2243 - Die Mediale Schildwache
nicht.
Früher wäre es für Zephyda undenkbar gewesen, mit Motana zu tun zu haben, ohne ihre Namen zu kennen. Aber inzwischen war es eher die Regel als die Ausnahme geworden. Es waren einfach zu viele Gesichter, als dass eine gewöhnliche Sterbliche sie sich alle hätte merken können. Und außerdem, was machte es schon? Was zählte, war die Funktion der Frau und dass sie sie erfüllte. „Wir wissen es nicht genau. Über 70.000", antwortete die Frau. Sie hatte etwas Harsches, Männliches an sich, gepaart mit der unerschütterlichen Zuversicht, die nur jenen zu Eigen war, die noch nie gescheitert waren. „Täglich kommen ungefähr noch einmal 5000 dazu. Wir rechnen aber damit, dass diese Zahl weiter steigen wird. Aus dem Orbit machen unsere Kreuzer immer neue Gruppen aus, die nach Baikhalis aufgebrochen sind, manche haben sich auch aufgemacht, die Meere von anderen Kontinenten zu überqueren. Und wahrscheinlich ist das nur ein Bruchteil der tatsächlichen Zahl. Viele Motana trauen der neuen Freiheit noch nicht und schleichen sich eher heran, als dass sie marschieren."
Zephydas Funkgerät summte. Sie überprüfte die Kennung des Anrufers - es war eine untergeordnete Motana - und ignorierte das Geräusch. „Wie geht der Bau der Auffanglager voran?"' „Nach Plan. Die Kapazitäten schließen zum tatsächlichen Bedarf auf. Wenn wir die alten Kybb-Lager benützten, wären wir bereits..."
„Nein, das kommt nicht in Frage." Die Lager. Die Kybb-Cranar hatten dort versucht, diejenigen Motana, die ein besonderes Psi-Potenzial besaßen, aus ihren Gefangenen herauszufiltern. Viele Tausende hatten die brutale Auslese nicht überlebt, als „Ausschuss" war den Kybb-Cranar ihr Schicksal gleichgültig gewesen.
Die Lager waren nahezu intakt geblieben. Ein guter Teil der Flüchtlinge hätte auf der Stelle in ihnen unterkommen können, hätte dort, wenn auch auf primitivem Niveau, Unterkunft, Trinkwasser und sanitäre Anlagen vorgefunden.
Aber allein der Gedanke, die Motana nach ihrer Befreiung als Erstes zurück in die Todeslager zu schicken ... er war obszön.
Die Motana hatten bereits zuviel erlitten. Sie verdienten eine bessere Zukunft, und Zephyda schuftete 15 von 19 Stunden, aus denen ein Baikhal-Cain-Tag bestand, um sie ihnen zu schaffen.
Die beiden Frauen hielten jetzt auf die Mitte des Landefelds zu, auf den Platz, an dem die SCHWERT niedergegangen war. Rhodan erwartete Zephyda und die Übrigen in einer halben Stunde. Er wolle ihnen einen Entschluss verkünden, hatte der Terraner nur auf ihre Nachfrage geantwortet, als er sie am Morgen 'über Funk benachrichtigt hatte.
Die Flüchtlinge machten ihnen Platz, sahen ihnen schweigend aus großen, tief in den Höhlen liegenden Augen nach, als könnten sie ihren Sinnen nicht trauen. Zephyda und ihre Begleiterin schienen ihnen von einer anderen Welt zu kommen. Was sie auch taten: die Kommandantin von Tom Karthay, der einzig freien Motana-Welt des Sternenozeans von Jamondi, die nie die Grausamkeit der Kybb-Cranar verspürt hatte. Und Zephyda mochte zwar auf Baikhal Cain geboren sein, aber sie war längst zwischen den Sternen zu Hause. „Wir haben alles durchgerechnet", fuhr die Kommandantin fort. „Wenn wir die zwanzig Schiffe, die du uns zugestanden hast, als Grundlage nehmen, können wir die Evakuierung in einem überschaubaren Zeitraum abschließen."
Zwanzig Schiffe, ein Drittel ihrer Streitmacht - mehr wagte Zephyda nicht vom Wachdienst im Cain-System abzuziehen, und auch das nur unter schwersten Bedenken. Früher oder später würden die Kybb-Cranar versuchen, das System zurückzuerobern. Jeden Tag konnte es soweit sein. Schon als Zephyda mit ihren Kreuzern Baikhal Cain erobert hatte, war es den Kybb-Cranar gelungen gewesen, mehrere Hunderte Einheiten ihrer Wachflotte bedingt einsatzbereit zu machen. Sie stellten keine ernsthaften Gegner für die Bionischen Kreuzer dar, aber Zephyda war zu klug, um sich in Sicherheit zu wiegen.
Die Kybb-Cranar würden weiter an ihren Schiffen arbeiten, sie nach und nach wieder zur Einsatzreife bringen. Oder sogar andere Kybb alarmieren, von denen man bisher nur die Namen kannte: Kybb-Traken, Kybb-Titanen, Motoklone von Kherzesch ... Der Graue Autonom hatte so wenig verraten, doch das Wenige klang bedrückend. Setzte Zephyda alle ihre Schiffe zur Evakuierung ein, ginge sie das Risiko ein, einem Kybb-Angriff wehrlos gegenüberzustehen. Es hätte den Tod aller auf Baikhal Cain verbliebenen Motana bedeutet. „Was meinst du mit
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