich vor mir nieder.
Er meldete, dass 1-Gila seine Gruppe zusammengehalten habe und fast fünfhundert Zwanzigschaften aus Kohs Rasslerfamilien noch immer bei ihm seien. Er kampiere an den östlichen Palisaden, sagte sein Sohn, und halte Abgetrennte Rechte Hands Männer bislang auf Abstand, wäre aber bald gezwungen, sich nach Norden zurückzuziehen. Ich hatte das Gefühl, 1-Gila würde sauber aus der ganzen Sache herauskommen und vielleicht sogar noch Oberwasser haben. Aber das war in Ordnung, fand ich; es war schön, wenn wenigstens ein paar Leute wussten, was sie taten.
»Wir knüpfen Blutbande zu seinem Vater«, versprach ich 14-Schwarzes-Gila, »wenn er so viele Abhängige mitnimmt, wie er kann.«
Im Namen seines Vaters schwor 14-Schwarzes-Gila, dass er das tun werde.
»Und sobald sie die Feuer im Tempelbezirk legen, soll er unseren Geblüten befehlen, sich zu ergeben«, fuhr ich fort. Die Wendung, die »sich ergeben« am nächsten kam, war »in den Freitod gehen«; daher musste ich erklären, was ich meinte. Auch das versprach 14-Schwarzes-Gila.
Hun Xoc legte ein kleines Leporello-Buch vor mich auf den Altartisch und öffnete es. Die Seiten waren eilig beschrieben, ganz und gar nicht im passenden Stil für den Anlass, aber der Bericht sah vollständig aus. Ich hielt meine Linke hoch, und er stach mir mit einem Rochenstachel in die Handfläche. Ich tauchte das Ende eines feuchten Schreibpinsels ins Blut und schrieb jeweils vier Hieroglyphen auf jede Seite. Es war kein Testament im eigentlichen Sinne, aber es empfahl oder verpfändete meine sämtlichen Geblüte und Güter und Ländereien und Rechte – bis auf mein Grab und die meiner Ahnen – an 1-Gila aus dem Echsen-Haus als dem legitimen Oberhaupt der Sternenrassler-Gemeinschaft. Ich löschte das Blut und faltete das Buch zusammen, schob es in seine Hülle aus Hirschmagen, band sie zu und reichte das Ganze 14-Schwarzes-Gila.
»Nur aus deiner Hand nur in seine Hand«, sagte ich. Er bestätigte den Befehl mit einer Geste, die »Ich werde sterben, um es zu schützen« besagte, und ging. So ein Rotzlöffel, dachte ich.
So, was bleibt mir hier noch zu tun?, überlegte ich. Irgendwelche unaufschiebbaren Mordanschläge? Ich fragte mich, ob ich noch einmal deutlich betonen sollte, dass mein Büro im Ozelot-Haus unbedingt niedergebrannt werden musste. Nein, das ist wohl nicht erforderlich, dachte ich.
Irgendwelche Nachrichten aussenden? Der Rest von Kohs
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