2248 - Friedenskämpfer
Verstand nicht. Ihr mentaler Kontakt wurde intensiver. Verschwommen glaubte sie, eine domartige Höhle zu sehen. Wie Stalaktiten hingen glühende Gebilde von der Decke herab. Entlang der Wände reihten sich dreidimensionale Bildwiedergaben. Davor hantierten die Fremden. Es mussten Hunderte sein. Ihr Schrei nach Rache war unüberhörbar.
Rußiger Qualm wälzte sich Lyressea entgegen. Die Hitze und der Gestank raubten ihr fast den Atem. Aber endlich hatte sie den fremden Raumer vor sich, ein Furcht erregendes Gebirge aus Stahl. Hunderte scheibenförmiger Flugkörper schössen aus den geöffneten Schleusen hervor.
In dem Moment spürte Lyressea eine fremde Kraft. Etwas Ähnliches hatte sie nie zuvor wahrgenommen. Ihr mentales Tasten war entdeckt worden.
Wir sind nicht deine Gegner, hörte sie eine lautlose Stimme. Wir suchen nur Gerechtigkeit.
Wieder feuerten die Schiffsgeschütze. Der Glutorkan tobte über das jenseitige Stadtgebiet hinweg. Die Flugscheiben machten Jagd auf die Roboter der Maschinenstadt; periskopartige Auswüchse hatten sich aus ihrer Oberseite hervorgeschoben und verschossen irrlichternde Strahlenbündel.
Wenn du überleben willst, komm zu uns an Bord!, drängte die fremde Stimme. Dir wird kein Leid geschehen. „Nein!", stieß Lyressea hervor. „Falls ihr wirklich Gerechtigkeit sucht, dann hört auf, selbst zu zerstören!"
Sie spürte Leid. Und grenzenlose Trauer. Zugleich registrierte sie, dass sich der Fremde ihr öffnete. Er war der Kommandant des gelandeten Raumschiffs; er gewährte ihr Zutritt zu seinen Erinnerungen und Gefühlen. Nur mühsam beherrschte er seinen Schmerz.
Lyressea sah durch seine Augen. Es waren absonderliche Wahrnehmungen, nur in unglaublich vielen Grautönen, aber mit einer Brillanz, die winzigste Details erkennen ließ. Lyresseas Verblüffung hielt nur Sekunden an. Mit wachsendem Entsetzen folgte sie dem Sterben eines Sonnensystems.
Zwei Raumschiffsflotten prallten aufeinander. Kantige Schiffe, wie sie über Ambur hingen, warfen sich den Angreifern entgegen. Doch sie hatten wenig Chancen.
Einer der äußeren Planeten loderte in grellem Feuerschein. Der Atombrand fraß seine Lufthülle. Auf dieser Welt hatten die beiden hier heimischen Völker einen gemeinsamen Vorposten zum interstellaren Raum geschaffen.
Schwerfällig starteten von den anderen Planeten Frachter. An Bord drängten sich Flüchtlinge. Aber diese langsamen Schiffe, hatten keine Chance, die Eintauchgeschwindigkeit für den Überlichtflug zu erreichen. Die Angreifer kamen wie eine Heimsuchung über sie.
Unser einziges Verbrechen war, dass wir in den Machtbereich von ES vorstießen, erklärte der Fremde. Wir wurden nicht geduldet. Vielleicht, weil unser Äußeres anders ...
Woher wollt ihr wissen, wer die Angreifer waren? Lyressea hatte schnell erkannt, dass der Fremde ihre Gedanken verstand.
Mittlerweile tobten über alle Planeten die Feuerstürme explodierender Bomben hinweg. Ganze Landstriche wurden von aufbrechenden Vulkanen verschlungen. Die letzten Schiffe der Verteidiger flohen in heillosem Durcheinander.
Woher ...? Die Antwort konnte Lyressea sehen. Ihr Blick durchdrang die Hülle des gegnerischen Flaggschiffs - nur beiläufig registrierte sie, dass sie die Angreifer selbst schon als Gegner betrachtete - und fand sich in der Zentrale wieder. Die Besatzung bestand aus echsenartigen Geschöpfen. Nur der Kommandant wirkte eindeutig humanoid. Als er sich umwandte, schrie Lyressea auf. „Homunk!"
Gleichzeitig erloschen die Gedankenbilder. Jetzt weißt du es, vernahm die Frau ein schmerzerfülltes Raunen.
Wir sind ihm bis zu diesem Ort gefolgt.
Ich kann das nicht glauben, dachte Lyressea betroffen.
Willst du mehr von meinen Erinnerungen sehen?
Sie schüttelte den Kopf.
Dann komm an Bord! Es wird Zeit, dass du dich in Sicherheit bringst.
Nicht ohne meine Geschwister!
Anstelle einer Antwort stabilisierte sich vor ihr ein lebensgroßes Hologramm. Das Abbild der grazilen Frau musste zu Lyressea aufschauen. Eine Handspanne betrug der Größenunterschied. Ihr Gesicht wirkte fleckig vor Erregung; der Blick der eisgrauen Augen hatte etwas Zwingendes. „Du, Catiaane?", entfuhr es Lyressea ungewollt. „Wo bist du?"
„Wir alle haben uns schon an Bord des Raumschiffs gerettet. Nur auf dich warten wir noch. Wir müssen hier weg - oder willst du in der Maschinenstadt sterben?"
Ein zweites Hologramm entstand. Es war ihr Bruder Atjaa. „Niemand hat uns gezwungen, an Bord zu gehen", fügte er
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