2293 - Ein Held für alle Fälle
auf seinen Denkfehler aufmerksam machen können - unter besten Freunden. Das tat er doch sonst auch.
Die angeblich Durchgedrehten waren Jünger Gon-Os gewesen - wer wusste, wie viele sonst noch! - und erst jetzt durch einen ihm noch unbekannten Einfluss kurzfristig aus der Gon-O-Trance erwacht! „Wieder unter Kontrolle", das sagte doch alles. Jetzt waren sie wieder treue Diener ihres verdammten Gottes -zumindest jene, die überlebt hatten. Aber auch das stimmte nicht. Oder etwa doch? Hatten die TLD-Gon-O-Marionetten ihre eigenen Brüder und Schwestern zerstrahlt, nur weil sie vom wahren Glauben abgefallen waren, warum auch immer?
Jack Reuter hielt sich den Kopf. Oh, verdammt, er quälte sich schon wieder damit. Die schrecklichen Bilder mussten verschwinden, am besten für immer. Aber je mehr er sich darum bemühte, sie zu vergessen, desto heftiger kamen sie zu ihm zurück, wie ein Bumerang.
Wenn er doch nur mit jemand darüber sprechen könnte! Nein, nicht mit Brad. Mit Mardi, mit Mardi Dice.
Jack warf seinen geliebten Hamstern noch einige Brocken hin - ein paar Brocken Futterkörner, ein paar Brocken Französisch -, dann verließ er den „Bau" und ließ sich in seinen Trivid-Sessel fallen.
Blicklos starrte er in seine Multikom-Ecke.
Mardi, dachte er sehnsüchtig. Melde dich doch. Ich kann doch nichts dafür, dass ich kein Held bin. Aber ich bete dich an. Ich werde dich auf Händen tragen, wenn du willst, auch mit Handschuhen, wenn du mir verzeihst. Ich ...
Ach, was sollte es. Sie würde nicht anrufen.
Und wenn er es tat? Sollte er ihr hinterherlaufen?
Plötzlich sah er das rote Blinken in der Multikom-Ecke. Er befürchtete schon, sein langes Schweigen hätte, wie sonst üblich und auch gewollt, wieder eine Berieselung mit sanft aufmunternder Musik aktiviert, etwa Chopin. Aber das war es nicht.
Sein Terminal war aktiv. Es hatte etwas empfangen, und stieß gerade ein bedrucktes Blatt Folie aus!
Mardü, durchfuhr es ihn heiß, dann kalt. Das war sie. Es konnte nur sie sein! Mardi...
Jack Reuter sprang in die Höhe und war mit drei Schritten bei dem Gerät.
Er griff nach der Folie, hielt sie in seinen zitternden Händen und las ...
Er verstand gar nichts mehr.
Es war keine Nachricht von Mardi. Es war auch nicht Brad. Der Absender war nicht einmal irgendein anderer Mensch, sondern ... NATHAN!
Er hatte nie geglaubt, dass NATHAN überhaupt wusste, wer er war und dass er hier arbeitete, und das letztlich auch an ihm und für ihn. 'Aber auch das war noch nicht alles. Es kam noch verrückter.
Die Botschaft der Mondinpotronik war nicht in Interkosmo verfasst.
Jack Reuter musste dreimal hinsehen und zweimal schlucken, bevor er es glaubte. Wie dumm konnten eigentlich Witze sein?
NATHAN Botschaft war in Französisch gehalten.
Sein erster Gedanke war: Jemand erlaubt sich einen verdammt dummen Scherz mit mir. Aber das war ja gar nicht möglich. Nur Brad wusste von seinem „Hobby". Und Brad würde sich keine Scherze mit ihm erlauben. Schon gar keine solchen und vor allem nicht jetzt.
Er las die Nachricht noch einmal. Übersetzen tat er sie ganz automatisch.
Es war eigentlich keine Nachricht, auch keine Botschaft, sondern eine klar formulierte Aufforderung: Der Reinigungstechniker Jack C. Reuter sollte sich am kommenden Abend, genau 19 Uhr, in der Sektion GVX-2317 an Terminal Nummer 236 einfinden. Dort würde er weitere Anweisungen von NATHAN erhalten.
NATHAN brauchte ihn als Boten in einer streng geheimen Sache.
Die Folie war unverzüglich zu vernichten. Es dürfe keine Mitwisser geben.
Das musste ein Scherz sein und ein verdammt schlechter dazu. Vielleicht doch Brad? War ihm ihre Freundschaft nicht mehr heilig?
Was sollte NATHAN ausgerechnet von ihm wollen? Was war er denn, das ihn interessant für ihn machen könnte? Klar, er sorgte für Sauberkeit und arbeitete damit indirekt auch für ihn. Aber das hatte die Inpotronik noch nie zur Kenntnis genommen.
Bestimmt wollte sie keine Hamster von ihm kaufen. NATHAN würde auch keine Langeweile haben und sich mit ihm auf Französisch unterhalten wollen.
Die Folie war unverzüglich zu vernichten! Das klang wie in einem uralten, drittklassigen Agententhriller. Es musste Brad sein, der sah sich solche Schinken an.
Aber Brad war sein Freund. Sicher war er sein Freund, denn wenn er es nicht wäre, hätte er gar keinen mehr. Also schied Brad aus.
Dann doch NATHAN?
Es war verrückt, aber es blieb nur er übrig. NATHAN sah alles, NATHAN wusste alles. Wenn jemand
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