211 - Die Zombie-Seuche
»Magnan war dein Vater, nicht wahr?«, fragte er unvermittelt.
»Ja, das war er.« Eine Weile lief sie schweigend neben dem seltsamen Weißen her, der behauptete, aus der Vergangenheit zu stammen. Dann sprudelten die Worte aus ihr hervor.
Sie erzählte, wie sehr sie die Opferungen gehasst hatte, wie Magnan sie deswegen von den anderen Menschen isoliert hatte, und wie sein neuer Leibarzt Noah sich ihrer annahm. Erzählte von ihrer Liebe und ihrem Entschluss, gemeinsam zu fliehen. Nach Yusalem, der Heimat von Noah. An dieser Stelle brach sie in Tränen aus.
Sie ließ sich von Maddrax in den Arm nehmen, ließ sich von ihm trösten. Sein warmer Körper und der Klang seiner Stimme taten ihr gut. Die Schwere in ihrer Brust schien mit ihren Tränen davon zu fließen. Wie aus weiter Ferne drang die Stimme des Mädchens zu ihr vor: »Ich habe Hunger!«
Sanbaa löste sich von Maddrax und sah, wie Almira von dem Rücken des Gnaks rutschte. »Ich brauche was zu essen!« Mit unsicheren Schritten wankte sie auf die beiden zu. »Fleisch!«
In der Ferne tauchte Rulfan aus einer Baumgruppe auf. In seinen Händen schwenkte er seine Jagdbeute.
***
Die Nacht versprach kalt zu werden. Matt, Rulfan und die beiden Frauen drängten sich dicht um das Feuer bei der kleinen Baumgruppe. Matt stocherte mit einem Ast in der Glut herum. Er machte sich ernsthafte Sorgen um Almira. Ihre Bewegungsabläufe waren unkoordiniert, die Augen taten ihr weh und sie schien immer häufiger abwesend zu sein.
Ihm war der Gedanke gekommen, sie könnte sich vielleicht mit der Zombieseuche infiziert haben, aber wie sollte das passiert sein? Weder einer der lebenden Toten, noch ein erkranktes Tier hatte sie verletzt. Und wenn eine Übertragung durch die Luft möglich wäre, hätten sie sich längst alle anstecken müssen. Vielleicht war die Belastung der letzten Tage einfach zu viel für die Siebzehnjährige gewesen. Dafür sprach auch ihre nervliche Verfassung. Als Rulfan nur Schlange zum Abendbrot brachte, war sie fast ausgeflippt. »Was soll ich mit Schlange! Ich brauche etwas Kräftiges! Leber, Herz, Nieren, und was es sonst noch an Innereien gibt!«, hatte sie Rulfan angeschrien.
Jetzt saß sie Matt gegenüber und stierte ins Feuer. Er warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Das hätte er besser gelassen: Als sie seinen Blick bemerkte, versuchte sie aufzuspringen. Schon alleine das sah zum Fürchten aus.
Ihre Glieder zuckten in verschiedene Richtungen, ihr Körper schwankte vor und zurück. Hätte Rulfan sie nicht gestützt, wäre sie ins Feuer gefallen. Aber das schien sie gar nicht zu registrieren.
»Was starrst du so? Glaubst du, ich merke das nicht? Glaubst du, ich bin verrückt?«, keifte sie Matt an. Dann ging sie auf Rulfan los. Doch ihre Hände schlugen ins Leere. »Lass mich los. Ich kann alleine stehen!«
Das betretene Schweigen, das nun einsetzte, brachte sie noch mehr in Rage. »Was? Was ist? Sag was, Albino, und glotzt mich nicht an, wie du dein krankes Gnak gestern angeglotzt…!« Plötzlich versagte ihr die Stimme.
Betroffen schaute sie zu Boden.
»Du bist krank, Almira! Und wir wollen dir helfen. Wir sind deine Freunde, nicht deine Feinde!« Sanbaa stand auf und legte ihren Arm um die Schulter der jungen Frau.
Almira sah sie an, als wäre sie eine Fremde. »Ich bin müde! Will schlafen!«, murmelte sie.
Sanbaa nickte. Sie raffte ein paar Decken und Felle zusammen und führte Almira zu einem Platz abseits der Männer. Hinter zwei eng beieinander stehenden Bäumen richtete sie ihnen beiden ein Nachtlager.
Almira ließ sich schwerfällig auf das Lager nieder.
Auf den Knien hockend, zupfte sie sich Decken und Felle zurecht.
Sanbaa strich ihr über das Haar.
»Weißt du, ich hatte auch einmal eine Krankheit, bei der niemand wusste, was es war. Die Leute behandelten mich, als ob ich der Tod persönlich wäre.«
Almira hob aufmerksam den Kopf. Sie kroch ein Stück näher an Sanbaa heran.
»Aber Noah fand damals schnell heraus, was mir fehlte.« Sanbaa lächelte Almira an. Erst jetzt fielen ihr die glänzenden Augen des Mädchens auf. Sie tastete nach dessen Stirn. »Was ist mit dir? Hast du Fieber?«
»Hngr!«, stammelte Almira unverständlich.
»Was?« Sanbaa beugte sich vor, um besser verstehen zu können. Da legte sich Almiras Hand auf ihren Mund.
Sanbaa war zu überrascht, um reagieren zu können. Mit übermenschlicher Kraft drückte das Mädchen sie nach hinten. Alle Gegenwehr war vergeblich. Wie ein schwerer Mehlsack
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