2099 - Sekundärwaffe Geistertanz
Stimme klang jetzt gedämpft, er flüsterte nur noch. „Wir werden die Hölle sehen, das verspreche ich Ihnen." Hinter dem Haluter hatte eine zweite Person die Zentrale der TERRANIA betreten. Andalassiu rieb seinen Nacken, als er den Blick wieder senkte und sich dem Ara zuwandte. Zu dem knapp über zwei Meter großen Mediziner musste er nicht so extrem aufschauen. Zheobitt war hager, beinahe dürr, sein hochgewölbter Schädel wirkte wie poliert, wenngleich das eher an den leicht bläulich unter der alabasterfarbenen Haut verlaufenden Adern lag. Der schmallippige Mund und die scharf gezeichnete Nase verliehen ihm das Aussehen eines Raubvogels.
Kann man ihm wirklich vertrauen? Prompt durchzuckte den Leutnant die Frage, die sich vor ihm schon viele gestellt hatten. Ärgerlich auf sich selbst, verscheuchte er mit einer knappen Kopfbewegung alle Zweifel. Zheobitt war loyal, solange sein Geltungsbedürfnis und die Gewinnsucht befriedigt wurden. „Ich erwarte absolute Präzision", begann der Ara ohne jede Begrüßung. „Aufgabe der LEMY DANGER ist, beide Kreuzer so nahe wie möglich an Arkon III abzusetzen; die RIO TOCA hat die Carit-Schiffe notfalls durch die Hölle zu steuern. Verluste an Leben sind in diesem Planungssegment nicht zu erwarten - es sei denn ..." Zheobitt machte eine Pause, während der seine rotglimmenden Augen jeden der Anwesenden zu durchbohren schienen. „... es sei denn, auch nur ein einziges kleines Zahnrad in dem Zusammenspiel versagt. Dann habt ihr alle unsere einzige und vermutlich auch letzte Chance vertan, SEELENQUELL aufzuhalten."
Im ersten Moment wollte Andalassiu aufbegehren, doch dann versetzte er nur: „Die USO wird ihren Part der Operation Geistertanz erfüllen." Zheobitt streifte ihn mit einem überheblichen Augenaufschlag. „Das hoffe ich", sagte er betont, wobei er die gentechnisch verkürzten und zu feinen Operationswerkzeugen veränderten Finger seiner linken Hand öffnete und schloss. >-Die Fernsteuerung ist der entscheidende Faktor."
Falls überhaupt Raumschiffe eine Chance hätten, das Transformfeuer von Arkon III zu überwinden, dann die mit Carit beschichteten Kreuzer. Nach wie vor mussten die Wissenschaftler eingestehen, dass die perfekt spiegelnde Legierung, die den Eindruck erweckte, als würde die Schiffshülle von innen heraus glimmen, über größtenteils unbekannte Eigenschaften verfügte. Das goldfarbene Carit enthielt anscheinend mikroskopische Beimengungen des Ultimaten Stoffes und war zweifellos ein Erzeugnis der Kosmokratentechnik. Auftreffende Energien absorbierte es bis zu einem noch unbekannten Wert und strahlte sie bei Erreichen der Sättigungsgrenze in den Hyperraum ab. Dieser CaritÜberzug prädestinierte beide Kreuzer, die Sekundärwaffe ins Ziel zu tragen, den entscheidenden Brocken, an dem sich die negative Superintelligenz endlich „verschlucken" sollte.
Keines der in der Milchstraße bekannten Waffensysteme konnte das Carit durchschlagen. Andererseits waren die Kreuzer nicht gegen die ungeheuren Erschütterungen direkter Transformtreffer gefeit. Beharrungskräfte ebenso wie heftigste Vibrationen der Schiffsstruktur würden für jede menschliche Besatzung zur tödlichen Falle werden.
Die RIO TOCA, ein Steuerschiff der 2. LFT-Experimentalflotte, musste die Kreuzer in die Fernsteuerung nehmen, sobald sich die Hangars der LEMY DANGER öffneten. Von dem Moment an hatte die Operation mit einer Präzision abzulaufen, die nicht die geringste Unsicherheit duldete. Schon im Kampf gegen die Kosmische Fabrik MATERIA war die Schlagkraft der Experimentalflotte bewiesen worden. Sechs Steuerschiffe der 500-Meter-Klasse hatten 120 unbemannte Einheiten koordiniert in den Einsatz geschickt.
Während Blo Rakane mit den Quintechs die letzten Kontrollen vornahm, stand der Ara Zheobitt regungslos vor dem Navigationsholo, das den längst nicht mehr zu überblickenden Aufmarsch zeigte. Vor dem Kristallschirm zeichneten sich die Teilflotten als dunkle Silhouetten ab, deren Drift für immer neue Konstellationen sorgte. In den anderen Richtungen verschmolzen die Schiffe mit dem Weltraum. Vor allem die kantigen Fragmentraumer der Posbis wurden zu bizarren Konglomeraten aus Düsternis und vagem Widerschein der Sterne von M13. Die Zahl der Schiffe wirkte atemberaubend, von ihrer geballten Angriffskraft ganz zu schweigen. Sobald diese Armada losschlug, musste der Weltraum aufbrechen.
Unerbittlich verrann die Zeit. Es gab wohl niemanden an Bord der vereinten Flotte, der sich
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