2204 - Planet der Mythen
dem Temtem ist vielleicht übertrieben, aber ein Schneeloch müsste uns doch schützen, oder?"
Zum ersten Mal hörte Rif Angst in der Stimme des Kameraden. Er verneinte mit einer Geste.
Ein solches Versteck würde sie zwar vor fliegenden Steinen schützen, aber der Schnee, den der Sturm wie eine Lawine vor sich hertrieb, würde das Loch zuschütten.
„Er... ersticken", erklärte er stammelnd.
„Oh ..." Shar setzte sich auf den Schlitten. Sein Rücken zeigte zur Sonne, als wolle er nicht sehen, wie bedrohlich tief sie bereits über den Bergen hing „Und was machen wir jetzt?"
Rif antwortete, indem er den Antrieb einschaltete. Es klickte, mehr geschah nicht.
„Es hat die letzten zwanzig Mal nicht geklappt, warum sollte es jetzt klappen?" Shars Stimme klang respektlos.
Rif warf ihm einen strengen Blick zu, und der jüngere Bruder seiner Paarungsgefährtin reagierte sofort und legte eine Hand über die Augen.
Mit einer Kopfbewegung akzeptierte Rif die Entschuldigung.
Er hat ja Recht, dachte er insgeheim. Der Schlitten lässt sich nicht starten, egal, wie oft ich versuche, den Doch was konnte er sonst tun?
Antrieb einzuschalten.
Kein Einziger seines Volks hatte je gelernt, wie man eine Maschine reparierte. Ihre Finger waren zu breit, ihre Hände zu groß. Sie waren ein Volk von Jägern, hatten nie etwas anderes sein wollen und würden auch nie etwas anderes sein.
Die Städte jenseits des Eises waren fremde Gebilde, deren Gesetze sie gelernt hatten, ohne sie wirklich zu verstehen. Und so beherrschten sie auch die Technik: Jeder Vay Shessod wusste, wie man einen Schlitten steuerte, aber niemand begriff so recht, wie er funktionierte. Wenn etwas nicht mehr ging, brachte man es bei der nächsten Reise zurück in die Stadt. Die Vay Shessod waren zu klug, um sich von etwas abhängig zu machen, was 'sie nicht verstanden.
Zumindest meistens waren sie so klug, gestand sich Rif ein. Ab und zu waren sie jedoch so dumm, mit einem.
seltsam klingenden Schlitten ins Eis zu fahren.
„Hörst du das?", fragte Shar. Er hatte trotz der Kälte die Ohren aufgestellt.
Rif lauschte, aber außer dem Heulen des Winds und dem Knirschen des Schnees war nichts zu hören. Er wollte gerade verneinen, als er ein dumpfes Brummen wahrnahm. Es wirkte vertraut, klang wie der ...
„Ein Schlitten!", unterbrach Shar seine Gedanken. Er zog hastig seinen Mantel aus und kletterte auf die toten Keyzen. Rif stützte ihn ab, achtete sorgfältig darauf, dass er den spitzen Hauern fernblieb.
Shar schwang den Mantel wie eine Fahne hin und her. Auf der rötlichen Schneefläche musste die dunkle Farbe gut zu erkennen sein.
Das Geräusch wurde zuerst leiser, dann langsam lauter.
„Ich sehe sie!", rief Shar. Freude und Aufregung verliehen ihm einen süßen, angenehmen Geruch. „Kem Shar ist dabei und die beiden Fremden."
Rif stellte sich auf die Zehenspitzen. Jetzt erkannte er auch den Umriss eines Schlittens, der rasch näher kam. Sein Blick fiel auf die untergehende Sonne, sein Gehirn rechnete aus, wie lange sie bis zum Lager brauchen würden.
Selbst wenn sie die Keyzen den Raubtieren überließen, war der Schlitten mit fünf Personen überladen. Doch neben ihm hergehen konnten sie auch nicht. So viel Zeit hatten sie längst nicht mehr.
Wir sind noch nicht gerettet, dachte Rif skeptisch.
Kem bremste den Schlitten vor ihnen ab. Shar sprang von den Keyzen in den Schnee. Er stupste seinen Bruder unterwürfig mit der Schnauze an und grüßte die Fremden. Da sie keinem Rudel angehörten, standen sie außerhalb der Familienstrukturen und wurden von allen gleichberechtigt behandelt.
„Was ist los?", fragte Kem sofort.
Auch sein Blick glitt immer wieder zur Sonne, deren Rand bereits die Berge berührte.
Shar zeigte auf den: offen liegenden Antrieb. „Der Schlitten fährt nicht mehr" Die beiden Fremden stiegen ab. Obwohl sie bereits seit vielen Tagen bei seinem Volk lebten, hatte Rif sich noch nicht an ihre merkwürdig nackten Gesichter und das weiche Kopffell gewöhnt. Selbst jetzt, da das Fell zumindest bei einem die untere Hälfte seines Gesichts bedeckte, wirkte er fremd.
Die beiden waren nicht die ersten Außerirdischen, die er sah. Einige lebten in Ptumak und arbeiteten in Berufen, die den Vay Shessod schwer fielen. Es waren allerdings die ersten, die er über einen längeren Zeitpunkt beobachtet hatte.
Je länger sie bei seinem Volk blieben, desto fremder erschienen sie ihm.
Die Zeit machte Unterschiede deutlicher als
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