21st Century Thrill - Mind Games
oder Ellen erklären können, wie es in ihm aussah.
Ellen drückte die Luft aus der Nadel, bis ein Tropfen klarer Flüssigkeit hervorquoll. Sie tastete nach der Vene in seinem Arm.
Kris biss die Zähne zusammen und wartete auf den Einstich.
Das Schlimmste war die Hilflosigkeit. Sein Rücken schmerzte.
Kris lag einfach da, dem grellen Licht ausgesetzt. Er fror.
Er konnte sich nicht bewegen. Nicht einmal seine Lage verändern. Er könnte hier sterben. Wenn sie ihn nicht losbanden, ihm nichts zu trinken gaben, wäre er in weniger als einer Woche tot. Er hatte keine Kraft, an seinen Fesseln zu ziehen. Oder zu versuchen, die Klettverschlüsse zu lösen. Vielleicht indem er seine Hände hin und her drehte. Stunden, wenn es sein musste. Tage.
Er konnte nicht. Er konnte und wollte nicht.
Sein Hals war trocken. Das Waschbecken dort an der Wand erschien ihm wie das Paradies. Die Erfüllung all seiner Wünsche.
Vor seinen Augen tanzten bunte Kreise. Wahrscheinlich, weil das Licht ihn so brutal blendete.
Er hatte vorhin überreagiert, als ihm gedämmert war, dass er eine Injektion bekommen würde. Die Typen saßen am längeren Hebel. Die beiden Muskelpakete hatten seinen Aufstand im Handumdrehen niedergeschlagen. Vermutlich war das ganze Gebäude, in dem sie ihn gefangen hielten, von solchen Riesen bewacht.
Val hätte so einen Fehler nicht gemacht.
Val.
Ein warmes Gefühl durchströmte Kris. Seltsam tröstlich. Er würde sterben, aber wenigstens hatte er ein Mädchen geliebt.
Kris döste ein.
Kapitel 37
Er schreckte hoch, weil das Licht ausging.
Die plötzliche Dunkelheit versetzte ihn in Panik. Er riss an den Fesseln. Sein Rücken tat weh. Er hob den Kopf.
Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis. Sie war kalt und undurchdringlich. Sosehr er zuvor das grelle Licht verflucht hatte, sosehr sehnte er es jetzt herbei. Hoffte mit aller Kraft, dass die Lampen wieder angehen würden. Dass jemand käme und seine Fesseln löste. Und dass er was trinken konnte. Er hustete.
Irgendwo weit weg summte etwas. Und die roten Kontrollleuchten an den Videokameras leuchteten nicht mehr. Kris drehte den Hals, um in alle vier Ecken schauen zu können. Doch er täuschte sich nicht.
Der Strom musste ausgefallen sein.
Bedeutete das etwas Gutes für ihn? Oder eine neue Katastrophe?
Wenn sie keinen Strom hatten, konnten sie ihn nicht beobachten. Und sie konnten ihn auch nicht hören.
Kris spürte einen zarten Lufthauch. Etwas Kühles streifte seinen Körper. Er fröstelte.
„Wer ist da?“, wisperte er so heiser, dass er sich selbst kaum verstand. Seine Stimme klang wie ein zerbröselndes Herbstblatt.
Fremde Lippen berührten sein Ohr.
„Kein Wort!“
Kalte Hände glitten über seinen Arm und lösten die Fesseln an seiner linken Hand. Sofort riss er den Klettverschluss an der anderen Hand auf. Er richtete sich auf und tastete zu den Fesseln um seine Fußgelenke, aber die andere Person war schneller.
„Steh auf!“ Auch diese Anweisung kam so leise wie ein Hauch.
Er gehorchte. Ohne zu wissen, auf wen er sich einließ.
Eine Hand griff nach seiner und zog ihn hinter sich her. Eine Frauenhand. Weich und mit langen Fingernägeln.
Kris sah und hörte nichts.
Sie schlichen durch undurchdringliche Dunkelheit. Kurz flammte in der freien Hand der Frau, die ihn führte, eine Taschenlampe auf.
Er sah ihre Silhouette. Sie war klein, hatte Locken und trug einen weißen Labormantel.
Kris riss seine Hand los.
„Spinnst du?“, zischte Ellen.
„Lass mich in Ruhe!“ Kris zitterte. Schweiß strömte aus allen Poren seines Körpers. Sein T-Shirt klebte am Leib. Gleichzeitig fror er.
„Mach keine Mätzchen! Wir haben maximal zwanzig Minuten. Bis dahin kriegen sie das Notstromaggregat an. Dann haben wir keine Chance mehr!“
Kris ließ zu, dass sie nach seiner Hand griff und ihn weiterzog.
„Wohin gehen wir?“, flüsterte er.
„In den Keller. Halt jetzt die Klappe!“
Der Boden unter Kris’ Füßen, eben noch glatt, wurde rauer. Ellen stieß eine Tür auf. Sie fiel schwer hinter ihnen ins Schloss. Ellen atmete hörbar aus, während sie einen Riegel vorschob.
„Jetzt geht es eine Treppe runter. Sei vorsichtig.“
„Wo ist Val? Wo ist Aki?“
„Klappe!“
„Wie soll ich dir vertrauen, wenn du nichts sagst?“, wehrte sich Kris.
„Vertrau mir oder nicht, aber halt den Rand!“
Die Treppe war lang. Kris zählte vierzig Stufen.
„Wir sind unten“, flüsterte Ellen. Sie öffnete noch eine Tür. Das
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